Anter MMvtrkung des Megründers Ferdtnand Nvcnnrius bcrmisgegcben von
paul Lcknmann.
2. iNovember-Dett 1892.
Dritter Zabrgang.
Lrsch eint
monatlich zweimak
Westellgeld: 1 M. 60 pk. vierteljädrl.
2l n z e i g e n:
-so pf. f. d. -^gesp. Petitzeile.
Nundscbau
* Das Dönlgltcbe 'lkrunstgewerbe-
/Duseum 1n Werltn hat am gs.November sein
fünfundzwanzigjähriges Bestehen gefeiert. Da ver-
lohnt es sich wohl, so schreibt die Berliner post, die
Lntstehung und Lntwickelung der Anstalt zu verfolgen,
die aus den bescheidensten Anfängen emporwachsend
sich die angesehenste Stellung neben den französischen
und englischen Sammlungen gleicher Nichtung errungen
hat. Berlin war verhältnismäßig sxät in die kunstge-
werbliche Reformbewegung eingetreten. Zwar hatten
es schon Beuth und Schinkel in den zwanziger Zahren
an versuchen zur l^ebung des Runsthandwerks nicht
fehlen lassen. Aber ihre Bestrebungen waren, da ge-
nügende Unterstützung ausblieb, ohne nachhaltigen Er-
folg geblieben, die Lrgebnisse verkümmert. Uiehr und
mehr hatte sich die Runst vom ^andwerk losgesagt,
beim Abnehmer wie bei dem Arbeiter waren Geschmack
und verständnis für künstlerische Durchbildung, für die
vorzüge der Lsandarbeit verloren gegangen. Ulanche
edle Technik, die mehr dem Schmucke eines Gerätes,
als dem rein xraktischen Bedürfnisse gedient hatte,
war durch die mechanischen verfahren verdrängt und
zum Aussterben gebracht worden. Die erste Londoner
lveltausstellung vom Iahre I8SI brachte die Lrkenntnis
dieser unerfreulichen Zustände. Die Gngländer be-
schritten den einzig möglichen lveg der Abhilfe durch
die Gründung des Süd-Rensington-Uluseums, das,
nach Gottfried Sempers vorschlägen eingerichtet, für
alle sxäteren Runstgewerbe-Museen vorbildlich wurde.
Seine Schule sollte vorerst die Zeichenkunst für dekora-
tive Zwecke wieder ausbilden und Rünstler erziehen,
die, mit den Lrfordernissen der Technik vertraut, tat-
kräftig in das Runstgewerbe eingreifen konnten. Zur
lviedererlernung der verlorenen technischen Fertigkeiten
konnte nur das Studium der alten Denkmäler führen;
durch seine großen Aüttel und die damals noch niedrigen
j)reise alter kunstgewerblicher Lrzengnisse begünstigt,
war das Süd - Rensington ° Museum in der glücklichen
Lage, in kürzester Zeit eine Sammlung zusammenzu-
stellen, die seitdem unerreicht geblieben ist. Als die
zweite tondoner internationale Ausstellung im Zahre
I8S2 bereits die Lrgebnisse dieses vorgehens erkennen
ließ, folgte zunächst Asterreich mit der Gründung des
R. R. Niuseums für Runst und Zndustrie in lvien.
Gbwohl sich damals bereits die preußische Zndustrie
als überholt erwiesen hatte, dauerte es noch mehrere
Zabre, bis in Berlin die ersten Schritte auf demselben
kvege getan wurdcn. Auf die von der damaligen
Lrau Rronprinzessin ausgegangenen ersten Anregungen
folgte im Zahre t867 die Bi dung des Vereins
„Deutsches Gcwerbe-Mnseum", der sich die Gründung
eines Museums mit technisch-wissenschaftlicher und kunst-
gewerblicher Sammlung und Unlerrichtsanstalt zum
Ziele sctzte. Der erste Teil des planes mit rein
technologischem Zweck wurde bald stillschweigend
fallen gelassen, man mußte die ohnedies nicht reich-
lichen Akittcl ausschließlich der kunstgewerblichen Seite
zu Gute kommen lassen. Nur die Unterrichtsanstalt
trug mehrere Zahre lang — bis t873 — in den
Rlassen für lNaschinenlehre und für Bauhandwerker
die Spuren des ursprünglichcn weiten sAanes noch mit.
Die Ränigl. Staatsregierung bezeigte dem neuen Un-
ternehmen ihr Lntgegenkommen durch Gewährung
eines jährlich wiederholten, späterhin erheblich steigen-
den Zuschusses. Line weitere Beihilfe wurde ihm
durch die Gnade des Rronprinzlichen s)aares zu Teil.
Zm übrigen war es aus die private Tätigkeit des
Veremes angewiesen, auch die Sorge für ein geeignetes
Unterkommen blieb ihm überlassen. Das Ulussum
fand ein solches in den gemieteten Näumen des
Gropiusschen Dioramas in der Siallschreiberstraße, in
welchen zu Begmn des Zahres t8S8 zuerst die Achule
und bald darauf die Sammlung eröfsnet werden konnte.
Der Znhalt der letzteren setzte sich anfänglich im wesent-
lichen aus Lrzeugmssen moderner Zndustrie-Utosaiken
von Lalviati in venedig, Lmailarbeiten von Barbe-
dienne in paris und anderen, zusammen, die durch
staatliche Unterstützung auf der pariser Meltausstellung
t8S7 erworben worden waren. Trotz aller Be-
schränknngen und Hemmnisse in ksinsicht auf Naum
— rs —
paul Lcknmann.
