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Nekrologe. — Kunstvereine. — Sammlungen und Ausstellungen.
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Bereicherungen hat aber die Sammlung leider auch Verluste
zu verzeichnen. Vieles, was in alten Jnventarien (von
den Jahren 1598 und 1626) angeführt wird, ist spur-
los verschwunden. Jm Jahre 1779 endlich wurden
auf Anordnung der Hofkommission viele Sachen, „die
Alters halber nicht mehr brauchbar waren", einge-
schmolzen!
Nachdem uns der Verfasser orographisch mit den
Räumlichkeiten der Schatzkammer bekannt gcmacht hat,
gelangt er zur Katalogisirung der Sammlung. Auch
hier versteht er es, das Jntereffe an der Aufzählung
der einzelnen Nummern dadurch zu erhöhen, daß er bei
den einzelnen Schreinen in kurzen Einleitungen auf das
Wichtigste aufmerksam macht und durch sachmäßige Er-
läuterungen über Email, Edelsteine und Goldschmiede-
kunst auf die Verbreilung dieser Kenntniffe bei dem
größeren Publiküm hinarbeitet, was gewiß von jedem
Laien nur mit Befriedigung aufgcnommen werden
wird.
Aus den Jnhalt des Kataloges näher einzugehcn,
erlaubt uns bei der Reichhalügkeit des Materials der
Raum dieser Blätter nicht. Wir wollen nur noch be-
merken, daß die Beschreibung und Besprechung der ein-
zelnen Gegenstände sich durchweg auf wisienschaftlicher
Höhe hält und der Forschung ein reiches schätzbares
Material zusührt. I. E. Wessely.
Nekrologe.
8. AdolfSeubert, derHerausgeber des in dissen Blättern
mehrfach eingehend besprochenen „Allgemeinen Künstler-
Lexikons", ist am 5. Februar 1880 an einem langwierigen
Unterleibsleiden in Cannstatt gestorben. Er war den 9. JÜni
1819 in Stuttgart geboren und widmete sich der militärischen
Laufbahn. Von 1864 bis 67 war er Abtheilungschef und
Referent im Kriegsministerium und 1866 wirkte er im Main-
feldzug als Chef des innern Dienstes der Württembergischen
Division. Als Oberst und Regimentskommandeur im Ulni
wurde er Ende Juli 1870 dazu berufen, mit einem Detache-
ment von 2300 Mann den Schwarzwald vor einem Einsall der
Franzosen zu sichern. Später deckte er mit einer Abtheilung
die Etappenlinien der 3. Armee bis Melun Nach dem
Kriege stand er wieder in Ulm, bis er 1873 seinen Abschied
nahm. Seitdem lebte er in Cannstatt, ausschließlich mit
literarischen Arbeiten beschäftigt. Auf längeren Urlaubs-
reisen hatte Seubert viele sremde Länder besucht und da-
durch sein vielseitiges Wissen und seinen Kunstsinn wesentlich
bereichert. So war er 1840 in den Niederlanden, 1846 in
Jtalien, 1852 in Algier, Spanien und Portugal. Außer
verschiedenen militärischen Fachschriften gab er auch einige
dramatische Werke heraus. Jn den „Sternen Schwabens"
(1855) besang er in zweihundert Sonetten dis berühmtesten
Männer seiner Heimat. Ein seltenes Sprachgenie, beherrschte
er zehn fremde'Sprachen so weit, um theils metrische theils
prosaische Uebersetzungen daraus zu liefern. So hat er
u. A. Byron's sämmtliche Werke und Puschkin's Dichtungen
verdeutscht. Das rege Jnteresse, welches er an küustlerischen
Dingen nahm, führte ihn zu eisrigen Studien in der Kunst-
geschichte, die er bereits bei der Entstehung des Müller'schen
Künstlerlexikons zu verwerthen Gelegenheit fand. Die Bear-
beitung der jüngst erst vollendeten zweiten Auflage konnte
von der Derlagshandlung in keine geschickteren Hände gelegt
werden, als in'die seinen. Ein praktischer und gewissenhafter
Arbeiter,haterdasnützlicheNachschlagebuch in verhältnißmäßig
kurzer Zeit für den Druck vollendet.
K. v. Gaming ch. Am 29. Januar starb zu Nürn
berg in dem hohen Alter von 86 Jahren der als Numis-
matiker uud Sammler, (in den letzten Zahren auch Händler)
von Alterthümern aller Art in weiten Kreisen bekannte
Oberst a. D. Karl v. Gaming. Er besaß eine sehr um-
fassende und wohlbegründete Kenntniß insbesondere auf den
Gebieten der Münz- und Medaillenkunde und üer Geschichte
Nürnbergs und hatte bei seinem bewunderungswürdigen
Gedächtniß sein reiches Wissen stets zur Verfügung. Dabei
war er im höchsten Grade gesällig und stets bereit, wissenschaft-
liche und künstlerische Bestrebungen jeder Art zu unterstützen.
