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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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206

ohl über die Stadt als wcit in's Land hinans einer
herrlichen Aussicht sich crfreut. Jn dcn Thälern zwischen
dcn Hügelwcllen zichen sich die Gassen der Begräbniß-
plätze nnd Mansolecn hin. So arbeiten hier Knnst nnd
Natnr gemeinsam daran, die Schreckcn dcs Todes zn
mildern.

Bon dem nenen Militärspital, welches eine in der
Nähc dcs Kirchhofs gclcgenc Hochflächc cinnimmt, ist nicht
so Nühmliches zu melken. Die Nnterbrechnng derBackstein-
Architektur durch weiß verputzte Füllungen benimmt dem
ohnehin ctwas kleinlich gedachten Ganzen jedwede Nuhe
nnd Monnmcntalität. Ein frühcrcs Werk dcsselben Archi-
tckten, dcs Militärbaumeistcrs Wachenhnscn, dic den
Ostorfer Berg bekrönendc Artilleriekascrne, ist in dieser
Beziehung entschieden gclungener, wenngleich anch bci
ihr schon hie nnd da eine gewisse Unrnhc nnd cin Haschen
nach malcrischen Effekten in dcr Anordnung sich störcnd
bemerkbar machen.

Jn Snmnia vcrdiencn jedoch diesc sämmtlich im 9koh-
ziegelban ausgeführten Werke schon wegen dcr Gediegen-
hcit dcs in ihnen zu Tage tretcuden Strebens und dcr
tüchtigen Handhabung der Tcchnik dic Anerkennnng der
Kunstfreunde.

Todcsnachricht.

Johann Martin von Rohdcn, gebürtig aus Kasscl, eincr
der ältcsten Veteranen der deutschen Kunstwelt, dein um Joseph
Anton Koch zu Anfang dieses Jahrhunderts gruppirlen Künstler-
kreise angchörend, starb am 9. Septcniber in Rom im 91.
Lebensjahre.

Vcrmischtc ümislliachnchtcii.

-h- Bcrlin. Mcinem Versprcchcn gcmäß koinme ich hente
in der Kürze auf die Sgraffito-Arbeiten zn sprechen, die der junge
Max Lohdc hier vollcndet hat, bevvr cr scinc Sludienrcise
nach Jtalicn angetrctcn. Jn dcin Park dcs Kricgsniinisteriuins
ist cine neue Reitbahn crbaut, und in derselben sind die bei-
den Giebeldreiecke mit Sgrasfiten geschmückt. Für dic Bc-
stimmung deS Gebäudes pässend sind die Vorwürfe gewählt,
dem Eingange gegcnüber der Kampf der Kentanreii und
Lapithcn bei dcr Hochzcit dcs Pcirithoos, auf der
anderen Scite ein Pferdcrcuncn zu Olympia. Dort
lobt der Kampf mit all' dcm Grimm, dcn dcr Mcister
des phigalischen Frieses in einigen seiner Motive so wild ge-
waltig wiedergegeben hat. Mit großem Geschick fügt sich
dic Komposition unter dre ansteigende Begränzungslinic des
Giebels nnd kulminirt in der Mitte, wo die Braut von cinem
Kentauren entführt wird. Die Bewegungen sind kühn, aber
auch etwas gewaltsam. Ein Fortschritt gegcn die geistig frei-
lich höber stehendcn Bilder aus dcm lroischen Sagenkrcise ini
Treppenhanse des Sophiengymnasiums zeigt sich in der streng
retiefartigen Anordnung der Figurcn und Gruppcn, die cinc
Bertheilung in mchrcrc Plänc nach dcr Ticfe hin sorgsam
vermeidet, da cine solche bei dieserTechnik, ohne die Möglich-
keit, das Zurückweichendc abzutönen, immer bedenklich und ge-
wagt bleibt. Jn dcm zweiten Gicbel ist die Ankunft der Rcnner
am Ziele dargestellt, wo der Kranz den Sieger crwartet.
Sein bei der schnellcn Parade aufsteigendes Pferd bildet das
Eeiilrum der Komposition, dcrcn beidc Seiten, hicr verschiedcn
beweglc Zuschancr, dort dic znm Theil gcstürzlcn Pfcrdc dcr
im Laus Ueberholten, zwar gutc Gruppen machen, aber sich
nicht gcnügend cntsprechen. Jnteressaut ist es zn sehen, wie
die gcdicgcne Färbung der Sgraffiiokalkschichtcn dcn Be-
mühungen dcr Tüncherquastc Hohn spricht. Max Lohde ar-
beitet bekanntlich seine Sgraffiten nach eigener Methode, und

