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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0165

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164

und hält Blumen statt des Vogels. Dürer pflegt sich eben
nicht zu kopiren. Die Zeichnung scheint ein frühcrer Bersuch
zu sein; im Stich ist die ganze Komposition weit feiner durch-
gebildct."

„Hr. Lippmann setzt in Uebereinstimmung mit der
allgemeinen Ansicht die Entstehung des Stichs annähernd in
das Jahr 15U0 und will das Bild noch früher (der Gegen-
seitigkeit halber) oder wenigstens um dieselbe Zeit entstanden
sein lassen. Nnr wenn dies der Fall ist, hätte die Annahme,
daß Dürer sich selbst reprodncirt, Einiges für sich. Da-
gegen wandte ich ein, daß eine solche Renaissance, wie
sie das Gemälde aufweist, nicht vor 15 >5—1517 vorkomme.
Hr. Lippmann glaubt, ich leugne das Vorkommen von
Renaissance auf deutschen Gemälden und speciell bei Dürer
vor dieser Zeit Lberhanpt. Die Ungenauigkeit des kurzen
Berichtes, dem er dies entnehmen zu können glaubte, war
Schuld hieran. Nur von einer so ausgebildeten Renais-
sance war bei mir die Rede. Die von Hrn. Lippmann
citirten Beispiele von Renaissance-Elementen in Dürer'-
schen Arbeiten vor dieser Zcit bieten das beste Material, um
darzuthun, wie allmälig er der Renaissance Herr wird und
sich von gothischem Formenwesen emaucipirl. Neben deni
großen Pferd von 1505 finden wir nur eine Sänle von schwerer
Form, namentlich am Fuß. Jn der schönen Passion der
Albertina von 1504 sind ebenfalls Säulen und Motive im
Renaissancecharakter zu finden, alles aber primitiv und ohne
organischen Zusammenhang. Dasselbe gilt von einigen Blät-
tern des Marienlebens. Welch ein Schritt von hier zu dcr
eleganten Renaissance-Umrahmung auf einer anderen be-
rühmten Zeichnung der Albertina, der Auferstehnng von 1510!
Und die Architektur des fraglichen Bildes ist offenbar noch
entwickelter als die dortige."

„Daß jenes fragliche Gemälde von der Gegenseite des
Stiches ist. scheint darzuthnn, daß der Nachabmcr gar nicht
einmal das Original vor Augen hatte, sondern eine der
zahlreichcn gegenseitigen Kopien. Das würde die Ver-
gröberung iii den Köpfen bei dem sonst geschicktcn und sorg-
fältig behandclten Werke erklärlicher machen. Schließlich
scheiiit die Stadlansicht im Hintergrnnde von der Architektnr
deutscher Städte, wie wir sie bei Dürer finden, völlig ver-
schieden. Jst jener Thurm nicht ein niederländischer Beffroi?
Das könnte einen Hinweis auf das Lokal der Enlstehung
bieten." Alfred Woltmaun.

Schließlich geben wir nnn auch Hrn. Lippmann zur

Bertheidigung seines Standpunktes noch einmal das Wort.

Derselbe schreibt uns:

