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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 20.1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.3207#0250
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239

im Jahr 1498, um über Habe und Gut zu berichten.
Er erzählt uns nun, daß er nicht allein für seinen Vater,
sondern auch noch für seinen Bruder Seelenmessen zu
zahlen habe, daß er drei Werkstätten halte, zwei in Via
de' Servi und eine dritte in Via del Chastelluccio, und
für alle drei jährlich einundzwanzig Gulden Miethe ent-
richten müsse, lieber diese Aeik hinaus habe ich seine
Spur nicht weiter verfolgen können; Vasaei erzählt, daß
er im Jahr 149,8 in einem Alter von 54 (56, wie aus
der obigen Erklärung erhellt)Jahren gestorben sei). Aller-
dings fügt er hinzu, daß Vencderro in seinem Testament
verordnete, seine Güter sollten nach dem Tode einiger
seiner Verwandten an die Brüderschaft des Bigallo kom-
men; aber nirgend behauptet er, wie Valdanzi dies
mißversteht, daß er im Jahr 1498 sein Testament ge-
macht habe. *

(Fortsetzung folgt.)

» Ich habe sowohl sei» als seines Bruders Testament lange
vergebens gesucht; in Bezug auf Beuedelto bcstzt das
Archivio diplomniico ln Florenz folgendes ^ wichtige Do-
kument. „Benedictus quondam Leonardi de maiano
scultor el civis llorentinus usque de anno domini 1492
et die 19 mensis aprilis fecit testamentum, et in eo multa
disposuit et ordinavit, ct inter cetera disposuit, quod dc-
ficicnlibus ejus filiis sine filiis masculis et certis feminis
et aliis personis in lestamcnlo nominali« deccdentibus,
bona mobilia et imtnobilia infra annum a die <juo ad
dietam societalcm (del Bigallo) devenirent, vendantur
et vendi debeant, in contitucndo unam ccclcsiam sive
coppellam in uno seu propc unam ex hospitalibus dicte
civitatis prope Civitatem ilorentic non cxcedendo quatuor
miliaria ad honorem omnipotentis Dei et ejus matris et
Beati Benedicti cum altare et aliis occurrentiis et nc-
ccssarns. — Kt quod indc ad modicum tempus de-
ccssit ct ab hac vita migravit non mutalo dicto lesta-
mento, et quod modico tempore clapso dcccsserunt ct
ab hac vita migraverunt oinner ipsius Benedicti testa-
toris masculi sine filiis et cliam filic feminc et alie per-
sone“ etc.

Bemerkungen.

Ein Unterrichteter begreift wohl, warum der Tech-
niker sich auf sein Fach beschränken muß. Er denkt an
die unendliche Breite und Tiefe der Anschauungswclt,
und schäzt jeden Künstler in dem Maße, als dieser ihr
von irgend einer Seite nachschaffend beizukommc» weiß.
Wie kan» aber ein einseitig lhäiiger viel- oder allseitig
se»n? Nur wenige reiche, hochgestellte Genien gab cs,
die es waren.

Der Künstler wolle aber auch zugeben, daß ein
treuer Beobachter in seinem langen Leben viele Seiten
der Kunst bis auf eine gewisse Tiefe durchdenken, durch-
forschen kann. Namentlich enthüllt ja die Malerei ihre

Schätze dem Auge in einem Moment. Es gibt nichts
schneller und zugleich klarer, umfassender, inhaltreicher
Sprechendes, als ein Bild. Auf einen Blick steht des
Künstlers Neigung, Gefühl, Gedanke, Gewöhnung, Ta-
leilt, Vermögen, Uebung :c. vor uns. Er gibt sein Leben
mit einem Schlag. Hinwieder ist die Natur zwar un-
endlich vielseitig und unerschöpflich reich; aber im langen
Leben und täglichen Schauen kommt der Naturfreund auf
gewisse Grundthemate, auf die er die unzählbare» Varia-
tionen zu beziehen hat. Ist nun von der Naturtreue
eines Bildes die Rede, so darf er ja nicht schaffen,
sondern nur erkennen. Um etwas recht Einfaches zum
Beispiel zu nehmen. Der Kunstfreund wird Rinder und
Pferde mit Kunstintereffe anschauen, er wird sich ihre
Formen auch wohl im Einzelnen einzuprägen suchen.
Dennoch wird er, wenn er nicht zugleich ausübender
Dilettant ist, schwerlich diese Thierarten anders, als schü-
lerhaft nachzeichnen können. Aber so lebendig tragt er
doch wohl deren Typus in seiner Imagination, daß er
über des Künstlers Nachbildungen ein Urtheil haben kann.
Dem Pferde-rc. kundigen wird allerdings kaum der beste
Pferdemaler genügen; ein Künstler aber, der nicht auf
solche Eminenz Anspruch macht, wird dem Kunstfreunde
auch hierin ein Urtheil zugesteben müssen.

So geschehe nun die Anwendung auf Gebäude und
Bäume, auf Wolken und Wasser, auf Ferne und Nähe,
auf Staffage aller Art, und endlich auf menschliche Ge-
stalt, auf Genre- und Historienmalerei.

Das halte man sich doch jederzeit vor, daß dcrKünstler
mit Nachschaffen, mit freiem, durchdachtem Bilden unab-
lässig beschäftigt ist und sich auch bei den Kunstvorbildern
hauptsächlich auf das Studium der Meister seiner Art
zu beschränken hat, daß aber der Kunstfreund in der
Unendlichkeit beider Sphären nur zu schauen, zu ver-
gleichen, sich zu erinnern, zu erkennen hat, Funktionen,
die im Verhältniß jener künstlerischen, begrenzten Akti-
vität stets etwas Passives, Jnstinktmäßiges, Unabwend-
bares an sich haben.

Doch das ist eben die Quelle des Aergers so vieler
Künstler, ja aller, die die Welt nicht durch Fülle und
Tiefe und Prägnanz ihrer Schöpfungen i» ein entzücktes
Erstaunen zu versetzen wissen, daß sie sich studirend,
übend, sammelnd, bildend unablässig bemühen müssen,
während dem, der sich einen Kenner schelten läßt, die
Ansicht, das Urtheil gleichsam im Schlaf kommt, instinkt-
mäßig sich aufdringt.

Das ist aber wirklich nur Täuschung. Das rechte
gründliche Urtheil ist das Resultat unendlich vieler gei-
stiger Funktionen, die Frucht unablässiger Bestrebungen,
nur anderer, als diejenigen waren, durch welche das
Kunstwerk entstand. (Fortsetzung folgt.)
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