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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0042
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3) In der Galerie des Belvedere zu Wien befindet
sich ein anderes Madonnenbild, welches dem vorher-
gehenden und dem großen Bild in Brügge auf's engste
verwandt ist. Irrig wird es dem Hugo van der Goes
(Nr. 9 S. 223) zugcschrieben. Maria sitzt hier gleich-
falls mit dem Christkind auf dem Schvoße unter einem
prächtigen Thronhimmel, ähnlich dem im Florentiner
Bilde. Links reicht ein knieender Engel dem Kinde einen
Apfel dar und hält in der Linken eine Violine; die
Bildung des Kopfs und der Ausdruck sind dieselben,
wie bei dem obenerwähnten, welcher die Orgel spielt.
Rechts knicet der Donatar in schwarz und violetter Klei-
dung. Der Hintergrund zeigt eine schöne Landschaft
mit Gebäulichkeiten von einem bräunlichen Ton. Das
Bild schließt oben in einem Bogen, woraus grau in
Grau gleich Scnlpturen das Opfer Abrahams und der
Martertod einer Heiligen; ferner zu den Seiten zwei
Cngelknaben, welche ein Fruchtgewinde halten. Weit
geringer als dieses schone Mittelbild sind die Flügelbilder
mir Johannes dem Täufer und dem Evangelisten (Nr. 13),
und die Außenseiten mit Adam und Eva (Nr. 3).

4) Ein drittes Madonnenbild mit Flügeln, welches
in naher Verwandtschaft zu dem großen Altar in Brügge
stehen soll, ist dasjenige, welches von Horace Walpole dem
Johann van Epck zugeschrieben, neulich aber von Doctor
Waagen mir mehr Sachkenntniß untersucht und in seinem
Werke: Kunst und Künstler in England i. S. 264 näher
beschrieben worden ist. Es befindet sich im Besitz des
Herzogs von Devonshire auf seinem Landsitze Chiswick.

5 — 8) Ein drittes beglaubigtes Werk Memling's,
indem es van Mander ihm zugeschrieben, ist der bekannte
Reliquienkasten der h. Ursula zu Brügge, geschmückt
mit den köstlichsten, miniaturartigen Malereien vieler
kleinen Figuren. Sie können uns als Richtschnur bei
Beurtheilung ähnlicher unserem Meister zugeschriebenen
Werke dienen. Zu ihnen gehören bekanntlich die zwei
Tafeln mir Darstellungen aus dem Leben des h. Berlin,
dem jetzigen König der Niederlande gehörig. Sodann
die köstliche Tafel mit den sieben Leiden und Freuden
der Maria aus der Boiffereeschen Sammlung, jetzt in
der Münchner Pinakothek. Endlich scheint von unserem
Meister auch das 25 Zoll hohe Reiscaltärchen von Kaiser
Karl V-, welches bis zur französischen Invasion in der
Cathedrale von Durgos ist aufbewahrt worden. Der
französische General Vicomte d'Armagnac brachte es
damals käuflich an sich, und später kam cs nach London,
woselbst der Maler Verton 3000 Psd. Sterl. dafür for-
derte. Nach der von vr. Waagen in seinem Werke:
Kunst und Künstler in England H. S. 233, gegebenen
Beschreibung besteht cs in einem Triptychon von drei
gleich großen Bildern, welche die Leiden und Freuden
der Maria darstellen. Das Ganze stehe dem Altar mit

der Geburt Christi im Berliner Museum, welchen ich
dem Rogier von Brügge glaube zuschreiben zu müssen,
sehr nahe, scy jedoch wärmer in der Farbe.

Noch dürften folgende Bilder dem Meister Hans
Memling zuzuschreiben seyn:

9) Die Taufe Christi, Altarblatt mit Flügelbildern
in der Akademie zu Brügge, schon von Dcöcamp, der
es im Stadthaus gesehen, dem Memling zugeschricben.

10) Das Diptychon mit einem Marienbild und dem
Bildniß des Martin von Newcnhovcn vom Jahr 1487.
Beide schon im Kunstblatt von 1833 beschrieben.

11) Zwei Bildnisse in der Florentiner Galerie in
halber Lebensgröße. Das eine trägt die Jahrszahl 1487,
das andere, ein Buch in den Händen haltend, wird
S. Benedict genannt. Sic sind von köstlich meisterhafter
Ausführung.

12) Noch zwei andere Bildnisse, ein Mann und
seine Frau von der feinsten Modellirung im hellsten
Lichte, besitzt Herr van der Scrieck in Löwen. In der
Peterskirche dieser Stadt ist dagegen kein Bild von
Memling.

Andere ihm zuerkannte Bilder, die ich nicht gesehen,
z. B. der Altar im Dom zu Lübeck vom Jahr 1404;
zwei Bildchen bei Hrn. van Ertborn u. a. in. lasse ich
ohne weitere Erwähnung, da mir darüber kein Urtheil
zukommt; hier nur noch einige Worte über zwei von
mir schon früher beschriebene Bildnisse, welche unser
Meister von sich selbst gefertigt haben soll, wodurch diese
Angabe einigermaßen bestätigt wird. Dem Porträt Mcm-
lings vom Jahr 1462, ans der Sammlung des Herrn
Aders in London, ganz ähnlich ist das eines jungen
Mannes auf einem kleinen Bilde der Darstellung Maria
im Tempel, welches der verstorbene Herr Jmbert de
Mottelettes zu Brügge besessen und das gleichfalls als
das Bildniß unseres Meisters gilt. Leider hat das Bild
gelitten und ist theilwcise stark übermalt, daher ich cs
früherhin unerwähnt gelassen. Memling soll es im Jahr
1478 seiner Schwester im Kloster zum h. Geist gemalt
haben. Eine Abbildung und nähere Nachrichten hierüber
gibt die Zeitschrift: Belgisches Museum. Gent. ii. S. 178.
Das andere Porträt Memling's in reiferen Jahren, dem
jetzigen König der Niederlande gehörig, dürfte dasselbe
seyn, welches schon der Anonyme des Morelli im Jahr
1521 beim Cardinal Grimani in Venedig gesehen, und
folgendermaßen, als habe er obiges Bild vor sich, beschreibt:
„El reirano a oglio de Juan Mcmeliiio ditlo c da sua
maiio istessa, fatto dal specchlo, dal quäle si com-
preiide die l’era circa d'anui 65, piuUosto grasso, clio
alirameme c rubieoudo.

Sicher nicht von Memling, wenn auch von einem
sehr ausgezeichneten Meister, der ihm nahe steht, aber
auch eine gewisse Verwandtschaft zu Dierick Stnerbvut
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