„Auf die Duplik des Hrn. vr. Woltmann eines

Längeren ;n antwortcn, halte ich aus dem Grunde für über-
flüssig, weil es mir den kunstwissenschafllichen Forderungen der
heutigen Zeit gegenübcr iinthunlich erschcint, über die Ürheber-
schaft cines Bildes bloß nach einer Abbildung oder Photo-
graphie zu urtheilen, und weil ich der lleberzcugnng bin, daß
mein Streit mit einem Gegner, dem nur diese zu Gebote
stehen, ein resnltatloser bleiben wird. Die von mir fllr die
Echtheit der Artaria'schcn Madonna angeführten innercn
Grllnde findet Hr. Or. Woltmann unzureichend, muß jedoch
gleichzeitig gestehen, daß cr über Farbe und Pinselführung,
also über das, was man Qualität eines Bildes nennt, nicht
in der Lagc ist zn nrtheilen; andere inncrc Gründe aber keniie
ich nicht. Daß die Physiognomie der Madonna auf dem Bildc
eine andere ist als auf dem Stiche, kann bei Dürer nicht
auffallen; unter dcn vielen Madonnen, die er schuf, dürften
kaum zwei von völlig übereinstimmendem Typus zu sindcn
scin. Dcr Kopf des Kindes ist allcrdings ungewöhnlich häßlich,
aber es ist dics die Schuld spätercr Retouchen, wovon man
sich bei Betrachtnng des Bildes leicht überzeugl und was ich
auch in meinem Artikel ausdrücklich erwähnte. Der Ansicht,
daß das Ganze, weil cs sich zu dem Stiche gegcnscitig ver-
hält, gar nach einer Kopie des Stiches gemacht sei, glaubc
ich nicht erst cntgegentreten zu müssen, dciebcn die künsticrische
Behandlung des Ärtaria'schen Bildes so hoch Lber allen
Kopien des Stichcs steht, daß man diese billiger Wcise gar nicht
hcranziehen kann. Wenn der Thnrm im Hintergrunde Aehii
lichkeit mit einem niederländischen Bcfsroi hat, so läßt sich
daraus wohl nicht mehr solgern, als daß Dürcr derartigc
Gebäude irgendwo gesehen haben mochte. Mit einigem Erfolg
hätte Hr. 1)r. Woltmann mcines Erachtens nur meine
Datirnng des Bildes angreifen können. Von der Behandlung
der Renaissaneeformen, wie sic anf unsercm Bildc vorliegt, ist
übrigens noch ein gar weitcr Weg bis zu den Arbeiteii von
>515 oder 1517, und daß einc so ansgebildcte Renaissancc bei
Dürcr uni 1500 vorkommen kann, ivird fllr allc diejenigen
nicht zweifelhaft sein, welche die Nothwendigkeit dcr Annahme
einer Bekanntschaft Dürer's mit italienischer Kunst auch schon
vor seiner Neise im Jahre 1506 anerkcnnen."

Wien, 30. Juni. Fr. Lippmann.

Wir sehen hicrmit die Disknssiou über dicsen Gegenstand
für geschlossen an.

Hcransgeber und Redaktion der Zeitschr. f. b. K.

Berichtigungen.

Das in voriger Nummer erwähnte Damenporträt von Eduard
Magnus ist nicht, wie irrthümlich augegeden, in ganzer Fignr, sondern
ein Kniestück. — In der 5. Zeile v. n. in derselben Notiz ist „etwas"
hinter „noch" zu stellen.

I n s e r a t e.

Permanente Ansstellnng



s>6is iZachse's permanente Gemälde-
Äusllellnng in Gerlin.

Amneldiingen habcn beim unterzeichneten Borstande zn erfolgen. Ankäufe ge-
schehen Seitens des VereiuS, so wie solche von Privatcn vcrmittelt werden. Die
Kostcn der Zu- und Nückscndungen von Kunstwerken trägt der Verein.

Dcr Vorstand des Aussteünngs-Ausschusses.

üölner Gemälde- L Lnnst-Änrlioii n. 2l) Inli ll!tiü. s,62s

D e iii ü I k> r, A n n st s:i i!s e n

iiixt Kiijs»1« i k-:l i<1i< -

!M8 <1em Hnolllasse llss Ilorill I'i-<)t'68^<>r I.ntl. lH-irlinll, Oer llrnn Zlnsor
I rni lien, vsrwittw. I'. I.rvrn, u. Lnck. 1. III. Nkberlk (8. I-kiiipkrtr.)

Nr. 20 der Kunst-Chronik wird Freitag dcn 31. Iuli aus-
gcgcben.

Ncn ansgcstellt: E. Sticgel (Cassel):
Ans. v. Marburg in Knrhessen. —
H. Lossow (Münchcn): Borrede zn
Heine's „Buch der Lieder". — Fran-
yois Biard (Fontainebleau): 18 Ge
mäldc „die Reise um die Well". — Prof.
Döpler (Weimar); l. Winterland-
schaft ans dem XVII. Jahrhundert mit
Staffaae. 2. dcsgl. — Hermann Schnei
der lMünchcn): Die letztcn Stnndcn
der Maria Josephine von Burgnnd,
Mutter Ludwigs XVI. — Emil Funl
(Königsberg in Pr.): Mütterliche Er-
mahnung. — Charles Hoguet: Land-
schaft mit Mühlc. — Dietrich Langko
(München): Waldpartie. — I. W. Schi r-
mer (todt): Mondscheinlandschaft. — A.
Weber (Düsseldors) Landschaft. — Carl
Nottmann (todt): Ansicht v. Palermo
mit dein Monte Pellcqrino.

s,63)

Berantwortlichcr Redaktenr: Ernst Ärthur Zecmann in Leipzig. — Drnck von C. Grnmbach in Leipzig.
 
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