Er war bis in seine letzten Tage körperlich und geistig sehr
rüstig. Sein Tod ist für Nürnberg ein schwerer Verlust.
(Einen ausführlichen, nuf eigenen Mittheilungen des Ver-
storbenen beruhenden Nekrolog enthält der Nürnberger
„Korrespondent" vom Anfang Februnr).
Aunstvereine.
-n. Der Iahresbcricht des Barmer Kunstvercins für 1879
widmet dem voriges Jahr verstorbenen Norstandsmitgliede
Franz Ko enen, einem der eifrigsten Förderer des Vereins,
dem auch diese Blätter manche Mittheilung verdanken, einen
warmen Nachruf. Die Ausstellung des Vereins war von
249 Künstlern mit 407 Kunstwerken Leschickt, von denen 18
im Betrage von 13,820 Mark an Private und 17 im Betrage
von 5960 Mark für die Verloosung, endlich ein Porträt des
Kaisers und des Kronprinzen von Deutschland, gemalt von
Carl Wagner in Düsseldorf, im Preise von 5000 Mk. für
die Vereinssammlung erworben wurde.
5ammlungen und Ausstellungen.
II Oestcireichischer Kunstvcrein. Die dritte Ausstellung
der diesjährigen Saison (zugleich die 300. des Vereines)
war an neuen Bildern ziemlich reichhaltig und brachte neben
anderem Sehenswerthen auch zwei Gemttlde von dem in
Paris lebenden böhmischen Maler V. Brozik. Das eine
derselben, „Der pttpstliche Hof zu Avignon 1327", vas Zu-
fammentrefsen Kaiser Karl's IV. mit Petrarca und Laura
schildernd, zeigt uns ein Prunkgemach mit dem Ausblick in
einen Kreuzgang, aus dem der jugendliche Kaiser soeben mit
seinem Gefolge eingetreten. Er nähert sich grüßend dein
Dichter und seiner vielbesungenen Geliebten; der Papst steht,
wahrscheinlich als Vorsteller, zwischen den Genannten; den
rechten Vordergrund nehmen glanzvolle Gruppen höfischch
Gesellschaft ein. So schön die einzelnen Figuren in fein
realistischer Art gemalt und namentlich die Köpfe in scharser
Charakteristik durchgebildet sind, ist es dem Künstler doch
nicht gelungen, denselben für die gegeüseitiqen Beziehungen
der Gestalten interessante Pointen abzugewiiinen. Es sieht
Alles recht kalt und theilnahmslos drein, uud dies fällt bc-
greiflicher Weise bei den vier Hauptgestalten in der Mitte
des Bildes am schwersten in's Gewicht. Jhre viel zu selst'
auf den Beschauer berechnete Position und die erwartungs-
volle Ruhe rufen den Eindruck hervor, als besänden sie sia)
auf der Bühne und warteten nur das Prüludium ah, uin
dann sofort das Quartett zu beginnen. Unbestritten vor-
züglich ist jedoch der koloristische Theil. Gemalt ist das Bilb
mit einer Kraft und Eleganz in der Pinselführung, wie scho»
lange im Schönbrunner-Hause nichts gesehen wurde. N»'
mentlich ist das Gerttth und Stoffwerk, welches mit wahr'
haft Makart'scher Verschwendung über das ganze Gemälvs
ausgestreut ist, mit großer Virtuosität behandelt. D»o
zweite Bild Brozik's: „Die Vorstellung des Sängers",
in der Scenerie eigentlich eine Art Wiederholung des erst>
genannten und theilt mit diesem auch dessen Vorzüge, >»
geringerem Grade die Mängel. — Eine Schlachtskizze »o»
Matejko „König Ladislaus von Polen greift mit seiiu'»
Armee die Türken an tbei Varna, 1444)" ist genial hings'
schrieben und fesselt trotz der schrillen Farbentöne durch
Gewalt der Komposition. Was könnte erst aus diesem Bilvo
werden, wenn der Künstler die Luftperspektive beherrschtoE
Nicht serne davon finden wir das große Gemälde vo»
F. W. Heine, welcheS der Stadtrath von Dresden zur Er-
innerung an „die feierliche Begrüßung deS KronpriuK»
Albert von Sachscn als Feldmnrschall und Oberbefehlshabci
der Maasarmee an der Spitze der sächsischen Truppen »»'
Nekrologe. — Kunstvereine. — Sammlungen und Ausstellungen.