2. iNovember-Dett 1892.
Dritter Zabrgang.
Lrsch eint
monatlich zweimak
Westellgeld: 1 M. 60 pk. vierteljädrl.
2l n z e i g e n:
-so pf. f. d. -^gesp. Petitzeile.
Nundscbau
* Das Dönlgltcbe 'lkrunstgewerbe-
/Duseum 1n Werltn hat am gs.November sein
fünfundzwanzigjähriges Bestehen gefeiert. Da ver-
lohnt es sich wohl, so schreibt die Berliner post, die
Lntstehung und Lntwickelung der Anstalt zu verfolgen,
die aus den bescheidensten Anfängen emporwachsend
sich die angesehenste Stellung neben den französischen
und englischen Sammlungen gleicher Nichtung errungen
hat. Berlin war verhältnismäßig sxät in die kunstge-
werbliche Reformbewegung eingetreten. Zwar hatten
es schon Beuth und Schinkel in den zwanziger Zahren
an versuchen zur l^ebung des Runsthandwerks nicht
fehlen lassen. Aber ihre Bestrebungen waren, da ge-
nügende Unterstützung ausblieb, ohne nachhaltigen Er-
folg geblieben, die Lrgebnisse verkümmert. Uiehr und
mehr hatte sich die Runst vom ^andwerk losgesagt,
beim Abnehmer wie bei dem Arbeiter waren Geschmack
und verständnis für künstlerische Durchbildung, für die
vorzüge der Lsandarbeit verloren gegangen. Ulanche
edle Technik, die mehr dem Schmucke eines Gerätes,
als dem rein xraktischen Bedürfnisse gedient hatte,
war durch die mechanischen verfahren verdrängt und
zum Aussterben gebracht worden. Die erste Londoner
lveltausstellung vom Iahre I8SI brachte die Lrkenntnis
dieser unerfreulichen Zustände. Die Gngländer be-
schritten den einzig möglichen lveg der Abhilfe durch
die Gründung des Süd-Rensington-Uluseums, das,
nach Gottfried Sempers vorschlägen eingerichtet, für
alle sxäteren Runstgewerbe-Museen vorbildlich wurde.
Seine Schule sollte vorerst die Zeichenkunst für dekora-
tive Zwecke wieder ausbilden und Rünstler erziehen,
die, mit den Lrfordernissen der Technik vertraut, tat-
kräftig in das Runstgewerbe eingreifen konnten. Zur
lviedererlernung der verlorenen technischen Fertigkeiten
konnte nur das Studium der alten Denkmäler führen;
durch seine großen Aüttel und die damals noch niedrigen
j)reise alter kunstgewerblicher Lrzengnisse begünstigt,
war das Süd - Rensington ° Museum in der glücklichen
Lage, in kürzester Zeit eine Sammlung zusammenzu-
stellen, die seitdem unerreicht geblieben ist. Als die
zweite tondoner internationale Ausstellung im Zahre
I8S2 bereits die Lrgebnisse dieses vorgehens erkennen
ließ, folgte zunächst Asterreich mit der Gründung des
R. R. Niuseums für Runst und Zndustrie in lvien.
Gbwohl sich damals bereits die preußische Zndustrie
als überholt erwiesen hatte, dauerte es noch mehrere
Zabre, bis in Berlin die ersten Schritte auf demselben
kvege getan wurdcn. Auf die von der damaligen
Lrau Rronprinzessin ausgegangenen ersten Anregungen
folgte im Zahre t867 die Bi dung des Vereins
„Deutsches Gcwerbe-Mnseum", der sich die Gründung
eines Museums mit technisch-wissenschaftlicher und kunst-
gewerblicher Sammlung und Unlerrichtsanstalt zum
Ziele sctzte. Der erste Teil des planes mit rein
technologischem Zweck wurde bald stillschweigend
fallen gelassen, man mußte die ohnedies nicht reich-
lichen Akittcl ausschließlich der kunstgewerblichen Seite
zu Gute kommen lassen. Nur die Unterrichtsanstalt
trug mehrere Zahre lang — bis t873 — in den
Rlassen für lNaschinenlehre und für Bauhandwerker
die Spuren des ursprünglichcn weiten sAanes noch mit.
Die Ränigl. Staatsregierung bezeigte dem neuen Un-
ternehmen ihr Lntgegenkommen durch Gewährung
eines jährlich wiederholten, späterhin erheblich steigen-
den Zuschusses. Line weitere Beihilfe wurde ihm
durch die Gnade des Rronprinzlichen s)aares zu Teil.
Zm übrigen war es aus die private Tätigkeit des
Veremes angewiesen, auch die Sorge für ein geeignetes
Unterkommen blieb ihm überlassen. Das Ulussum
fand ein solches in den gemieteten Näumen des
Gropiusschen Dioramas in der Siallschreiberstraße, in
welchen zu Begmn des Zahres t8S8 zuerst die Achule
und bald darauf die Sammlung eröfsnet werden konnte.
Der Znhalt der letzteren setzte sich anfänglich im wesent-
lichen aus Lrzeugmssen moderner Zndustrie-Utosaiken
von Lalviati in venedig, Lmailarbeiten von Barbe-
dienne in paris und anderen, zusammen, die durch
staatliche Unterstützung auf der pariser Meltausstellung
t8S7 erworben worden waren. Trotz aller Be-
schränknngen und Hemmnisse in ksinsicht auf Naum
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