487
Bücherschau. — Nekrologe.
488
Schreibung, die 165 Nummern enthielt. Aus diesem
kleinen Verzeichnis ist jetzt, nachdem die Samm-
lung in 14 großen Sälen vollständig eingerichtet
ist, ein stattlicher Band von 1164 Nummern gewor-
den. Er bildet den ersten Teil eines geplanten Ge-
samtkataloges und schließt sich insofern eng an das
frühere Verzeichnis an, als die Beschreibungen der
dort schon aufgeführten Stücke ebenso wie die ein-
leitende Übersicht über die Epochen der griechischen
Kunst in die Neubearbeitung übernommen sind und
auch die Anordnung des Materials in vier große
Abschnitte — Archäische Kunst, Bildwerke aus dem
5. und 4. Jahrhundert, Kunst der hellenistischen und
römischen Zeit, Grabreliefs — dieselbe geblieben ist.
Vielfach sind die früheren Angaben berichtigt und
erweitert, so in den ausführlichen Litteraturnach-
weisen und in den genauen, besonders dankens-
werten Angaben des Materials und der Fundorte
(z. B. zu Nr. 29 Aristionstele, Nr. 34, 37, 38 Dis-
kosträger, der nicht, wie bisher angenommen, aus
der Themistokleischen Mauer stammt, Nr. 48 etc.).
Für die Sorgfalt der Darstellung, deren Ausführ-
lichkeit wohl durch die berechtigte Rücksicht auf
die vielen nicht archäologisch vorgebildeten Be-
sucher veranlasst ist, möge die Behandlung der Epi-
daurosfunde (Nr. 136 bis 158) als Probe angeführt
werden. Es würde zu weit führen, hier auf alles
einzugehen, beiläufig sei nur auf die gewiss richtige
frühe Datirung (erste Hälfte des 4. Jahrhunderts)
des großen Grabreliefs des Aristonautes (dem aber
das dem 3. Jahrhundert zugewiesene Grabmal des
Prokleides gleichzeitig ist) hingewiesen und bemerkt,
dass in der Anmerkung zu Nr. 175 an der Echt-
heit des Plutosknaben aus der Eirenegruppe auf
Grund der Fundangaben festgehalten ist.
Mit dem Kataloge ist zum erstenmal der An-
fang einer gründlichen wissenschaftlichen Bearbei-
tung der griechischen Museen gemacht. Als solcher
ist er ein glänzendes Zeugnis für den Aufschwung,
den die archäologischen Bestrebungen seit dem
letzten Jahrzehnt in Griechenland genommen haben.
Aber um diese Leistung richtig zu würdigen, muss
man sich vor Augen halten, dass die größere Arbeit,
die Massen der alten Bestände der Sammlung in
Ordnung zu bringen, der Herstellung des Katalogs
vorangehen musste. Wie ergebnisreich diese Arbeit
auch im einzelnen für die Wissenschaft gewesen ist,
tritt an einem Beispiel wie dem großen Grabrelief
Nr. 833 besonders schlagend hervor, dessen einzelne
Bruchstücke bis 1885 unerkannt in verschiedenen
Räumen des Museums verstreut lagen und erst nach
und nach wieder zusammengefunden werden konn-
ten. Mit der glücklichen Herstellung dieses Reliefs
ist eins der hervorragendsten attischen Grabdenk-
mäler wiedergewonnen, das für die Kunstgeschichte
von um so größerer Bedeutung und für die Samm-
lung des Nationalmuseums um so wertvoller ist, als
es stilistisch zu dem Hauptstücke des Museums, den
neuen Funden von Lykosura, in unverkennbarer Be-
ziehung steht. FRANZ WINTER.
NEKROLOGE.
Leipzig. Der erst seit Ende 1891 an unserer Universität
thätige Nachfolger des verstorbenen Kunsthistorikers Pro-
fessor Springer, Direktor des kunsthistorischen Seminars und
ordentlicher Professor der Kunstgeschichte in der philoso-
phischen Fakultät unserer Universität, Dr. phil. Hubert Ja-
nitschek, ist nach längerer Krankheit, die ihn zu Anfang des
Jahres zwang, ein südliches Klima aufzusuchen, am 21. Juni
früh entschlafen. Professor Janitschek ist am 30. Oktober
184b' in Troppau geboren, hat von 1808—1873 in Graz studirt,
darauf bis 1877 in Italien zugebracht, um dort weitere Kunst-
studien zu machen, ward 1877 Kustos am österreichischen
Museum für Kunst und Industrie in Wien, ein Jahr darauf
auch Privatdozent an der dortigen Universität, siedelte 1870
als außerordentlicher Professor nach Prag, 1881 als ordent-
licher Professor nach Straßburg und 1892 nach Leipzig über.
