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wovon in dem Gothaer Musenalmanach für 1795 Mel-
dung geschieht, scheint es auch nicht ganz klar zu seyn.
In Deutschland und in der Schweiz gad cs gewiß meh-
rere solcher Liebhaber, welche von Zeit zu Zeit versucht
haben, die Kunst wieder aus der Vergessenheit zu brin-
gen; in Straßburg war es in den fünfziger Jahren des
verflossenen Jahrhunderts ein Dannecker, Lebkuchenmacher,
welcher in Verbindung, mit einem Maler, Namens Sei-
fried, sich damit abgegeben hat.
In neuern Zeiten, und wie ich vermuthe, auf Ver-
anlassung der eben angeführten Anzeige in dem Gothaer
Musenalmanach , haben sich, in Deutschland besonders,
mehrere Künstler bemühet, die Kunst wieder aufzufinden;
aber das. gegenseitige gehmunißliche Betragen derselben,
und vorzüglich ihre übelverstandene.Vorsichtigkeit, aus
Furcht, alles von dem Geheimnisse zu entdecken, keinen
Chemiker oder rationellen.Glasmacher um. Rath zu fra-
gen, mußten ihrem Vorhaben im Wege sehn und ihr
Vorschreiten anfhalten. Hiezu kommt noch, daß von den
zween einzigen Schriftstellern, welche sie benutzen konnten,
sie den einen, Kunckel,* **)) welcher doch viel Brauchbares
von der Glasmalerei auziht, nicht verstanden , und nicht
nach dem.heutigen Standpunkte der Glasmacherkunst be-
urtheilen und berichtigen.konnten , und durch, den andern,
L.evie.il,M) sich auf Irrwege führen ließen,.nach dessen
Vorschrift mit leicht zerstörbarem Dorar und Lavgcnsalz-
farben nur scheinbar den Zweck zu erreichen.
Die Beschauung und Besichtigung von, zu Schlacken
geschmolzenen,-Steinen, Gläsern, Flaschen u. s. w., welche
auf der Brandstätte- des im Jahre 1802 abgebrannten
Schauspielhauses in Straßburg aufgefunden worden wa-
ren, veranlaßte mich. Versuche zu machen., die-Schmelz-
barkeit von Metallorvden in Beziehung auf ihre Reduc-
tion, oder Verglasung, und dichMittel, solche zu ver-
hindern oder zu beschleunigen, zu erkundigen. Ich erhielt
verschiedenartige Glasflüsse, welche sich farbig, bald durch-
sichtig, bald undurchsichtig, wohl auch nur schmutzig auf
Glas aufbrennen ließen; denn diese Eigenschaft gab mir
einen Vergleichungspunkt für die Schmelzbarkeit solcher
Produkte ab. Dadurch wurde ich nun auf das genauere
Beschauen und Untersuchen alter gemalter Fensterscheiben
geführt, so daß mir im Jahre 1805 ein Freund und Lands-
mann, von Bühler in Urach, einige von ihm auf Glas
gebrannte Bilder zu untersuchen gab, mit Bitte, meine
Meinung darüber zu sagen. Ohnerachtet der Fehler die-
ser Malereien, daß alle ausgebrannten Farben, das Gelbe
*) Kuuckels vollständige Glasmacherkmist; die Ausgabe,
welche ich benutze, ist von Nürnberg, 17ZÜ. 4. —
Die erste Ausgabe ist Latein.. Frankfurt und Leipzig,
168? ,4.
**) L'art de la peinlure sur verre per fcu. Mr. L e v i ei 1.
17.74V geb. 1708, gcst. 1772.
ausgenommen, sich durch Salpetersäure leicht und schnell
abätzen ließen, und daß die mehrsten davon Mißfarben
waren, sprachen sie mich dennoch stark au, wegen der
Keckheit im Behandeln des Glases und beyni Einbrennen
auf 1 Schuh hohe und 8 Zoll breite große Glasscheiben,
wie auch wegen der viererlei) Nuancen von Gelb aus dem
nämlichen Glase. Uebrigens sah ich sogleich ein, daß die
angegebenen Fehler von dem Mißbrauche und der Ueber-
sättignng mit Bleyvryd und Borar- herrührten und wohl
könnten umgangen werden. Einige Zeit nachher wandte
sich Bühler schriftlich an mich, und es freute mich, einen
Liebhaber an ihm zu finden, welcher nach meinen Angaben
und Ansichten arbeiten würde; wir wechselten nun einige
Briefe mit einander, konnten uns aber nicht verständigen.
Bühles wendete ein, man. wasche die gemalten Fenster
nicht mit Scheidwaffer; und ich behauptete, die neue«
Farben müssen die nämlichen physischen und chemischen
Eigenschaften haben, wie die der alten gemalten Glaser.
