Allustrirte Ikundscbau.
Tllnter MiNvtrkung des Wegründers Ferdinand Nvcnartus bcrausgcgeben von
t. Npril-Dett tSS3.
pnul Lckumktnn.
Dritter Zadrgkmg.
Lrscheint
monatlich zweimal.
Westellgeld: t 1D. 60 Dt. vterteljälirl.
Anzeigen:
qo j)f. f. d. ^gesp. petitzeile
IKundscbau.
* Äber Rillnnrbeiteil. wir brachten im vorigen
tfefte nach der „Bohenna" den Bericht über einen
Vortrag, mit dem Lserr prof. Lfans Macht (nicht
Macat, wie es in der „Bohemia" irrtümlich hieß)
den Gegenstand in j)rag besxrochen hatte. Lserr
professor Macht hat die Güte, uns zur Berichtigung
des mangelhaften Reserats das Folgende mitzuteilen:
Der von mir angeführte Lsauxtgervinnungsort
des Zinns ist nicht Malaga, sondern das hinter-
indische Malakka. — Die der wohlbekannten scbsclula
des Theoxhilus entnommene Schilderung bezieht
sich aus keine A m xel, sondern auf eine Amxulla
lcin Gießkännchen zum Gebrauche beim Meßopfer).
— Die von den Brüdern ptatschek gegossene große
Glocke des prager Domes erscheint unrichtig den
Zinnarbeiten zugezählt. — Line Stelle meines Textes,
welche sich auf die Äontrole der Nürnberger Zinn-
gießerei durch geschworene Meister bezieht, ist in ver-
änderter Form so zitirt, als wäre der Zinnguß alleinig
durch beeidete Meister ausgeübt worden. — Das
wort „Schauküche" endlich erscheint in sinnstörender
weise auf das Ziergerät als solches bezogen.
* Die Wcziebungen des Ibandels zur künstler-
iscben Tbätigkelt. Allf dcn ersten Blick scheinen zwischen
dein Aanfmann und dem Aünstler keine andern Beziehungen
obzuwalten, als daß der erstere dem letzteren hie und da
ein Bild, eine Statue usw. abkauft. Jn der That können
aber viel engere und wichtigere geltend gemacht werden.
Der Aaufmann — im weiteren Wortsinne — schasft in vielen
Fällen geradezu den Boden, auf welchem der Aünstlcr stcht.
Der ksandeltreibende erfüllt der Aunst und ihren Iüngern
gegenüber eine doppelte oder grnauer gesagt eine dreifache
Aufgabe: er erobert dem Aünstler neue Absatzgebiete, er
verbreitet die Aenntnis von der Aunst und lockt sogar neue
Aunstzwcige hervor.
Bctrachtcn wir einmal daraufhin kurz die vergangenhcit
und die Gegenwart.
Linein jeden Besucher des alten Museums in Berlin —
um in Deutschland zu bleiben — wird das links von dem
großen „Antiken-Saal" gelegene kleine Aabinet in Lrinnerung
sein, in dem der Torso des berühmten Marsyas steht. Eben
dort sind eine kleine Anzahl Glaskästen aufgestellt, in denen
kleine unbeholfen gearbeitete Lteinfigürchen liegen. Jn ihnen
erblickt der Beschauer die Urkeime der berühmten griechischcn
plastik.
Ls ist heute eine anerkannte Thatsache, daß die Griechen
aus Assyrien, nicht wie früher angenommen wurde aus
Lgypten, die ersten Aunstlehren empfingen. Durch den
Lsandel, höchst wahrscheinlich durch die vermittelung des
berühmten antiken Seefahrervolkes, der phönizier, kamon die
künstlerischcn Lrzeugnisse Assyriens in das Land der ksellenen.
Die Löwen von Ulykene liefern den untrüglichen Beweis, daß
den ältesten Griechen die orientalischen Teppiche bekannt
gewesen waren. Iene kleincn Gestalten, und dio Erzählungen
der Schriftsteller lassen keinen Zweifel darüber, daß die
ksellenen thatsächlich durch deu morgenländischen Aaufmann
in nicht geringem Grade zur Aunstthätigkeit angeregt und
in ihr gekräftigt wurden.
Als die Griechen, namentlich die Athener, sich zu einem
großen ksandelsvolke entwickelt hatten, da trugen sie nun
ihrerseits dazu bei, daß die hcimischc Aunst durch ihre Aauf-
leute in andcre Länder gebracht wurde. In Sizilien, in Süd-
italien, in Südfrankreich blühte bald die griechische Aunst.
Griechische Geschäftsleute, „Zahlenmenschen", hatton die mchr
oder weniger barbarischen LLnder erforscht, sich unterthan
gemacht, und die Aünstler zögerton nicht, bald nachzukommen.
Die feinen Fäden, welche sich dann von Ncu- und Altgriechcn-
land nach Roi» hinüber schlangcn, hcute noch im Linzelnen
aufzndccken, wird kaum möglich fcin. Ls genüge, daran zu
crinncrn, daß der Streit, ob jene kllasse von rot- und schwarz-
figürigen vasen, welche in den etruskischen Gräbern ge-
funden wurde, einheimisches oder in Gricchenland für den
Lxport hergestelltes Produkt ist, noch immer nicht völlig ent-
schieden werden konnte. Sicher dürfte es dagegen sein, daß
dic Ltrusker durch derartige griechische Lrzeugnisse zn einem
cigenen Betriebe in dieser Branche angeregt worden sind.
Nnr wissen wir noch nicht genau, bis zu welchem Grade.
Daß die griechischen Architekten und Plastiker ebenfalls erst
im Gefolge dcs Aaufmanns nach Roni gekommen sind,
dürfte wohl mit Recht angenommen werden.