Er übersetzte L. B. Alberti's Kleine kunsttheoretische Schrif-
ten, gab in Gemeinschaft mit anderen die Trierer Adahand-
schrift (1889) heraus und schrieb „Zwei Studien zur Ge-
schichte der karolingischen Malerei" (1885), „Geschichte der
deutschen Malerei" (1890, in Grote's ..Geschichte der deut-
schen Kunst") und „Dante's Kunstlehre und Giotti's Kunst"
(1892), redigirte seit 1880 auch das Stuttgarter „Repertorium
für Kunstwissenschaft". Auch seine Witwe Marie hat sich
schriftstellerisch durch eine Reihe von Dichtungen einen
Namen gemacht.
*** Der Landschaftsmaler Friedrich Wilhelm Winter-
feldt, der seine Motive vornehmlich den Ufern des Chiem-
sees und Bodensees entnommen hat, ist am 16. Juni zu
Düsseldorf im 63. Lebensjahre gestorben. Er war anfangs
Kavallerieoffizier gewesen und kam erst im Alter von 23
Jahren dazu, sich in Düsseldorf, vornehmlich unter Gude's
Leitung, der Kunst zu widmen.
© Der Illustrator Wilhelm Scholz, der bekannte Zeich-
ner des „Kladderadatsch", ist am 20. Juni im 70. Lebensjahre
in Berlin gestorben. Er war als Maler ein Schüler von Wilhelm
Wach gewesen, hatte aber frühzeitig die Malerei aufgegeben,
um sich ausschließlich der Zeichnung politischer Karikaturen
zu widmen, mit denen er über vierzig Jahre lang den „Klad-
deradatsch", zu dessen Begründern er gehört hat, versorgte.
Ein Teil dieser Zeichnungen ist in dem „Bismarck - Album
des Kladderadatsch" gesammelt worden, das kürzlich die
25. Auflage erlebt hat. Seine letzte Zeichnung war dem
Abschied des Fürsten Bismarck gewidmet, dessen Typus mit
den drei Haaren er geschaffen und populär gemacht hat
Seitdem zwang ihn ein schweres Leiden, seine Thätigkeit
als Zeichner aufzugeben. Nächst seinen Bismarckbildern
haben seine beißenden Karikaturen auf Napoleon III., der
selbst zu den Lesern des „Kladderadatsch" gehörte, die größ-
ten Erfolge gehabt.___
Bücherschau. — Nekrologe.
488
Schreibung, die 165 Nummern enthielt. Aus diesem
kleinen Verzeichnis ist jetzt, nachdem die Samm-
lung in 14 großen Sälen vollständig eingerichtet
ist, ein stattlicher Band von 1164 Nummern gewor-
den. Er bildet den ersten Teil eines geplanten Ge-
samtkataloges und schließt sich insofern eng an das
frühere Verzeichnis an, als die Beschreibungen der
dort schon aufgeführten Stücke ebenso wie die ein-
leitende Übersicht über die Epochen der griechischen
Kunst in die Neubearbeitung übernommen sind und
auch die Anordnung des Materials in vier große
Abschnitte — Archäische Kunst, Bildwerke aus dem
5. und 4. Jahrhundert, Kunst der hellenistischen und
römischen Zeit, Grabreliefs — dieselbe geblieben ist.
Vielfach sind die früheren Angaben berichtigt und
erweitert, so in den ausführlichen Litteraturnach-
weisen und in den genauen, besonders dankens-
werten Angaben des Materials und der Fundorte
(z. B. zu Nr. 29 Aristionstele, Nr. 34, 37, 38 Dis-
kosträger, der nicht, wie bisher angenommen, aus
der Themistokleischen Mauer stammt, Nr. 48 etc.).
Für die Sorgfalt der Darstellung, deren Ausführ-
lichkeit wohl durch die berechtigte Rücksicht auf
die vielen nicht archäologisch vorgebildeten Be-
sucher veranlasst ist, möge die Behandlung der Epi-
daurosfunde (Nr. 136 bis 158) als Probe angeführt
werden. Es würde zu weit führen, hier auf alles
einzugehen, beiläufig sei nur auf die gewiss richtige
frühe Datirung (erste Hälfte des 4. Jahrhunderts)
des großen Grabreliefs des Aristonautes (dem aber
das dem 3. Jahrhundert zugewiesene Grabmal des
Prokleides gleichzeitig ist) hingewiesen und bemerkt,
dass in der Anmerkung zu Nr. 175 an der Echt-
heit des Plutosknaben aus der Eirenegruppe auf
Grund der Fundangaben festgehalten ist.
