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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0047
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33

bestimmter, aber auch weniger edler Faltenbruch, eine
geringere Freiheit der Pinselführung und eine größere
Trockenheit in der Behandlung überhaupt Herausstellen.
Auch fehlt den Köpfen etwas zu jenem geistigen Hauche
der Belebung, zu jener Jndividualisirung des Ausdruckes,
welche mehr noch als auf jener für echt erklärten Dar-
stellung des heiligen Servatius auf der des heimkehren-
den David des Meisters geistige Tiefe offenbaren. An-
dererseits dagegen ist wieder die leibliche Milde und
Frömmigkeit, der Anklang gereifter Schönheit in den
Köpfen der Frauengestalten dem Meister glücklich ab-
gelauscht.

(Fortsetzung folgt.)

Anträge zur Kcimtnisi der alt-niederländischen
Malerschulcn des 15"" und 16""Iahrhnnderts.

(Fortsetzung.)

Lieven de Witte aus Gent.

Carel van Mander sagt von ihm, daß er in nicht
so ganz alter Zeit zu Gent gelebt, ein guter Maler,
besonders in Architektur und Perspective, gewesen sey.
Auch habe er Zeichnungen zu Glasfenstern in der Jo-
hanncskirche zu Gent gefertigt. Ein vorzüglich schönes
Bild von ihm sey die Ehebrecherin gewesen. Beglaubigte
Werke seiner Hand sind bis jetzt nicht gefunden worden,
indessen dürfte oben erwähnte Miniatur auf deren Spur
helfen, wenn wir nämlich annehmen, daß Lieven de
Witte aus Gent derselbe Meister wie Livienv von Ant-
werpen ist, was füglich geschehen kann, indem Gcburts-
und Wohnort den Künstlern öfters zwei verschiedene
Beinamen gegeben, wie z. B. Johann van Eyck auch
Johann von Brügge genannt wird. Nun ist oben er-
wähnte Anbetung der Könige im Brevier des Cardinals
Grimani nicht nur genau dieselbe Composition, wie die
des Gemäldes A W gezeichnet, welches ich in der
Sammlung des Herrn Aders in London gesehen und in
meiner Kunstreise beschrieben, sondern die auch etwas
weiche Behandlungsart und die Färbung stimmt mit
demselben auf das auffallendste überein, daher ist in mir
kein Zweifel, daß die Miniatur und das Oelbild von
demselben Maler herrühren, daß demselben Meister auch
das bedeutende Bild in der Münchner Pinakothek (Nr. 36),
gleichfalls eine Anbetung der Könige darstellend, auge-
uub daß dieses von Karl Ernst Heß als ein Ge-
mälde von Johann van Eyck sehr schön ist in Kupfer
gestochen worden, habe ich bereits schon früher angegeben.
Eine alte, frei behandelte Copie desselben bewahrt das
-berliner Museum. Sie ist Nr. 37 bezeichnet.

Albert van Vmvatcr und sein Schüler Gerhard von Dt. Johann,
Maler in Harlem.

Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, von dem älte-
sten ausgezeichneten Maler Hollands ein beglaubigtes
Werk zu entdecken; indessen leitete mich die Analogie
eines Bildes in der Gemäldegalerie des Belvedere zu
Wien mit zwei daselbst befindlichen documentirten Bil-
dern von Gerhard von Harlem zur Ueberzeugung, daß
wir von Albert von Ouwater noch zwei ausgezeichnete
Werke besitzen, von denen selbst das eine in unfern
Tagen die Bewunderung aller Kenner und Laken im
höchsten Grade in Anspruch genommen; nämlich das
berühmte Altarblatt in Danzig, welches das jüngste
Gericht darstellt. Das erwähnte Wiener Bild (Catalog
S. 224. Nr. 10, dem Johann van Eyck zugeschrieben)
stellt den vom Kreuze abgenommenen Christus dar, be-
weint von Maria, welche Johannes unterstützt, Nico-
demus, Joseph von Arimathia, noch einem Jünger, drei
Frauen und Magdalena, die trauernd vor Christi Leich-
nam sitzt. In der Ferne das Kreuz auf dem Calvarien-
berg. Was dieses Bildchen wesentlich von denen der
van Eyck unterscheidet, ist das gestrecktere Verhältniß
und der etwas große Mund der Figuren, ferner der
graue, wenn auch klare und saftige Ton in den Schatten
der Carnation. In Lebendigkeit der Charaktere, Stärke
des Ausdrucks, in vollendeter Ausführung und in Na-
turwahrheit der Zeichnung steht unser Meister mit Jo-
hann van Eyck öfters auf gleicher Linie. Sobald ich
daö Bild näher betrachtet hatte, fiel mir sogleich dessen
große Uebereinstimmung in der Behandlung mit dem
Danziger jüngsten Gerichte vom Jahr 1467 auf, so daß
mir kein Zweifel blieb, daß beide Gemälde von derselben
Hand ausgeführt sind; wie sehr wurde ich aber über-
rascht, in zwei Bildern von Gerhard von Harlem, von
denen das eine (Nr. 34) denselben Gegenstand darstellt,
in der Behandlungsweise im Allgemeinen, in den Be-
wegungen der Figuren, besonders in der Stellung
Christi, eine solche Verwandtschaft zu finden, wie sie
zwischen einem großen Meister und seinem talentvollen
jungen Schüler nothwendig seyn wird; indessen unter-
scheidet er sich doch von Albert van Ouwater wesentlich
darin, daß seine Figuren nicht so gestreckt und freier in
den Bewegungen sind, auch die Schatten der Carnation
in's Bräunliche gehen. Mit Dierick Stuerbout, einem
andern gleichzeitigen Maler aus Harlem, verglichen, ist
dieser viel gestreckter in den Verhältnissen der Figuren,
eckiger in den Bewegungen, weniger vollendet und
geistreich in der Ausführung.

Die Composition des vom Kreuze abgenommenen
Christus von Gerhard von Harlem weicht von der des
van Ouwater besonders dadurch ab, daß hinter der Haupt-
grnppe ein Mann, Porträrfigur in schwarzer Kappe,
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