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Bereicherungen hat aber die Sammlung leider auch Verluste
zu verzeichnen. Vieles, was in alten Jnventarien (von
den Jahren 1598 und 1626) angeführt wird, ist spur-
los verschwunden. Jm Jahre 1779 endlich wurden
auf Anordnung der Hofkommission viele Sachen, „die
Alters halber nicht mehr brauchbar waren", einge-
schmolzen!
Nachdem uns der Verfasser orographisch mit den
Räumlichkeiten der Schatzkammer bekannt gcmacht hat,
gelangt er zur Katalogisirung der Sammlung. Auch
hier versteht er es, das Jntereffe an der Aufzählung
der einzelnen Nummern dadurch zu erhöhen, daß er bei
den einzelnen Schreinen in kurzen Einleitungen auf das
Wichtigste aufmerksam macht und durch sachmäßige Er-
läuterungen über Email, Edelsteine und Goldschmiede-
kunst auf die Verbreilung dieser Kenntniffe bei dem
größeren Publiküm hinarbeitet, was gewiß von jedem
Laien nur mit Befriedigung aufgcnommen werden
wird.
Aus den Jnhalt des Kataloges näher einzugehcn,
erlaubt uns bei der Reichhalügkeit des Materials der
Raum dieser Blätter nicht. Wir wollen nur noch be-
merken, daß die Beschreibung und Besprechung der ein-
zelnen Gegenstände sich durchweg auf wisienschaftlicher
Höhe hält und der Forschung ein reiches schätzbares
Material zusührt. I. E. Wessely.
Nekrologe.
8. AdolfSeubert, derHerausgeber des in dissen Blättern
mehrfach eingehend besprochenen „Allgemeinen Künstler-
Lexikons", ist am 5. Februar 1880 an einem langwierigen
Unterleibsleiden in Cannstatt gestorben. Er war den 9. JÜni
1819 in Stuttgart geboren und widmete sich der militärischen
Laufbahn. Von 1864 bis 67 war er Abtheilungschef und
Referent im Kriegsministerium und 1866 wirkte er im Main-
feldzug als Chef des innern Dienstes der Württembergischen
Division. Als Oberst und Regimentskommandeur im Ulni
wurde er Ende Juli 1870 dazu berufen, mit einem Detache-
ment von 2300 Mann den Schwarzwald vor einem Einsall der
Franzosen zu sichern. Später deckte er mit einer Abtheilung
die Etappenlinien der 3. Armee bis Melun Nach dem
Kriege stand er wieder in Ulm, bis er 1873 seinen Abschied
nahm. Seitdem lebte er in Cannstatt, ausschließlich mit
literarischen Arbeiten beschäftigt. Auf längeren Urlaubs-
reisen hatte Seubert viele sremde Länder besucht und da-
durch sein vielseitiges Wissen und seinen Kunstsinn wesentlich
bereichert. So war er 1840 in den Niederlanden, 1846 in
Jtalien, 1852 in Algier, Spanien und Portugal. Außer
verschiedenen militärischen Fachschriften gab er auch einige
dramatische Werke heraus. Jn den „Sternen Schwabens"
(1855) besang er in zweihundert Sonetten dis berühmtesten
Männer seiner Heimat. Ein seltenes Sprachgenie, beherrschte
er zehn fremde'Sprachen so weit, um theils metrische theils
prosaische Uebersetzungen daraus zu liefern. So hat er
u. A. Byron's sämmtliche Werke und Puschkin's Dichtungen
verdeutscht. Das rege Jnteresse, welches er an küustlerischen
Dingen nahm, führte ihn zu eisrigen Studien in der Kunst-
geschichte, die er bereits bei der Entstehung des Müller'schen
Künstlerlexikons zu verwerthen Gelegenheit fand. Die Bear-
beitung der jüngst erst vollendeten zweiten Auflage konnte
von der Derlagshandlung in keine geschickteren Hände gelegt
werden, als in'die seinen. Ein praktischer und gewissenhafter
Arbeiter,haterdasnützlicheNachschlagebuch in verhältnißmäßig
kurzer Zeit für den Druck vollendet.
K. v. Gaming ch. Am 29. Januar starb zu Nürn
berg in dem hohen Alter von 86 Jahren der als Numis-
matiker uud Sammler, (in den letzten Zahren auch Händler)
von Alterthümern aller Art in weiten Kreisen bekannte
Oberst a. D. Karl v. Gaming. Er besaß eine sehr um-
fassende und wohlbegründete Kenntniß insbesondere auf den
Gebieten der Münz- und Medaillenkunde und üer Geschichte
Nürnbergs und hatte bei seinem bewunderungswürdigen
Gedächtniß sein reiches Wissen stets zur Verfügung. Dabei
war er im höchsten Grade gesällig und stets bereit, wissenschaft-
liche und künstlerische Bestrebungen jeder Art zu unterstützen.