Mit dem Kataloge ist zum erstenmal der An-
fang einer gründlichen wissenschaftlichen Bearbei-
tung der griechischen Museen gemacht. Als solcher
ist er ein glänzendes Zeugnis für den Aufschwung,
den die archäologischen Bestrebungen seit dem
letzten Jahrzehnt in Griechenland genommen haben.
Aber um diese Leistung richtig zu würdigen, muss
man sich vor Augen halten, dass die größere Arbeit,
die Massen der alten Bestände der Sammlung in
Ordnung zu bringen, der Herstellung des Katalogs
vorangehen musste. Wie ergebnisreich diese Arbeit
auch im einzelnen für die Wissenschaft gewesen ist,
tritt an einem Beispiel wie dem großen Grabrelief
Nr. 833 besonders schlagend hervor, dessen einzelne
Bruchstücke bis 1885 unerkannt in verschiedenen
Räumen des Museums verstreut lagen und erst nach
und nach wieder zusammengefunden werden konn-
ten. Mit der glücklichen Herstellung dieses Reliefs
ist eins der hervorragendsten attischen Grabdenk-
mäler wiedergewonnen, das für die Kunstgeschichte
von um so größerer Bedeutung und für die Samm-
lung des Nationalmuseums um so wertvoller ist, als
es stilistisch zu dem Hauptstücke des Museums, den
neuen Funden von Lykosura, in unverkennbarer Be-
ziehung steht. FRANZ WINTER.
NEKROLOGE.
Leipzig. Der erst seit Ende 1891 an unserer Universität
thätige Nachfolger des verstorbenen Kunsthistorikers Pro-
fessor Springer, Direktor des kunsthistorischen Seminars und
ordentlicher Professor der Kunstgeschichte in der philoso-
phischen Fakultät unserer Universität, Dr. phil. Hubert Ja-
nitschek, ist nach längerer Krankheit, die ihn zu Anfang des
Jahres zwang, ein südliches Klima aufzusuchen, am 21. Juni
früh entschlafen. Professor Janitschek ist am 30. Oktober
184b' in Troppau geboren, hat von 1808—1873 in Graz studirt,
darauf bis 1877 in Italien zugebracht, um dort weitere Kunst-
studien zu machen, ward 1877 Kustos am österreichischen
Museum für Kunst und Industrie in Wien, ein Jahr darauf
auch Privatdozent an der dortigen Universität, siedelte 1870
als außerordentlicher Professor nach Prag, 1881 als ordent-
licher Professor nach Straßburg und 1892 nach Leipzig über.
Er übersetzte L. B. Alberti's Kleine kunsttheoretische Schrif-
ten, gab in Gemeinschaft mit anderen die Trierer Adahand-
schrift (1889) heraus und schrieb „Zwei Studien zur Ge-
schichte der karolingischen Malerei" (1885), „Geschichte der
deutschen Malerei" (1890, in Grote's ..Geschichte der deut-
schen Kunst") und „Dante's Kunstlehre und Giotti's Kunst"
(1892), redigirte seit 1880 auch das Stuttgarter „Repertorium
für Kunstwissenschaft". Auch seine Witwe Marie hat sich
schriftstellerisch durch eine Reihe von Dichtungen einen
Namen gemacht.
*** Der Landschaftsmaler Friedrich Wilhelm Winter-
feldt, der seine Motive vornehmlich den Ufern des Chiem-
sees und Bodensees entnommen hat, ist am 16. Juni zu
Düsseldorf im 63. Lebensjahre gestorben. Er war anfangs
Kavallerieoffizier gewesen und kam erst im Alter von 23
Jahren dazu, sich in Düsseldorf, vornehmlich unter Gude's
Leitung, der Kunst zu widmen.
© Der Illustrator Wilhelm Scholz, der bekannte Zeich-
ner des „Kladderadatsch", ist am 20. Juni im 70. Lebensjahre
in Berlin gestorben. Er war als Maler ein Schüler von Wilhelm
Wach gewesen, hatte aber frühzeitig die Malerei aufgegeben,
um sich ausschließlich der Zeichnung politischer Karikaturen
zu widmen, mit denen er über vierzig Jahre lang den „Klad-
deradatsch", zu dessen Begründern er gehört hat, versorgte.
Ein Teil dieser Zeichnungen ist in dem „Bismarck - Album
des Kladderadatsch" gesammelt worden, das kürzlich die
25. Auflage erlebt hat. Seine letzte Zeichnung war dem
Abschied des Fürsten Bismarck gewidmet, dessen Typus mit
den drei Haaren er geschaffen und populär gemacht hat
Seitdem zwang ihn ein schweres Leiden, seine Thätigkeit
als Zeichner aufzugeben. Nächst seinen Bismarckbildern
haben seine beißenden Karikaturen auf Napoleon III., der
selbst zu den Lesern des „Kladderadatsch" gehörte, die größ-
ten Erfolge gehabt.___