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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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Vom Christmarkt
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führt wurden, der hat hier die köstlichste Musterkarte vor j die Phantasie des Künstlers befruchtet, ohue daß die Ei-
Augen. Ein anderer Theil der neu hinzugekommenen Jllu- ! genart seiuer Erfindung darunter gelitten hätte. Wir
strationen rührt von Paul Thumann her; diese schließen I theilen aus der Reihe der Jllustrationen dic Scene mit,
sich in sinniger Weise an die einfachen Freuden- und j in welcher der biedere Pfarrer von Grünau die Türken-

Klagelaute der Volkslieder an, deren Echo sie sein müssen,
wenn sie ansprechen und zum Herzen dringen wollen.

Derselbe auf dem Felde der Holzschnittzeichnung
mit glücklichcm Erfolge seit Jahren thätige Künstlcr
eröffnet auch den Neigen der illu-
strirten Ausgaben deutscher
Klassiker (Verlag der Grote'schen
Buchhandlung in Berlin), die dcr
9. November 1867 in's steben gerufen.

Zu Voß' Luise hat Thumann
eine Reihe von größeren Zeichnungen
und kleinen Vignetten geliefert, die bei
den durch Rücksicht auf Billigkeit sehr
bescheidenen Raumverhältnissen alle
Anerkennung verdienen. Sitte uud
Vrauch der „guten alten" Zeit, die
auf Lußere Zierformen im gesellschaft-
lichen Verkehr so großes Gewicht
legte und bei aller Steifheit und csre-
moniösen Haltung in den beschränkten
Kreisen des kleinbürgerlichen Daseins
einen reichen Schatz. von Herzensfreudigkeit und Biedersinn
bewahrte, kurz die Lebenssphäre des für unsere Zeit etwas
vergilbten Jdylls hat Thumann in seinen Jllustra-
tionen der Vorstellung mit richtigem Gefühle uahe ge-
bracht. Chodowiecky's lebensvolle Gestalten aus jener
Zeitepoche gaben den besten Anhalt für die lokale und
die historische Färbung und haben auch wohl ohne Zweifel

pfeife aus der Hand seines zukünftigen Schwiegersohnes
empfängt und sie mit Kennerblick bewundert. — Nicht
das gleiche Lob verdienen die Jllustrationen zu Göthe's
Hermaun und Dorothea von Ernst Bosch. Sie
stehen zu dem Werthe der Dichtung im
umgekehrten Verhältnisse wie Thn-
mann's Bilder zur Luise. Die kleinen
Vignetten mag man in ihrer bescheide-
nen Weise als hübsche Einfälle noch
hinnehmen, aber in den größeren
Zeichnungen resp. Holzschnitten sind
die mit sicherer Meisterhand gezeich-
neten Charaktere des Göthe'schen
JdyllS ganz verwaschen und verwäs-
sert, und auch in dem Ausdruck dcr
Stimmungen, der momentanen Ge-
fühlsregungen ist dcr Jllustrator
nicht glücklich. — Flott und leicht hin-
geworfen erscheinen die geistreichcn
Einfälle, mit denen Adolf Schmitz
in kleinen Vignetten die Anfangs- uud
Schlußverse einzeluerScenen vonGöthe's Faust verziert
hat. Sie sind mehr dazu da, die Stimmung anzuschlagen,
als im eigentlichen Sinn'e den Jnhalt dcr Sceue bildlich
zu fassen. Hier ist mit wenigen und beschcidcnen Mittcln
oft cin schönes künstlerisches Resultat gewonncn. Von
dcn größeren und mit größeren Ansprüchcn auf volle
malerische Wirkung auSgehendcn Holzschnitten, die einen
 
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