Er war bis in seine letzten Tage körperlich und geistig sehr
rüstig. Sein Tod ist für Nürnberg ein schwerer Verlust.
(Einen ausführlichen, nuf eigenen Mittheilungen des Ver-
storbenen beruhenden Nekrolog enthält der Nürnberger
„Korrespondent" vom Anfang Februnr).
Aunstvereine.
-n. Der Iahresbcricht des Barmer Kunstvercins für 1879
widmet dem voriges Jahr verstorbenen Norstandsmitgliede
Franz Ko enen, einem der eifrigsten Förderer des Vereins,
dem auch diese Blätter manche Mittheilung verdanken, einen
warmen Nachruf. Die Ausstellung des Vereins war von
249 Künstlern mit 407 Kunstwerken Leschickt, von denen 18
im Betrage von 13,820 Mark an Private und 17 im Betrage
von 5960 Mark für die Verloosung, endlich ein Porträt des
Kaisers und des Kronprinzen von Deutschland, gemalt von
Carl Wagner in Düsseldorf, im Preise von 5000 Mk. für
die Vereinssammlung erworben wurde.
5ammlungen und Ausstellungen.
II Oestcireichischer Kunstvcrein. Die dritte Ausstellung
der diesjährigen Saison (zugleich die 300. des Vereines)
war an neuen Bildern ziemlich reichhaltig und brachte neben
anderem Sehenswerthen auch zwei Gemttlde von dem in
Paris lebenden böhmischen Maler V. Brozik. Das eine
derselben, „Der pttpstliche Hof zu Avignon 1327", vas Zu-
fammentrefsen Kaiser Karl's IV. mit Petrarca und Laura
schildernd, zeigt uns ein Prunkgemach mit dem Ausblick in
einen Kreuzgang, aus dem der jugendliche Kaiser soeben mit
seinem Gefolge eingetreten. Er nähert sich grüßend dein
Dichter und seiner vielbesungenen Geliebten; der Papst steht,
wahrscheinlich als Vorsteller, zwischen den Genannten; den
rechten Vordergrund nehmen glanzvolle Gruppen höfischch
Gesellschaft ein. So schön die einzelnen Figuren in fein
realistischer Art gemalt und namentlich die Köpfe in scharser
Charakteristik durchgebildet sind, ist es dem Künstler doch
nicht gelungen, denselben für die gegeüseitiqen Beziehungen
der Gestalten interessante Pointen abzugewiiinen. Es sieht
Alles recht kalt und theilnahmslos drein, uud dies fällt bc-
greiflicher Weise bei den vier Hauptgestalten in der Mitte
des Bildes am schwersten in's Gewicht. Jhre viel zu selst'
auf den Beschauer berechnete Position und die erwartungs-
volle Ruhe rufen den Eindruck hervor, als besänden sie sia)
auf der Bühne und warteten nur das Prüludium ah, uin
dann sofort das Quartett zu beginnen. Unbestritten vor-
züglich ist jedoch der koloristische Theil. Gemalt ist das Bilb
mit einer Kraft und Eleganz in der Pinselführung, wie scho»
lange im Schönbrunner-Hause nichts gesehen wurde. N»'
mentlich ist das Gerttth und Stoffwerk, welches mit wahr'
haft Makart'scher Verschwendung über das ganze Gemälvs
ausgestreut ist, mit großer Virtuosität behandelt. D»o
zweite Bild Brozik's: „Die Vorstellung des Sängers",
in der Scenerie eigentlich eine Art Wiederholung des erst>
genannten und theilt mit diesem auch dessen Vorzüge, >»
geringerem Grade die Mängel. — Eine Schlachtskizze »o»
Matejko „König Ladislaus von Polen greift mit seiiu'»
Armee die Türken an tbei Varna, 1444)" ist genial hings'
schrieben und fesselt trotz der schrillen Farbentöne durch
Gewalt der Komposition. Was könnte erst aus diesem Bilvo
werden, wenn der Künstler die Luftperspektive beherrschtoE
Nicht serne davon finden wir das große Gemälde vo»
F. W. Heine, welcheS der Stadtrath von Dresden zur Er-
innerung an „die feierliche Begrüßung deS KronpriuK»
Albert von Sachscn als Feldmnrschall und Oberbefehlshabci
der Maasarmee an der Spitze der sächsischen Truppen »»'