Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0185
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
177

ganze Nomenclatur der Kunstgeschichte jener Zeit aus-
schreiben, wollte ich das Einzelne nennen. Ich erinnere
nur flüchtig daran, daß die vorzüglichsten und sichersten
Werke von Leonardo da Vinci sich in Paris befinden,
daß uns also über diese zum erstenmal ein begründetes
Gutachten vorgelegt wird; daß so Vieles von Raffael,
von Tizian, von Correggio u.s.w. hier ausführlich
zur Sprache kommt; daß bei Weitem die Mehrzahl
Hol dein'scher Gemälde sich in England befindet, und
daß wir, da dieselben häufig mit dem Datum versehen
sind, durch die Charakteristik der einzelnen Bilder und
deren Zusammenstellung endlich eine genügende An-
schauung von Holbein's weiterem Bildungsgänge gewin-
nen können, ii. dgl. m. Aber auch über viele andere,
minder bekannte Meister erhalten wir Aufschluß und
nähere Bestimmungen; um nur Ein Beispiel anzuführen,
erwähne ich der niederländischen Meister aus dem An-
fänge des löten Jahrhunderts, von denen manche, wie
z. B. Mabuse, erst hier ihre genügende Würdigung
finden; auch über den noch immer so räthselhaftcn
Schvreel und über den Meister der ihm früher zuge-
schriebenen Bilder finden sich Andeutungen. Als noch
bedeutender möchte ich das bezeichnen, was uns über
die Meister des 17ten Jahrhunderts geboten wird, theils
über die Historienmaler dieser Periode, vornehmlich aber
über die Cabinetmaler, im Fache der Landschaft und der
Genremalerei. Wer cs durch eigene vergebliche Mühe
empfunden hat, wie äußerst unzulänglich die bisherigen
schriftlichen Mittheilungen über diesen merkwürdigen
Thcil der modernen Kunstgeschichte sind, wird es dem
Verf. sehr lebhaft Dank wissen, daß er cs sich nicht hat
verdrießen lassen, über diese kleine» Werke, deren Inhalt
zumeist so schwer mit Worten zu bezeichnen ist, getreu
und sorgfältig Rechenschaft zu geben. Freilich war er
dazu auch durch den Gang seiner Reise unmittelbar auf-
gesordert; denn wenn auch Paris für diese Facher der
Kunst, im Verhältniß zu den deutschen Sammlungen,
nicht eben viel Neues und Eigenrhümliches darbieter, so
ist dies bei den engliichen Sammlungen in um so rei-
cherem Maße der Fall. Dort haben bei Weitem die
wichtigsten Schätze solcher Art ihr Unterkommen gefun-
den; von allen in die genannten Fächer einschlagenden
Meistern sind dort die gelungensten und glücklichsten
Werke vorhanden» manche, die wir diesseits des Canales
fast gar nicht oder nur aus untergeordneten Machwerken
kennen, treten uns dort in glänzendster Entfaltung
ihres Talentes entgegen. - Nicht minder ausführlich
ist ferner der Bericht, den der Verf. über die neuere
und die heutige Malerei in England und Frankreich
gibt, so daß wir, wenn wir die uns bekannten Bestre-
bungen unserer Landsleute hinzunehmen, eine vollstän- j
dige Anschauung von dem Kunstleben unserer Tage, zu

welchem uns die großen Leistungen der Vergangenheit
geführt, vor uns haben.

Doch ist mit alledem der Inhalt des Werkes noch
nicht beendet, lieber die Sammlungen von Handzcich-
nungen älterer Meister erhalten wir mannigfache beleh-
rende Auskunft; eben so über die Kupferstichsammlungen,
die besonders zu manchen gehaltreichen Bemerkungen
über die Ursprünge dieser Kunst und über die Werke
der älteren Meister Anlaß geben; nicht minder über die
Arbeiten moderner Sculptur in ihren verschiedenen
Zweigen, so weit Beispiele derselben dem Verf. ent-
gegentraten. Schließlich fehlt eö auch nicht an näheren
Angaben über die Werke der Architektur. Einige Kirchen
und Schlösser des englischen Mittelalters werden, wie
auch der englisch-gothische Baustyl überhaupt, näher
charakterisirt; eben so werden die heutigen Leistungen
der Baukunst in England und in Paris mehrfach aus-
führlich besprochen. — Nehmen wir nach alledem hinzu,
daß den beiden Abschnitten des Werkes sorgfältige Re-
gister, zum Nachschlagcn für alles Einzelne, beigefügt
sind (dem Theil über Paris auch ein Nummerregister,
um denselben als Handbuch beim Besuch des dortigen
Museums benutzen zu können), so möchte man schon
geneigt seyn, das Werk — wären cs nicht eben drei,
zum Theil recht starke Bände — als ein Noth- und
Hülfsbüchlcin für Alle, die sich mit knnsthistorischcn
Dingen beschäftigen, zu bezeichnen.

Ich freue mich, daß ich zum Schluß dieser Anzeige
noch hinzufügen kann, daß wir in kurzer Zeit wiederum
ein ähnliches Werk aus der Feder des jj»rn. Waagen zu
erwarten haben. Es wird die Resultate einer Kunstreise
durch Deutschland, von Berlin bis München und Wien,
enthalten. Der erste Theil, der, wie ich höre, bereits
vollendet ist, wird die Resultate der Reise bis München,
durch Sachsen, Franken und einen Theil von Schwaben
umfassen und unter Anderem für die Entwickelung der
Schule von Franken die wichtigsten Beiträge bringen.

F. Kugler.

Airchenluiu in England und Deutschland.

Seit zwanzig Jahren besteht in ersterem Lande eine
„Commission Ihrer Majestät zur Erbauung neuer
Kirchen." Im September v. I. ist der jüngste Jahres-
bericht derselben erschienen, welcher zur öffentlichen Kennt-
niß bringt, daß seit dem Bestehen der Commissson 243
Kirchen und Capellen vollendet worden. Mit dem letzten
Jahresbericht waren wieder fünfzehn neue Kirchen aus
dem der Commission übergebenen Fonds erbaut worden.
Außer diesen sind neunzehn Kirchen jetzt wieder im Bau
- begriffen. In der Sitzung des Comitös vom 19. October
Index
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen