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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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59

der durch seine Erfolge in Paris der Heimat fast ent-
fremdet ist, erregt cin schönes Bild allgemeine Bcwunde-
rung. Ein Araber auf einem Schimmel reitet hart an
einer schroffen Felswand einen schmalen, unwegsamen
Pfad entlang, wie es scheint auf der Flucht vor Verfol-
gern. Die Bewcgung des Pferdes auf der nngleichen,
unsichercn Bafis ist in ihrer scharf verkürzten Hinteransicht
meisterhaft gezeichnet, kaum minder vorzüglich der Reiter,
der sich im Sattel nmwendet. Die Malerei bringt das
ungebrochene Sonnenlicht, das die Silhouette des Rei-
ters gegen den kahlen Felsen wirft, zu herrlicher Wirknng,
und ist in dcr freien, leicht hinwerfenden Behandlung,
besonders der landschaftlichen Partien eben so erstaunlich,
wie in dcr pastosen klar detailirenden Ansführung der
Figur.^

Jm Kunstverein introducirte sich Karl Scherres,
bisher in Danzig, bei seiner Uebersiedelung hierher durch
eine Ausstellung von Oelskizzen und ein ausgeführtes
Bild. Die ersteren waren unter sich sehr ungleich nnd
bekundeten znm Theil eine so schroffe Wendnng zum
groben Naturalismus, daß man begierig sein kann, zn
crfahren, ob der Künstlcr auch bci ausgeführten Sachen
damit Ernst machen, und ob diese Richtung seiner künst-
lerischen Eigenart besonders günstig sein wird. Nach dem,
was man bisher von ihm kennt, läßt sich letztcres kanm
erwarten. Das landschaftliche Bild litt bereits unter der
Einwirkung einiger Besonderheitcn, die sich auf den
Studien bemerklich machten. Es war zwar ein höchst
glückliches, traulicbes Motiv: ein Knabe lehnt träumerisch
im Kahn unter einer übcrhängenden Weide, und angelt;
eine Hütte blickt hinter einem Fliederbusch hervor. Was
man aber ungern vermißte, war jene feine Luftperspective,
die selbst bei hellem Sonnenlicht noch in ihren Wirkungen
sichtbar bleibt; ferner trübte eine manieristische Behand-
lung der Stoffe die reine Wirkung. Ein arg verzeichneter
schwarzcr Kater, der unter deu Bäumen schlich, erschien
lediglich wie ein Fleck oder wie ein Loch. Scherres ist ein
Künstler von bedeutender Begabung und scharf ausge-
prägterJndividualität; er wird schon wieder zu demRechten
und für ihnPasscnden zurückfindcn. — Auch uuter denübri-
gen ausgestellten Bildern führte die Landschaft das große
Wort, jedoch dürften nur zwei besondere Berücksichtigung
verdienen: Max Schmidt's ganz herrliche „Angler im
Schilf" undEduard Pape's „AnderElbe", eineFlach-
landschaft mit allem Reiz ciner solckien, und besonders
interessant, da dieser Charakter dem Künstler sonst weuig
geläusig ist. — Louis Donzette's „Mondschein im
Hafcn" und EduardHallatz' „Heucrnte bei aufsteigeudem
Gewitter", mit frappanten Lichtesfekten, aber zu dicker
schwerer Farbe, bekunden Geschmack und Geschick, wie
man es bei beiden gewohnt ist. — Hugo v. Blomberg
stellt eine größere Skizze aus: König Wilhelm in der
Schlacht bei Königsgrätz, die Begrüßung des Königs

durch die Offiziere nach dem Moment der Entscheidung,
während der Kampf noch forttobt. Die Skizze war zur
Konkurrenz für ein der Nationalgalerie eiuzureihendes
Bild der denkwürdigen Schlacht eingeschickt. Leben (aber
unheimliches) und Bewegung (abcr excentrische) kann man
dem Entwurf nicht absprechen, auch ist die Komposition,
so weit sie erkennbar wird (und so weit ist sie sehr einfach),
geschickt und klar. Aber das Ganze sieht mehr aus wie
eine Episode aus Dante's Jnferno, als wie ein Mo-
mcnt einer Schlacht des neunzehnten Jahrhunderts.
Blomberg leidet sichtlich darunter, daß er zwischen
Kunst nnd Kritik nicht zur Wahl kommen kann, und
liefert in der Zwischenzeit des Schwankens auf beiden
Gebieten Arbeiteu, die den ganzen Mann fordern, und
die, da er ihnen nur höchsteus den halben widmen kann,
so ausfallen, daß sie schwerlich ihn selbst, keinenfalls
andere erfreuen und befriedigen können. — Am Schlusse
muß noch von sieben kleinen Gppsgruppen von Otto
König, zur Zeit in Rom, Notiz genommen werden, die
mit liebenswürdigem Humor und großcm Geschick für
Komposition und Charakteristik genrehafte Scenen aus
dem Leben des Amor darstellen. Bei einigen stört jedoch
eine allzu malerische Auffassung. — Letztere charakterisirt
auch eine übrigens sehr ansprechende Statuette Rem-
brandt's von dem talentvollen O.Büchting. Allerdings
scheint jener malerischeste aller Maler, deffen anziehende
Persönlichkeit uus zumeist nur durch seine eigene, im höchsten
Grade malerische Darstellung bekannt ist, der plastischen
Gestaltung schwer zugänglich zu sein, oder ihr gar zu
widerstreben; und die vorhandenen plastischen Dar-
stellungen, in erstcr Linie das Standbild in Amsterdam,
sind nicht gecignet, diese Vorstellung als grundlos auszu-
weisen. Dennoch kann man sich nicht damit einverstanden
erklären, weun ein Bildhaner bei dieser Aufgabe das
Wesen seiner Kunst einfach aufgiebt. Die kleine Statuette
wirkt als solche nichts desto weniger recht angenchm. Als
große Statue dürfte sie jedoch mit dieser Ausiassung leicht
— komisch werden.

Auch von Sachse's permancnter Gemäldeausstellung
muß uoch gesprochcn werden. Hicr bildet den Hauptan-
ziehungspunkt eine Landschaftvon Ed. Hildebrandt: ein
heiligerSec inBirma. Es gelingtHildebrandt iu derRegel,
was er in erster Linie zu wollen scheint, uns Bewunderung
von den überraschenden Phänomenen südlicher Natur abzu-
nöthigen; so auch hier. Hinter schmalem flachem Vor-
gruude breitet sich der See aus. Elende Häuschen, halb
versteckt, crhcben sich am jenseitigen Ufer; hintcr ihnen
ragt ein Palmenhain auf, aus dessen Grün eine hohe
Pagode mit vier schlanken Eckthürinen majestätisch in die
Luft steigt. Rechts im Hintergrunde ist die Sonne eben
hinter den Horizont gesuuken, und ihre Strahlen beherr-
schen noch die rechte Hälfte des Himmels. Hoch aber in
der Mitte der klaren, tiefblauen linken steht dic Sichel
 
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