— ioo —
Tllnter MiNvtrkung des Wegründers Ferdinand Nvcnartus bcrausgcgeben von
t. Npril-Dett tSS3.
pnul Lckumktnn.
Dritter Zadrgkmg.
Lrscheint
monatlich zweimal.
Westellgeld: t 1D. 60 Dt. vterteljälirl.
Anzeigen:
qo j)f. f. d. ^gesp. petitzeile
IKundscbau.
* Äber Rillnnrbeiteil. wir brachten im vorigen
tfefte nach der „Bohenna" den Bericht über einen
Vortrag, mit dem Lserr prof. Lfans Macht (nicht
Macat, wie es in der „Bohemia" irrtümlich hieß)
den Gegenstand in j)rag besxrochen hatte. Lserr
professor Macht hat die Güte, uns zur Berichtigung
des mangelhaften Reserats das Folgende mitzuteilen:
Der von mir angeführte Lsauxtgervinnungsort
des Zinns ist nicht Malaga, sondern das hinter-
indische Malakka. — Die der wohlbekannten scbsclula
des Theoxhilus entnommene Schilderung bezieht
sich aus keine A m xel, sondern auf eine Amxulla
lcin Gießkännchen zum Gebrauche beim Meßopfer).
— Die von den Brüdern ptatschek gegossene große
Glocke des prager Domes erscheint unrichtig den
Zinnarbeiten zugezählt. — Line Stelle meines Textes,
welche sich auf die Äontrole der Nürnberger Zinn-
gießerei durch geschworene Meister bezieht, ist in ver-
änderter Form so zitirt, als wäre der Zinnguß alleinig
durch beeidete Meister ausgeübt worden. — Das
wort „Schauküche" endlich erscheint in sinnstörender
weise auf das Ziergerät als solches bezogen.
* Die Wcziebungen des Ibandels zur künstler-
iscben Tbätigkelt. Allf dcn ersten Blick scheinen zwischen
dein Aanfmann und dem Aünstler keine andern Beziehungen
obzuwalten, als daß der erstere dem letzteren hie und da
ein Bild, eine Statue usw. abkauft. Jn der That können
aber viel engere und wichtigere geltend gemacht werden.
Der Aaufmann — im weiteren Wortsinne — schasft in vielen
Fällen geradezu den Boden, auf welchem der Aünstlcr stcht.
Der ksandeltreibende erfüllt der Aunst und ihren Iüngern
gegenüber eine doppelte oder grnauer gesagt eine dreifache
Aufgabe: er erobert dem Aünstler neue Absatzgebiete, er
verbreitet die Aenntnis von der Aunst und lockt sogar neue
Aunstzwcige hervor.
Bctrachtcn wir einmal daraufhin kurz die vergangenhcit
und die Gegenwart.
Linein jeden Besucher des alten Museums in Berlin —
um in Deutschland zu bleiben — wird das links von dem
großen „Antiken-Saal" gelegene kleine Aabinet in Lrinnerung
sein, in dem der Torso des berühmten Marsyas steht. Eben
dort sind eine kleine Anzahl Glaskästen aufgestellt, in denen
kleine unbeholfen gearbeitete Lteinfigürchen liegen. Jn ihnen
erblickt der Beschauer die Urkeime der berühmten griechischcn
plastik.
Ls ist heute eine anerkannte Thatsache, daß die Griechen
aus Assyrien, nicht wie früher angenommen wurde aus
Lgypten, die ersten Aunstlehren empfingen. Durch den
Lsandel, höchst wahrscheinlich durch die vermittelung des
berühmten antiken Seefahrervolkes, der phönizier, kamon die
künstlerischcn Lrzeugnisse Assyriens in das Land der ksellenen.
Die Löwen von Ulykene liefern den untrüglichen Beweis, daß
den ältesten Griechen die orientalischen Teppiche bekannt
gewesen waren. Iene kleincn Gestalten, und dio Erzählungen
der Schriftsteller lassen keinen Zweifel darüber, daß die
ksellenen thatsächlich durch deu morgenländischen Aaufmann
in nicht geringem Grade zur Aunstthätigkeit angeregt und
in ihr gekräftigt wurden.
Als die Griechen, namentlich die Athener, sich zu einem
großen ksandelsvolke entwickelt hatten, da trugen sie nun
ihrerseits dazu bei, daß die hcimischc Aunst durch ihre Aauf-
leute in andcre Länder gebracht wurde. In Sizilien, in Süd-
italien, in Südfrankreich blühte bald die griechische Aunst.
Griechische Geschäftsleute, „Zahlenmenschen", hatton die mchr
oder weniger barbarischen LLnder erforscht, sich unterthan
gemacht, und die Aünstler zögerton nicht, bald nachzukommen.
Die feinen Fäden, welche sich dann von Ncu- und Altgriechcn-
land nach Roi» hinüber schlangcn, hcute noch im Linzelnen
aufzndccken, wird kaum möglich fcin. Ls genüge, daran zu
crinncrn, daß der Streit, ob jene kllasse von rot- und schwarz-
figürigen vasen, welche in den etruskischen Gräbern ge-
funden wurde, einheimisches oder in Gricchenland für den
Lxport hergestelltes Produkt ist, noch immer nicht völlig ent-
schieden werden konnte. Sicher dürfte es dagegen sein, daß
dic Ltrusker durch derartige griechische Lrzeugnisse zn einem
cigenen Betriebe in dieser Branche angeregt worden sind.
Nnr wissen wir noch nicht genau, bis zu welchem Grade.
Daß die griechischen Architekten und Plastiker ebenfalls erst
im Gefolge dcs Aaufmanns nach Roni gekommen sind,
dürfte wohl mit Recht angenommen werden.
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