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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 20.1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.3207#0170
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lallen. Oestlich von Care liegt der Hain des Sylvan,
westlich die Nekropolis; jener heißt noch heute in der
Volkssprache „Monte Abatone,« eine Benennung, die zu
den wunderlichsten Annahmen geführt hat. Der Vers,
erklärt sie sehr einfach durch Monte Abetone, indem
abetone nichts anders als ein großes abeie, ein großer
Tannenwald ist, und ein solches kommt wunderbar über-
einstimmend gerade ebendaselbst in der classischen Beschrei-
bung des Virgil, Xe», viu. ü!>7 vor, wo es heißt:

Groß und kühl erstreckt sich ein Hain am Strome von Cärc,
Hehr durch Religion Verlebendes; Hügel umherzieh»

Höhlend den Kreis, vom Gehölz der düsteren Tanne

gegürtet.

Sag' erzählt, hier weihte» vordem uralte Pclasger
Hain und Tag dem Sylvanus, dem Gotte der Flur und des

Viehes.

Die Untersuchung der Gräber vou Cäre bietet Schwie-
rigkeiten dar wegen der Epochenverschiedenheit. Das im
Jahr 1856 entdeckte und in dieser Schrift speciell behan-
delte Grab liegt nahe bei der Stadt nach der Meerseite
hin. Die beiden Kammern, welche die merkwürdigen
Bronze- und Goldsachcn geliefert, befinden sich in einem
seiner Anlage nach eben nicht allzugroßen Rundbau, dessen
Kern eine Art von vertikaler Mauerspina bildet, auf
welcher sich oben auf der Spitze des Hügels ein Epithema,
irgend ein symbolisches Steinbild, befunden haben mag.
Jene beiden Kammern haben durchaus keine regelmäßige
Lage nach dem Centrum des Hügels hin, sie berühren
dasselbe gar nicht. Beide sind in gerader Linie hinter-
einander gelegen, im Innern aber durch eine ursprünglich
vermauerte Thüre getrennt. In der Hinteren Kammer
befanden sich die goldenen Kostbarkeiten, in der anderen
das bronzene Todtenbett, Waffen, Schilder, Pfeile, phan-
tastische Gerüche, Alles von Bronze. Au beiden Seiten
befinden sich kleine apsidenartige Räume etwas unregel-
mäßig «»gefügt; in diesen fanden sich jene großen, eben-
falls mit phantastischen Aicrrathen versehenen Thonge-
rälhe, nebst einer guten Anzahl kleiner räthselhafter
Figürchcn von schwarzer Erde. — Dieses Grabmal nun,
nebst seinen Schätzen, sezt der Vers, in die erste pclas-
gische Epoche von Agylla, also ungefähr dem trojanischen
Krieg gleichzeitig. Die Gold- und Silbcrdenkmäler, nebst
jenen zahlreichen Erzgeräthen würden dadurch leicht
zu den ältesten Kunstresten jeder urgricchischen Kultur
werden.

Dem scy nun wie ihm wolle. Als uralt werden
dieselben durch folgenden Umstand nachgewiesen. So wie
nämlich, z. B. in Nola, unter den Gräbern einer später»
Epoche andere, frühere mit Monumenten eines viel älte-
ren Datums verborgen liegen, so ist auch unser ursprüng-

spätern Anbau rings umgeben. In diesem liegen fünf
andere Gräber, die der Verf. i» die spätere tyrrhenische
Epoche verlegt, und sich einen solchen später» Anbau da-
durch erklärt, daß er annimmt, es haben die Lydier,
nach dem Muster des Grabs des Halyatres, diese Er-
weiterung vorgenvmmen, wodurch es ein Polyandrium
geworden, wie das gewesen, waS Dionysivs von Halt-
carnaß in Orvininm gesehen. ■

Die Architektur jener älteren inneren Grabkammern
ist ganz die des sogenannten Schatzes des Atreus, näm-
lich mit einem falschen Spitzbogen überwölbt. Der Vers,
nimmt nicht bloß die Architektur beider Denkmäler für
gleichzeitig an, sondern sucht auch jenen Schatz einem
gleichen Zweck zu vindiciren. Ein Schatzhaus vor der
Stadt ist allerdings etwas Seltsames, wogegen das Grab
von Cerveteri durch seine ganze innere Anlage, sogar
durch die Nägel, an welchen die Erzgeräthe aufgehangen
gewesen, demselben überraschend gleicht.

Bekanntlich ist der untere Raum des Carcer Tullia-
nus-Mamertinus ähnlicher Weise gewölbt, während der
obere mit einem Keilgewölbe bedeckt ist. Die Erfindung
des Zahnschnitts nun legt der Verf. nicht sowohl dem
Democrit von Adder« bei, als daß er lie vielmehr durch
den Demaratus von Griechenland her eingeführt annimmt.
— Bei dieser Gelegenheit wird die Architektur einer
Anzahl tarquiniensischer, auch anderer ceretanischer Grä-
ber, so wie mehrere vulcenter untersucht.

In einer der Grabkammcr des äußeren Recincts
wurde jenes merkwürdige Thongefäß mit einem doppelten
uralten Alphabet gefunden, welches Lcpsiuö in den An-
nalen des archäologischen Instituts erläutert hat. Dieses
wird nun rwn Lcpsius sowohl als von dem Verf. in
pelasgische Zeit versezt: wodurch ein Widerspruch zwischen
dem System des Verfs. und Lepsins Annahme entsteht.

Wir brauchen kaum darauf aufmerksam zu machen,
wie wichtig und anziehend der Gegenstand solcher Unter-
suchungen ist, und wie dankenswcrth diese Bekanntmachung,
welche die ersten genaueren Angaben von dem architekto-
nisch-monumentalen Thatbestand dieser so wichtigen und
folgereichen Entdeckung liefert. Leider muß man nur zu
schr beklagen, daß der Verf. nicht auch die Bekannt-
machung der Erzgeräthe und Goldarbeiten übernommen
hat, deren nähere Kenntniß uns sonach vielleicht auf
lange Zeit hin vorcnthalten bleiben wird. Dem Vernch-
i men nach hat diese Hr. Grifi übernommen, von dem wir
; indessen nur höchstens genaue Abbildungen jener Gegen-
stände, nicht aber die weitere Ausführung der von dem
Verf. angeregten, uns jedenfalls sehr förderlichen Unter-
suchungen zu erwarten haben.

Vcramwortlichcr Redakteur: von Schorn.
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