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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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Aus dem Wiener Belvedere
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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0058

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restaurirt werden, um bei der zu erwartenden Uebertra-
gung der Galerie in ein für dieselbe zu erbauendes nenes
Mnsenm verwcndet zu werden. Es befinden sich nnter
diesen, freilich meist ziemlich stark beschädigt, cinige
Tintoretto's (ritrntti), einige echte Banernbreughel, ein
sehr verdorbener, aber echter Beltino, etliche Bassano,
u. A. auch die Skizzen zn unseren großen Bildern von
A. Janssens u. A. m. Die Restaurirnng der herrlichen
Kartons von Vcrmeyen scheint vorläusig nä xrnsons onlen-
(tns vertagt zu sein. Schmachten doch auch die großen
Veronese-Bilder auf der Akademie im aufgerollten
Zustande!

Aus der großen Sammlung von Familien-Bildern
des Kaiserhanses, welche das Depot ebenfalls enthält,
denkt man mit der Zeit eine Porträt-Galerie znsammen-
znstellen. Unter diesen befinden sich ebenfalls, wie wir
aus eigener Anschannng wissen, unter einer Masse ge-
wöhnlicher Malereien und Kopien, einige wenige bessere
Bilder, u. A. der spanischen Schule.

Auch in Hinsicht aufden Katalo g soll dem Vernehmen
nach eine Wendung zum Besseren bevorstehen, wobei
ebenfalls der neue Chef als Jnventor genannt wird, —
wir nehmen den Ausdruck von irgend einem alten Kupfer-
stich der Albertina. Engert's Katalog ist kurz nnd bün-
dig, auch ist er nicht theuer, und es verdient die Ehr-
lichkeit seiner Benennnngen in Hinsicht der Meister alle
Anerkennnng. So sehr man bei der Vergleichung von En-
gert's Katalog mit manchen des Anslandes im Recht
gewesen war, diese letzteren vorzuziehen, wenn sie, wie
der des Louvre, wissenschaftlich gründlich und geschmack-
voll arrangirt sind, so sehr stannte ich z. B. im Louvre
über die Kühnheit, mit welcher dort, nm nur cin Beispiel
zu erwähnen, eine sehr flaue, namentlich im Cbarakter
sehr gewöhnliche Kopie nach einem prackitvollcn Ti-
zian des Belvedere, cincr 8nntn oonversn/ione, als
Original angeführt wird. Anch ein solcher Fall, wo
ein sehr elendes Bild als Terbnrg ausgegeben wird,
wie dies im Amsterdamer Musenm mit einer offenbar
nach dem bckanntcn Knpfcrstich gemachten Darstellnng
des Münstcr'schen Kongresscs gcschieht, wäre, wie ich be-
hanpten darf, im Belvcdere nicht möglich. Zählt man
bei nns etwa 40 Rubens, so sind sie alle echt, anderwärts
zählen sie 80 — 90, nehmen abcr zur Kompletirung dieser
allerdings blendenden Zahl alle Schulbilder und Schul-
kopien zn Hilfe, wenn sie nur die Färbnng und die
Manier der Schnle haben. Seit diesen Erfahrungen
schätze ich Engert's Katalog viel höher, denn die Eigen-
schasten der Ehrlichkeit und Selbstverleugnung sind ge-
wiß viel werth u»d würden, anf die Jo in Berlin und
die Rubens'-Söhne in Dresden angewendet, zur Steuer
der Wahrheit viel beitragen. Diese Ehrlichkeit darf
aber nicht das einzige Löbliche an einem Buche sein,
welches eine Galerie ersten Ranges der ganzen Welt

, gegenüber zu vertreten hat. Das Publikum, dem man
nnn von allen Seiten Predigt, in der Kunst gelte nicht
ein vager „Geschmack", sondern das auf dem Wege des
Studiums zu erwerbende Wissen^will für sein Geld nicht
! ein bloßes Jnventar einer Sammlung, es will einige
! Notizen über die Meister, nicht überlange aber gute Be-
schreibnngen, welche auf das Beste an den Bildern
! aufmerksam machen, anch ist es neugierig genug sich
für die Herkunft dieses oder jenes Kunstschatzes zu interes-
siren. Fast alle Kataloge der Welt sind dicsem Bedürf-
nisse entgegenkommen; endlich soll dies, wie ich ver-
! nehme, auch bei uns geschehen. Sind ja doch selbst
I dem Fachmann bei Meistern, mit denen er weniger
vertraut ist, biographische Notizen erwünscht. Auch kann
es nicht gutgeheißen werden, daß man der leidigen
z Kürze Dinge, wie eine lateinische Jnschrift auf einem
Bilde von Dürer, opfert. Von einem höhern Stand-
! pnnkte aus betrachtet, bietet ein Galerie-Katalog eine
unschätzbare Gelegenheit, zurVermehrung der künstlerischen
Bildung des Publiknms beizntragen. Die Provenienz
unserer schönen Bilder ist zwar nicht oft zu eruiren, doch
I haben wir über manche, wie z. B. über unseren herrlichen
Jldefonso sehr pikante Geschichtchen zu erzählen; zwar
nicht, daß Helene Fourment darauf abgebildet sei, (wie
Herr Lavice in seinem Buch über die Dentschen Museen
fabelt), denn dicse lebte noch nicht, da das Bild gemalt
wnrde; wohl aber wissen wir z. B., daß der geschickte
Mann, der die Flügel des Bildes zcrsägte, dafür von
dem damaligen Gcncralstatthaltcr dcr Niederlande, Max
Emannel, Kurfürsten von Bayern 210Brabantische Gul-
den als Lohn crhiclt — ist das nicht eine prächtige Ge-
schichte für nns Knnst-Enthusiasten? Auch die großen
Jesnitenbilder desielben Meisters, die ehrwürdigen Ueber-
reste der herrlichen Dekoration, mit welcher er sein Werk,
die prachtvolle Jesuitenkirche in Antwerpen, geschmückt
^ hatte, haben ihre besondere Geschichte — doch die soll der
nene Katalog erzählen. Mit der Ermittelung der Provenicnz
hat es übrigens bci nnserer Galerie große Schwierigkeiten,
indem dic aktenmäßigen Aufzeichnnngen darübcr sehr
spärlich sich vorfinden, nnd diese wenigcn Spuren über-
dies in ungeheuren Aktenhanfen der verschiedcnen Archivc
zerstreut sind. Regiernngsrath Or. Birk, der neuer-
nanntc erste Kustos der k. k. Hofbibliothck, beschäftigt sicki
seit Jahren damit, diesen Wust durchznarbeiten, um dic
Grundlage zn einer aktenmäßigen Geschichte der k. k.
Galerie zn legen; doch beklagt er sich sehr über die
geringe Ausbente oft wochenlanger Mühen und darüber,
daß nicht selten die Akten über wichtige Zeitabschnittc
fehlen, da man sie hat in die Stampfe wandern lassen.
Dennoch ist es diesem eifrigen Forscher gelnngen, nebst
einer Anzahl sehr werthvoller Notizen, das Original-
Jnventar der Sammlungen des Erzherzvgs Leopold
Withelm aufzusiuden, bei welchem auch die Maaße der
 
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