Nun aber kommen wir.auf einen andern Gegenstand.
Bühler schrieb mir, er habe Bekanntschaft mit dem Sohne
eines langstverstorbenen. Glasmachers, aus einer alten her-
kömmlichen Glasmacherfamilie, gemacht, welcher ihm die
Vorschrift für. chie Verfertigung , des alten rothen Glases
gegen einige Gulden abfolgen lassen wolle, und-fragte an,
vH ich mit ihm die Kosten theilen würde; es werde näm-
lich das Rothe nur auf einer Seite der Glasscheibe auf-
getragen, das ist, dieses werde mit dem weißen Glase
überfangen, woher diese Glasart Ucberfangglas genannt
würde, und nur auf Glashütten könne geblasen werden.
Ich verstand mich sogleich zn der Urbernahme.der Kosten,
besorgte , die Anschaffung der Ingredienzen, und Bühler
reiste nach Freudenstadt, wo, so viel ich mich entsinne,
der Inhaber der Vorschrift wohnte, ging mit.-ihm auf
eine Glashütte in dem Schwarzwald, und machte hier
seinen ersten Versuch, der aber nur in so fern glückte,
daß man sah, daß die Vorschrift gut fey, und daß es mir
an Kunstfertigkeit und. Kenntniß der Handgriffe fehle,
viel auch an gutem Willen des Arbeiters. Buhler be-
suchte mich nun .in Straßburg, machte, einen zweiten Ver-
such auf einer Glashütte im Elsaß, der etwas besser
glückte, und nur aus Mangel an einem guten Tiegel
und andern nöthigen Vorkehrungen, nicht ganz befriedigend
seyu konnte. Endlich machte, der eifrige Mann, auf seiner
Rückreise nach Hause, noch einen Umweg über die. Glas-
hütte von Gagenau, wo er noch einen Versuch machen
ließ, der noch befriedigender ausgefallen ist. Der Aus-
bruch des Krieges ünterbrach nun unsere Cvrr.espoNdenz,
und seitdem habe ich nichts weiter mehr von Bühler ge-
hört, als daß er um 1820 gestorben sey. Ich hatte ihm
alles, was ich von Farben-Bereitung gewußt habe, ge-
offcnbart; er schien mir aber zu fest an seinen Vorurthei-
len zu hängen, und. blieb immer Geheimnißling. Er hat
}
wovon in dem Gothaer Musenalmanach für 1795 Mel-
dung geschieht, scheint es auch nicht ganz klar zu seyn.
In Deutschland und in der Schweiz gad cs gewiß meh-
rere solcher Liebhaber, welche von Zeit zu Zeit versucht
haben, die Kunst wieder aus der Vergessenheit zu brin-
gen; in Straßburg war es in den fünfziger Jahren des
verflossenen Jahrhunderts ein Dannecker, Lebkuchenmacher,
welcher in Verbindung, mit einem Maler, Namens Sei-
fried, sich damit abgegeben hat.
In neuern Zeiten, und wie ich vermuthe, auf Ver-
anlassung der eben angeführten Anzeige in dem Gothaer
Musenalmanach , haben sich, in Deutschland besonders,
mehrere Künstler bemühet, die Kunst wieder aufzufinden;
aber das. gegenseitige gehmunißliche Betragen derselben,
und vorzüglich ihre übelverstandene.Vorsichtigkeit, aus
Furcht, alles von dem Geheimnisse zu entdecken, keinen
Chemiker oder rationellen.Glasmacher um. Rath zu fra-
gen, mußten ihrem Vorhaben im Wege sehn und ihr
Vorschreiten anfhalten. Hiezu kommt noch, daß von den
zween einzigen Schriftstellern, welche sie benutzen konnten,
sie den einen, Kunckel,* **)) welcher doch viel Brauchbares
von der Glasmalerei auziht, nicht verstanden , und nicht
nach dem.heutigen Standpunkte der Glasmacherkunst be-
urtheilen und berichtigen.konnten , und durch, den andern,
L.evie.il,M) sich auf Irrwege führen ließen,.nach dessen
Vorschrift mit leicht zerstörbarem Dorar und Lavgcnsalz-
farben nur scheinbar den Zweck zu erreichen.
