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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0179
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171

eine genügende Weise aufgeklärt, — wie z. B. das Alter '
der Kirche St. Michele zu Pavia (bekanntlich eine der 1
entscheidendsten Streitfragen in der italienischen Kunst-
geschichte), dasCordero aus sehr guten Gründen zwischen
1050 und 1150 setzt. Hr. v. Quast geht hierauf nicht
näher ein, sondern begnügt sich nur, bei der Kirche
S. Michele und den ihr entsprechenden Gebäuden auf
die gewöhnliche Meinung, die sic in das Zeitalter der
Longobardcnhcrrschast setzt, hinzudeuten, ohne dieselbe
weiter vertreten zu wollen. Vielleicht indcß erscheinen
ihm Cordero's Auseinandersetzungen noch nicht er-
schöpfend genug, so daß hier — wie an andern Stellen
des Tertes — die weitere Durchführung der eigenen
Meinung einen Raum in Anspruch genommen hätte,
durch den der nächste Zweck der deutschen Ausgabe des
d'Agincourt, ein Werk für den Handgebrauch zu liefern,
mehr oder weniger möchte aufgehsben seyn. — Im
Uebrigen dürfte der deutsche Herausgeber nur sehr wenig
Jrrthümer des Originaltextes übersehen haben. ■ So
kann z. B. das eine der schönsten Gemälde in der Kirche
del Carmine zu Florenz, Capelle Brancacci, mit dem
Martprthume des h. Petrus (Malerei T. 148), nicht
mehr als ein Werk des Masaccio gelten, sondern ist
als dem Filippino Lippi angehvrig zu betrachten.' Hin
und wieder hätte der Herausgeber auch bei Angaben
des Originaltertes, daß dies und jenes Werk bisher noch
nicht edirt sei), die »eueren Kupferwerke berücksichtigen
können, besonders in Fällen, wie bei den schon oben
genannten Fresken Ghirlandajo's in S. Maria Novell«
zu Florenz (Mal. T. 157), wo er den Text mit den
Worten anhebt: „Diese noch uncdirten Gemälde" rc.
— obgleich die letzteren, seit d'Agincourt's erster Mit-
theilung, durch Lasinio so ausführlich als charakteristisch
gestochen sind. Eben'so wäre auch über die seit d'Agin-
court's Zeit stattgcfundenen Ortsvcrändcrungcn mancher
Gemälde eine Auskunft nicht unerwünscht gewesen, wie
z. B. bei dem merkwürdigen Gemälde von Mazzolino
(Mal. T. 198), welches sich gegenwärtig im Besitz des
Hrn. E. Solly zu London befindet; oder über das schöne
Madonnenbild von Raffael im Besitz des Lord Garvagh
zu London (Mal. T. 184), über welches hier die An-
gabe des Originaltertes, daß dasselbe sich „zu Rom im
Palast Borghese, im Zimmer des Fürsten Aldobrandini,"
befinde, beibehalten ist.

Jndeß sind solcher Versehen, wie gesagt, nur we-
nige und nicht sonderlich bedeutende, und die deutsche
Ausgabe ist unbedenklich als eine erfreuliche und dan-
kenswerthe Erscheinung für die Fächer des kuiisthistori-
schen Studiums zu bezeichnen. Ich habe noch hinzn-

1 ». Rnmohr, »ach dk» Andeutungen Vasaris, It. §. **,
S. 249.

' zufügen, daß der Werth des Werkes durch die ver-
! heißencn Ergänzungshefte, die zunächst der Architektur
gewidmet seyn sollen, noch bedeutend erhöht werden
dürfte. Herr Hofbaurath Stiller und Hr. v. Quast
haben beide von ihren Kunstreisen, vornehmlich aus
Italien, so umfassende wie sorgfältige architektonische
Studien heimgebracht, welche über Vieles, das seither
noch gar nicht oder nur mangelhaft bekannt war, ein
ganz neues Licht verbreiten. Diese und die gründliche
historische und kunsthistorische Bildung des Heraus-
gebers (die er, was das classische Alterthum betrifft, u. a.
durch den vortrefflichen Text zu seiner sehr erweiterten
Ausgabe von Jnwood's Erechtheion bereits zur Genüge
bethätigt hat) lassen uns in jenen Ergänzungsheften
einen wesentlichen Gewinn für die kunsthistorische For-
schung erwarten. Hoffentlich wird das Gesammtwerk
diejenige Theilnahme finden, welche zur Erfüllung des
Versprechens einer solchen Fortsetzung nöthig seyn dürfte.

F. Kuglcr.

Notiz.

In I. D. Passavant's „Beiträgen zur Kenntniß
der alrniedcrländischen Malerschuleu des 15ten und
16ten Jahrhunderts" in diesen Blättern, lesen wir bei
der Erwähnung des Hugo van der Goes (Nr. 5),
die Hospitalkirche Sta. Maria Nuova zu Florenz fey
von Falco (Fulco oder Folco) Portinari, Geschäftsführer
der Medici in Brügge, gestiftet worden. Diese Angabe
muß auf einer Verwechslung beruhen, und eben so der
Schluß, der daraus gezogen zu werden scheint. Freilich
wurde das Spital Sta. Maria Nuova um daö Jahr
1285 von Folco di Ricovero Portinari gestiftet, aber
dieser Folco, der Vater von Dante's Beatrice und einer
der vornehmsten und reichsten Florentiner Bürger, hatte
nichts mit den Medici zu thun, von denen sich in den
letzten Decennicn des 13ten Jahrhunderts die erste zu-
verlässige Kunde findet. — Folco Portinari starb inr
Jahr 1289, und noch sieht man sein Grab in der alten
Capelle des Spitals (in dem gegenwärtig sogenannten
Locale di S. Matteo) , wo auch einer der ihm von
seiner Gattin Cilia Caponsacchi geborenen vier Söhne
begraben liegt, Manetto, der im Jahr 1334 starb. Auf
Folco's Sarkophage sieht man das Wappen der Familie;
auf des Sohnes Grabstein dessen Bildniß in ganzer
Gestalt in bürgerlicher Kleidung in ganz flachem Relief.
Von Veatricens Grabe findet sich keine Spur: wahr-
scheinlich ward sie nicht hier bcigcsctzt, sondern in dem
Register
Alfr. Reumont: Notiz
 
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