statt schwarzcr Unterlage nnd weißer Dccknng wendet cr
Eisenoxyde zur Färbung dcs Kalkes an, dnrch dic die nntere
Schicht warm rostbrann, die obcre hcll röthlich gelb wird.
Bciläufig bat Lohde allc Hauptfarben für seinen Sgraffito-
kalk dargestellt. Dnnllc Tünche der niitercn Waiidflächen
gestattete nun die Rücksicht auf die nothwendige Helligkeit des
Raumes nicht, und die hellen Farben, die man nach vielen
Proben gewählt hat, nehmen sich neben den Sgraffiten so
ärmlich auS, daß dic Gesanimtwirknng dcS Jnnenraumes
nichts weniger als glücklich und befriedigend ist. Dagegen ist
die Harmonie ganz überraschend bei dem zuletzt ausgeführten
Wcrkc Lohde's, cincm Fries an dcr Fa^ade dcs hiesigen
Sophicngymnasinins. Das Hans ist, wic jctzt alle
städtischcu Gebäude hierorts, im Backsteinrohbau errichtet,
und niit dcni kräftigen Ton der gebrannten Stcine gehcn die
Sgraffiten trefflich znsanimen. Leidcr kann dcm Fricsc sclbst
kcin allzuhohes Lob gespendet werden. Er stellt die Gymnasial-
bisciplinen in weiblichcn Figurcn dar, die in Arabcsken endigen,
und dencn imincr je zwci Schüler unter der Leitung von zwei
gleichfalls halb zur Arabeske gewordenen Adepten oder wenn
man will Lehrern zugctban sind. Jn der JKitte dcs Hanpt-
streifens sieht man die Rcligion, zu beiden Seiten die Erd-
und Himmelsknnde nnd die Geschichte, weiter die Mathematik
nnd Logik; und an eincm Risalit über dem Thorwege ans
einem kürzeren Streisen in etwas reicherer Komposition als
sechste Figur die Knnst. Daß die Sprachwissenschast fehlt,
ist cin nm so größerer Mangel, als sie gcradc die Achse des
gcsammtcn Gyninasialuntcrrichtcs bildct, dem Worte Niickcrt's
gcmäß, das dcr Kllnstlcr nicht hätte überhören sollcn: Sprach-
knnde, licber Sohn, ist Grundlag' allcm Wisscn! Das vicle
Hincliigeheimnissen in dic Figuren ohne eigentliche Handlung
und cinen lebendigen Vorgang ist der Komposilion ofsenbar
nicht bekommcn. Doch macht sich dcr Frics in dekorativer
Hinsicht ganz stattlich und gcrcicht dcm Gcbäude schr zur Zierde.
— Jm Allgeiiicineil kommt man bcim Ucberblicken der für
solchc Jugend in cincr sclbstgcschaffcnen Technik jedenfalls
stauncnswcrthcnLcistnngcn Lohdc's (vonDeckengcmäldcndcsselbcu
in Wachsfarbcn in dcm ncn cingcrichtetcn „gricchischen" Saalc
cines nnscrer elcgantcsten NestaurantS, von Hiller nnter den
Linden, habe ich noch gar nicht gesprochen, und ebcn so wenig
von den Fayadenverzieriiligen, die nach seinen Kartons der
geschicktc Malcr und Litbograph Karl Becker vor ganz kurzem
än dcr Univcrsität zu Nostock auSgeführt hat, und doch gc-
börcn dicse Werkc ncbst dem großcn Karton und dcr Farbcn-
skizze zu einem nmfangrcichen Altarbildc, Christus nnd Thvnias,
das er iinmittelbar nach scincr Hcimkehr nk sresoo ausführen
wird. zu dcm Gesammtbilde angestrengter nnd fruchtbarer
scköpferischer Tbätigkeit dcS jctzt dreinndzwanzigjäbrigcn Künst-
lcrs) zu dem Resnltat, daß eS für ihn schr hcilsam ist, ans
dicser Thätigkeit heransgcrisscn worden zu scin. Er cntgcht
dadurch, hoffcntlicki gründlich und für immcr, dcr ihm droheu-
dcn Gefahr, in Manicr zu vcrfallcn, und zwar in dic allcr-
bcdenklichste dcr Manicrcn, die der angewöhntcn Großhcit.
Dcr crstc frische Wnrf in dcn Treppcnhausbilderii ist originell,
ansprechcnd, bcdcntcnd. Was dem gefolgt ist, steht nicht auf
dcrselbcn Höhe, obglcich cS sich Mühc giebt, sv zu erscheincn.
Nach ciner crquickcndcn Pansc des Schaffcns, währcnd dcrcn
tansend verschicdcnc bcgcistcrndc Eindrückc auf ihn wirken,
wird sein Talent ihn hvffenllich in frciere, noch höhere Bahnen
führcn.

-s- Dcr knnstlcrischc Nnchlasi des Bnnincistcrs B.
Kolschcr ist längere Zeit in den Näumcn des lwährend dcssen
nnentgeltlich gcöffnctcn) deutschcn Gewcrbcmuseiims zu Berlin
ausgestellt gcwcsen, und die Freunde der Kunst und des Ver-
storbenenhabcn mitJnterrcssc, aber anch mit erncucrtcm Schmerz
über den unvcrhofften herben Berlust dieser riistigen Kllnstler-
kraft, Kenntniß von dem reichen Jnhalt seiner Studienmappc
nnd von dcr Fülle und Schönhcit sciner architeklonischcii
und besonders seiner knnstgewerblichcn Entwürfe genomnieli.
Es war davon die Rede, wenigstens diese letztereu für das
Gcwerbemuseum zn erwerben, für dessen Zwecke sie allerdings
sehr geeignet wärcn. — Kolscher ist auch in die Berliner
Dombankoiikurrcii; cingetrctcn. Freilich ist sein Entwnrf, bei
dcssen Ausarbeitnng ihn der jähe Tod überraschte, nnvoll-
endct und beinahe noch Skizze. Doch läßt er dentlich die
Absicht und Jdee dcs Künstler« selbst bis in dcn Charakter
der rcichen und kräftig farbigen Ornamentik hinein crkenncii,
und cr wird von Urtheilsfähigen nnter die sechs bis sieben
ausgezcichnetsten unter dcn cingegangenen Projckten gcrechnet.
 
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