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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0307
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295

allerdings tu einer ganz anderen Art zu erklärende
Beispiel des Apvllobildes, dessen eine Hälfte Teleklcs,
das andere Theodoros getrennt arbeiteten, und welches
dann zusammengefügt, wie von einer Hand geschnitzt
erschien, mag an den innigen Verein der Bilder von
SchwanthalerundHiltenspcrgererinnern. DiescVilder
sind es aber, welche uns als vollendete Mu-
ster der Auffassungs- und Darstellungsart
antiker Gegenstände im echt antiken Sinne
erscheinen, so wie sie die neue Zeit befolgen
kann und muß, wenn sie nicht einerseits der
leblosen akademischen Nachäfferei der David'-
und Girodctschcn Schule, oder andererseits
der halbbarbarischen, gleichsam absichtlich un-
wissenden, rohen und unschönen sogenannten
eigenthümlichen Aufsassnng antiker Gegen-
stände verfallen will, welche in der neuesten
Zeit ihre Parteigänger und Vertreter gesun-
den hat.

Ein Cyclus von Darstellungen aus der Theogonie
und den übrigen Gedichten des Hesiodvs und aus den
Lustspielen des Aristophanes, welche in dem neuen Kö-
nigsschlosse hier ausgeführt wurden, gaben die erste Ver-
anlassung zu dieser glücklichen Verschmelzung zweier
Talente zu einem plastischen Zwecke und Ganzen.

Die Theogonie als Fries in jener polychromatischen
Art dargestellt, welche sich mit einer Färbung ohne Licht
und Schattenspiel begnügte, innerhalb welcher die For-
men nur mit Umrissen angegeben sind, ist gewiß eine
äußerst schwierige Aufgabe. Die außerordentlich große
Anzahl der Hauptgruppen und Episoden, menschlichen
Gestalten und Ungeheuer war schwer in den bedingten
Raum eines 120 Fuß langen und nur 3'/2 Fuß hohen
Frieses zu bringen, ohne der Gefahr dem Auge miß-
fälliger Ueberhäusung oder auch stcllcnweiser Leere zu
verfallen.

Dieses ist auf das glücklichste dadurch vermieden
worden, daß nach Art wie wir uns altgricchische Werke,
z. B. die Bilder des PolyznotoS in Dclphoi denken
müssen, den Hauptgestalten und denen der Episoden ver-
schiedene Dimensionen gegeben, und daß die Gruppen
ohne eigentliche gewaltsame Verbindung einer und der-
selben malerischen Composition, nur auf eine dem Auge
wohlgefällige und den Raum in geschmackvoller Art aus-
füllende Weise zusammcngestcllt sind.

Dadurch wird l'icr Alles klar und die Klippe ver-
mieden, an welcher der Maler scheitern muß, welcher cs
versuchen würde, die verschiedenartigsten Gegenstände
ganzer Gedichte in ein und dieselbe malerische Gruppe
zusammen zu drängen, aus deren Verwirrung sich der
Beschauer vhuc Cicerone und schriftliche Erklärung nicht
herauswinden könnte. Die Gestalten dieses trefflichen

Werkes sind schön, die Bewegungen edel, natürlich, aber
in einem so hohen Grade im Sinne rein antiker Ein-
fachheit und Würde aufgefaßt, daß mau durch das Ganze
gezwungen wird, sich einem Werke der schönsten griechi-
schen Zeit gegenüber zu glauben, während die volle Ori-
ginalität und Eigenthümlichkeit des Einzelnen durchaus
eine eben so freie als neue Erfindung bewährt. Ganz
diesem entgegengesetzt erinnern uns die Gegenstände
antiker Art, welche nach sogenannter cigenthümlichcr
Auffassung gebildet sind, in Nichts und durch Nichts an
daS Alterthum, als im glücklichsten Falle durch eine
Gestalt, einen Arm, Kopf oder Fuß, welcher demselben
abgebvrgt ward.

Es ist hier nicht unsere Absicht, das Einzelne dieser
Malereien zu beschreiben, sondern nur unsere Ansicht zu
begründen, daß hier der rechte Weg antiker Darstcllungs-
weise eingcschlagen worden, und cs genüge dcßhalb die
unübertrefflich schönen Gruppen der Aphrodite, welche
den Wogen entsteigt; der Dryaden, der Themis, Latona,
Mnemosyne und Hekate, der Okeaniden, namentlich aber
des Kampfs zu erwähnen, welchen Zeus in Begleitung
der fünf Hülfsgöttcr gegen die Titanen und Giganten
besteht. Durch Lebendigkeit und Kraftfülle dieser gewal-
tigen Gestalten, Reichthum und Wahrheit der Stellun-
gen, hohen Schwung der Einbildungskraft, und durch
Reinheit der echt hellenischen Auffassung ist dieser Kampf
gewiß dem wahren Kenner eines der schönsten Erzeugnisse
neuer Kunst, wenn auch die Figuren nur kleinen Maßes,
ohne Reiz der Farbe, und durch die gewählte Darstel-
lungsweise der Möglichkeit feiner Ausbildung des Ein-
zelnen in Gestalt und Ausdruck entzogen sind. Aber
jeder Strich zeigt, daß die Künstler, was hier etwa fehlt,
fehlen lassen wollten, während sie es in reicher Fülle in
ihrer Seele und in ihrem Griffel für eine bessere Gele-
genheit bewahrten.

Diese Gelegenheit fand sich aber theilwcise schon bei
den Darstellungen aus den Komödien des eben so frechen
als geistreichen Aristophanes.

Wenn hier auch das Maß der Gestalten noch klein
bleiben mußte, so gehört die Darstcllungswcise doch schon
der vollendeten Kunst an, die Bilder sind theils an der
gewölbten Decke al fresco, theils an der Wand in der
trefflichen und noch unübertroffenen Wachsmalerci aus-
gcführt, welche in diesem Gebäude zuerst und mit so
glänzendem Erfolge angewendet wurde, daß sie weder in
Hinsicht der Schönheit noch Dauer etwas zu wünschen
übrig läßt.

Wenn nun auch die aristophanischen Scherze hier
nur selten die Gelegenheit darboten, die Schönheit der
Form und die Höhe edler Charakteristik in der plastischen
Darstellung zu entwickeln, so ist diese doch unübertrefflich
als ein Beweis, daß echt griechische Behandlungsart der
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