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DÄlbmoiiÄtlicke IKnndscbAU.

cinler Mttwirkung dcs Wegrünr'crs Fcrdinnnd Nvcnnrius bcrausgegeben ncn

paul Sckumunn.

l. Septcmber-Dett lSS3. Dritter Fabrgang.

Erschoint 2lnfang nnd
Mitte jcdcn Monats.

Wcstellgeld: t M. 60 pk. vlerteljüdrl.

Änzeigen:

-so jpf. f. d. H gesx. Petitzeile.

Nundsckrlu

» Dotrut des Ilnmstgewerbes! Lcbnlung
nud Diederguug desselben in ibrenssen! von

Nlartin Äiinbel, besprochen von I)r. A. <L. I-

Dentschland hat seit 20 Iahren bedentende Lort-
schritte im Annstgewerbe gemacht nnd die Berichte
über die lVeltausstellung in (Lbicago beweisen, daß
wir selbst Frankreich gegennber nicht mehr zurnck-
stehen. lVeim trotzdem noch Rlagen ertönen nber
den Rnckgang des Runstgewerbes, so sind diese zwar
nicht ganz nnberechtigt, aber doch in gewisser Be-
ziehnng einzuschränken.

Lrstlich ist zu beachten, daß die verhältnisse in
den einzelnen Staaten Deutschlands sehr ungleich
liegcn. fZn Bayern, lvnrttemberg nnd Baden genießt
das llunstgewerbe die weitestgehende staatlichc llnter-
terstützung und die Lrfolge sind dem entsprechend
hoch erfreulich, in Vrenßen dagegcn, hanptsächlich im
Gsten des Btaates fehlt bisher diese Förderung der
kiinstgewerblichen Bestrebungen. Demzufolge läßt die
Lntwickelung des Runstgewerbes hicr viel zu wünschen
übrig, und der Buf nach einer Besserung ist hier
aus dem Gsten nicht unberechtigt, sowohl was die
Schulung kunstgewerblicher Rräfte, als auch was den
Absatz derartiger Lrzeugnisse anlangt.

Zweitens aber ist das Äunstgewerbe lediglich ein
Teil des gesamten Gewerbes, dessen Gedeihen nicht
bloß von dem Äönnen des Linzelnen, sondern auch
von der Nachfrage, von dem Bedarf abhängt; und
nach dieser Seite, der Seite des Geschäftes hin ist in
den letzten 2 Zahren ein Stillstand in der Lnt-
wickelung festzustellen, der das Runstgewerbe besonders
stark trifft, da bei eintretender Geldknaxpheit eine
bessere Ausstattung nicht mehr in dem Älaße wie
früher gcwünscht wird. Ls kommt hinzu, daß durch
die Zollerhöhung die Grenze gegen Rußland, das ein
guter Abnehmer kunstgewerblicher Lrzeugnisse war,
fast völlig gesxerrt ist, ferner die iingesunden sozialen
verhältnisse des Arbeiterstandes und die Lasten der
neuen Versicherungsgesetze. Das alles sind Dinge,
die das Runstgewcrbe schwer schädigen oder eine

kräftige Lntfaltung verhindern, sie sind aber in gleicher
kveise auch wirksam auf jedes andere Gewerbe, wie
auf den löandel und sie beruhen auf tiefer liegenden
Ursachen, die schwer festzustellen und gegen einander
abzuwägen sind. Die einen halten für das Grund-
übel den Bttlitarismus, andre die Goldwährung,
wieder andre verlangen eine Bodenbesitzreform, noch
andre schieben die Zudenfrage in den vordergrund usw.
Znsofern also ist der Notruf, den M. Rimbel, ein
Breslaucr Großtischlermeister, in seinem Büchlein er-
hebt, halb berechtigt 'und halb unberechtigt, auch
ungenügend begründet, ebenso verhält es sich auch
mit vielen einzelnen Behauptungen, wie dies weiter
unten nachgewiesen werden soll.

Der Leser wird außerdem dadurch gestört, das
man vergebens nach einer durchsichtigen Znhalts-
entwickelung sucht, daß Linzelnes sogar ganz unklar
ausgedrückt ist und daß logische und sprachliche Lehler
vielfach zu sinden sind. Ivir wollen darauf jedoch
nicht so viel Gewicht lsgen, da der Verfasser nicht
Literat, sondern tzandwerker ist, obgleich wir von
einem Lsandwerker, der heut zu Tage etwas ver-
öffentlicht, doch auch einen klaren und richtigen Ge-
dankenausdruck verlangen könnten. kvenn wir aber
von Anfang bis zu Lnde merken, daß alle möglichen
Fragen „angeschnitten" werden, keine aber eingehend
und gründlich besprochen wird, wie Thatsachen völlig
verdreht und fortwährend logische Lehler und Ge-
dankensprünge gemacht werden und daß es an eigenen
brauchbaren und eingehend behandelten vorschlägen
gänzlich fehlt, so bleibt von dem Znhalt des Buches
nicht viel Bemerkenswertes und Linwandfreies übrig.
wohl verdient die Lrage der kunstgewerblichen
Lchulung, namentlich für den Vsten Deutschlands eine
gründliche Bearbeitung, Rimbel hat sie in seiner Gber-
flächlichkeit nicht gegeben. Durch das Ganze zieht
sich lediglich als Leitmotiv der immer wiederkehrende
Ausdruck der Geringschätzung und verachtung der
„Lchulmeister", besonders der Zeichenlehrer, die nach
seiner Meinung alle nichts können, und zweitens der

- iss
 
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