Die Beschauung und Besichtigung von, zu Schlacken
geschmolzenen,-Steinen, Gläsern, Flaschen u. s. w., welche
auf der Brandstätte- des im Jahre 1802 abgebrannten
Schauspielhauses in Straßburg aufgefunden worden wa-
ren, veranlaßte mich. Versuche zu machen., die-Schmelz-
barkeit von Metallorvden in Beziehung auf ihre Reduc-
tion, oder Verglasung, und dichMittel, solche zu ver-
hindern oder zu beschleunigen, zu erkundigen. Ich erhielt
verschiedenartige Glasflüsse, welche sich farbig, bald durch-
sichtig, bald undurchsichtig, wohl auch nur schmutzig auf
Glas aufbrennen ließen; denn diese Eigenschaft gab mir
einen Vergleichungspunkt für die Schmelzbarkeit solcher
Produkte ab. Dadurch wurde ich nun auf das genauere
Beschauen und Untersuchen alter gemalter Fensterscheiben
geführt, so daß mir im Jahre 1805 ein Freund und Lands-
mann, von Bühler in Urach, einige von ihm auf Glas
gebrannte Bilder zu untersuchen gab, mit Bitte, meine
Meinung darüber zu sagen. Ohnerachtet der Fehler die-
ser Malereien, daß alle ausgebrannten Farben, das Gelbe
*) Kuuckels vollständige Glasmacherkmist; die Ausgabe,
welche ich benutze, ist von Nürnberg, 17ZÜ. 4. —
Die erste Ausgabe ist Latein.. Frankfurt und Leipzig,
168? ,4.
**) L'art de la peinlure sur verre per fcu. Mr. L e v i ei 1.
17.74V geb. 1708, gcst. 1772.
ausgenommen, sich durch Salpetersäure leicht und schnell
abätzen ließen, und daß die mehrsten davon Mißfarben
waren, sprachen sie mich dennoch stark au, wegen der
Keckheit im Behandeln des Glases und beyni Einbrennen
auf 1 Schuh hohe und 8 Zoll breite große Glasscheiben,
wie auch wegen der viererlei) Nuancen von Gelb aus dem
nämlichen Glase. Uebrigens sah ich sogleich ein, daß die
angegebenen Fehler von dem Mißbrauche und der Ueber-
sättignng mit Bleyvryd und Borar- herrührten und wohl
könnten umgangen werden. Einige Zeit nachher wandte
sich Bühler schriftlich an mich, und es freute mich, einen
Liebhaber an ihm zu finden, welcher nach meinen Angaben
und Ansichten arbeiten würde; wir wechselten nun einige
Briefe mit einander, konnten uns aber nicht verständigen.
Bühles wendete ein, man. wasche die gemalten Fenster
nicht mit Scheidwaffer; und ich behauptete, die neue«
Farben müssen die nämlichen physischen und chemischen
Eigenschaften haben, wie die der alten gemalten Glaser.
Nun aber kommen wir.auf einen andern Gegenstand.
Bühler schrieb mir, er habe Bekanntschaft mit dem Sohne
eines langstverstorbenen. Glasmachers, aus einer alten her-
kömmlichen Glasmacherfamilie, gemacht, welcher ihm die
Vorschrift für. chie Verfertigung , des alten rothen Glases
gegen einige Gulden abfolgen lassen wolle, und-fragte an,
vH ich mit ihm die Kosten theilen würde; es werde näm-
lich das Rothe nur auf einer Seite der Glasscheibe auf-
getragen, das ist, dieses werde mit dem weißen Glase
überfangen, woher diese Glasart Ucberfangglas genannt
würde, und nur auf Glashütten könne geblasen werden.
Ich verstand mich sogleich zn der Urbernahme.der Kosten,
besorgte , die Anschaffung der Ingredienzen, und Bühler
reiste nach Freudenstadt, wo, so viel ich mich entsinne,
der Inhaber der Vorschrift wohnte, ging mit.-ihm auf
eine Glashütte in dem Schwarzwald, und machte hier
seinen ersten Versuch, der aber nur in so fern glückte,
daß man sah, daß die Vorschrift gut fey, und daß es mir
an Kunstfertigkeit und. Kenntniß der Handgriffe fehle,
viel auch an gutem Willen des Arbeiters. Buhler be-
suchte mich nun .in Straßburg, machte, einen zweiten Ver-
such auf einer Glashütte im Elsaß, der etwas besser
glückte, und nur aus Mangel an einem guten Tiegel
und andern nöthigen Vorkehrungen, nicht ganz befriedigend
seyu konnte. Endlich machte, der eifrige Mann, auf seiner
Rückreise nach Hause, noch einen Umweg über die. Glas-
hütte von Gagenau, wo er noch einen Versuch machen
ließ, der noch befriedigender ausgefallen ist. Der Aus-
bruch des Krieges ünterbrach nun unsere Cvrr.espoNdenz,
und seitdem habe ich nichts weiter mehr von Bühler ge-
hört, als daß er um 1820 gestorben sey. Ich hatte ihm
alles, was ich von Farben-Bereitung gewußt habe, ge-
offcnbart; er schien mir aber zu fest an seinen Vorurthei-
len zu hängen, und. blieb immer Geheimnißling. Er hat