Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0171

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
170

als Gefängniß gedient haben muß. Der Thurm an der
Via Vacchereccia, welcher gerade jetzt abgetragen wird, ist
der einzig noch übrige Theil von den Gebäuden der Ma-
laspini, von denen er anch den Namen führte.

Der Pallast deö Signore Lavison wird, das Erdge-
schoß und die Zwischenstockwerke einbegrisfen, fünf Stock-
werke haben; den Unterban sollen rohbehanene Steine
bilden; die Spitzbogenfenster, neun in jedem Geschoß an
der Zahl, werden durch je ein Mittelsäulchen getheilt
werden, welches von ähnlicher Form ist, wie jene am
Or San Michele. Das Gesimö wird im Profil dem des
Pallastes Strozzi gleichen, aber, was übrigens wohl zu
wünschen ist, kühner modellirt sein. Znr Herstellung der
ganzen Fronte ist der harte Baustein aus dem Steinbruch
von Monte Ripalti bestimmt, der dunkel angestrichen
wird, um die Neuheit des Gebäudes zu verbergen. So
wird es nach seiner Vollendung alle Charakterzüge des
Florentiner Stils im dreizehnten und vierzehnten Jahr-
hundert tragen. Jedes Stockwerk soll fünfnndzwanzig
Zimmer enthalten, das Erdgesckoß aber zur Aufnahme
einer großen offentlichen Anstalt eingerichtet werden.

Außer dem Aukaufspreis der bisherigen Gebäude,
der 380,000 Franken betrug, wird Herr Lavison noch
etwa 500,000 Fr. für den Nenbau auszugeben haben.
— Jm städtischen Bauplan liegt ferner, daß auch die
diesem Pallaste seitlich gegenüberliegende und an dic Loggia
dei Lanzi stoßende Häuserreihe niedergerissen und an ihrcr
Stelle eine Straße direkt zum Arno herabgeführt werde.

Florenz, Mitte Zuli.

— nx. Vor wenigen Tagen ging die Kopie des Tizia-
nischen „Märtyrerthum Petri", welche die Verwaltung
der Galerien nnd Museen in Florenz der Stadt Venedig
zum Geschenk gemacht hat, dorthin ab. Diese Kopie des
Meisterwerkes Tizian's, dessen Verlust die Kunstwelt bitter
beklagt, ist von großem Werthe. Man verdankt sie Niccolo
Cassana. LangeZeit hindurch wurdesieinden gedruckten
Katalogen Livius Melius zugeschrieben, aber ein geschrie-
bener Katalog, den man kürzlich verglich, weist sie mit
weit mehr Wahrscheinlichkeit Cassana zu. Der letztere
umfaßt die der großherzoglicken Familie zugehörenden Ge-
mälde und Kunstgegenstände. Die Erwähnung der Kopie
von San Pietro Martire findet man Seite 226 des l 0.
Bandes. Dies ist ein Quartband mit einer sehr schönen
Handschrift des 17.Jahrhunderts, der zur ZeitCosmo'slll
angefertigt ward. Er enthält 361 bezifferte Sciten und
außerdem an 20 weiße Blätter. Sein Titel lautet:
Quadri de' Pitti e Galleria. — Bisher war diese Kopie
des Tizianiscken Gemäldes zuerst in dcr Akademie der
schönen Künste im Atelicr des Professors Bezzonico auf-
gerollt bewahrt, dann aufgespannt und in einer Vorhalle
vor der Schule des Aktzeichnens an die Wand gehängt
worden; später ließ die Direktion der Mnseen, als

sie ihren Werth bemerkt hatte, dieselbe nach den Uffizien
bringen, ohne sie jedoch dort aufzustellen, da in diesem
Museum keine Kopien geduldet werdeu.

Jn Folge des Unglücksfalls in Benedig, dnrch den das
Originalwerk Tizian's zu Grunde ging, bot die Direktion
der Mnseen nnd Galerien von Florenz diese für ausge-
zeichnet geltende Kopie zum Ersatz an, nnd die Stadt
Venedig beeilte fich, das Anerbieten anzuuehmen. Die
Kopie Cassana's ist auf neue Leinwand übertragen und
von HerrnEttore Franchi, einemsehr geschicktenBilder-
restaurateur des Museums, restaurirt worden. Man
glaubt, daß der ursprüngliche Nahmen des Tizianiscken
Gemäldes noch vorhanden ist, da dasselbe zur Zeit des
Brandes nicht im Rahmen war; es fragt sich nur, ob die
vou Florenz geschickte Kopie genau dieselben Maße hat,
wie das Original.

An den Präsidenten der Depntazione promotrice della
Facciata di Santa Maria del Fiore, wclche vor Kurzcm
die Ausführung des durch die Jury-Majorität gewählten
Projekts von de Fabris angeordnet hat, ist von den
Herren F. Sartiranna, Advotät Girolamo Checcacci,
Lotteringo della Stufa und Giuseppe Gasbarri ein Pro-
test gegen diesen nur mit einer Stimme Majorität ge-
faßten Beschluß gerichtet, und es scheint als wenu der
Plan, dem Dom eine dreigiebelige Fronte zu geben, am
Ende doch nicht zur Ausführung kommen wird. Hat sich
doch schon nnser Semper dagegen ausgesprochen! Auch
der Cavaliere P. Donna, ein in Knnstsachen erfahrencr,
in Florenz lebender Piemontese ist in ciner bereits in zweiter
Auflage erschienenen kleinen Schrift: „Oel Fistema tri-
Luspicknle psr lu b'neoiata cki 8. Nurig, ckel b'iore, nll'
illustre comm. 8mito Vuriii", mit aller Entschiedenheit
gegeu den dreigetheilten Giebel anfgetreteu und hat die
Gründe der Anhänger defselben überzeugend widerlegt.'

Zum Schlusse seines Werkchens deutet Donna eine
Jdee an, welche im vorurtheilsfreien Jtalien nicht
ohne Aussicht auf Verwirklichung ist, während sic in eng-
herziger denkenden Ländern gewiß als unchristlich und
mindestens unkirchlich in den Bann gethan würde. „Es
pflegten", sagt er dort, „die alten Väter und die ernstesten
Künstler das Christeuthnm als einen Gottesdienst des
Wahren, des Schönen und des Großen anzusehen, und,
von diesem Gedanken gelcitet, bemühten sie sich, in gewisser
Weise selbst die Weisen des heiduischen Alterthums
unter die Botmäßigkeit der allgemeinen Kirche zu bringen.
Und, um uns nicht vom Dom zu Florenz zu entfernen, so
sinden wir auf den Fayaden des Glockenthurms neben
den Bildern der Heiligen auch eineu Phidias, Apelles,
Plato, Aristoteles, Ptolcmäus nud Euklides ansgehaueu.
Aehnliches finden wir in einem dcr Fresken der großcn
Kapelle der Spanier. Nun frage ich, warum könnten
nicht auch die Gestalten eines Dante, Michelangelo, Ga-
lilco, Guido Monaco, Cristoforo Cvlombo, Pamfilo
 
Annotationen