Ausstollung dcr deutschcn Zeichncr fnr Druck und Gcwerbe,
die in Dresdcn im Iuli und Augnst stattgefnndcn hat. Bei
dcm Engländer gewahren wir die Tendenz, so poetisch und
ideenrcich wic möglich zu scin, mag auch die Tcchnik
zu kurz komnien und durch die Wiederholungen das Motiv ver-
kiimmern. Bei dcn Zeichncrn Deutschlands, die mehr wie je
niit paris wetteifern, gewahren wir als Gegcnsatz dic subtilste
Tcchnik, das Raffincment, Blumcn und Schnörkcl in zartesten
Farben zu bringen und niöglichst ohno jede künstlcrische
Idee zu komxoniren. Man ersetzt, wie es die Mode jetzt
vorschreibt, Idcen durch koloristische Lffekte. !vo früher die
rhythmische kinie und dcr organische Ausbau in schöncn jdro-
xortionen ksauptsache war, dürfen diese Grundbedingungcn
des 5tils höchstens durchklingen. — A)ir sahcn also zwei
Lxtrcme, dic uns besser wie lvorte beweisen, daß dcr goldcne
Mittclwcg vorzuzichen ist. walter Lrane ist durch «nd durch
Poet, abcr cr sügt sich nicht dcn Gcsetzcn dcr Industrie lväre
cr Dckorationsmaler, so könnte er aus dem Füllhorn der
sdhantasie die lvände bclicbig schmüeken. lvenn cr abcr Tnt-
würfc sür den Druck licfert, so niuß cc dic tcchnische, mecha-
nische Nultixlikation berechnen. Das geschieht abcr in so naiv
verkehrter lveise, daß mir iinnicr an den Pegasus im Ioch
denken müsscn. lvio reizend ist die Aomposition gczeichnct,
welche Dornröschen schlummernS zeigt! Die altc lsexe, die
schluminerndei! Knappeii und lsunde und dcr sie weckcnde
Licgfried — Allcs ist hübsch in Rosonranken untergebracht;
aber man denke sich alle dicso Figuren verhundertfacht an der
lvand! lvill man xo Aonzerte zu gleicher Zeit hören?
Darf nian Spezialitäten, die sich nicht zur lkkultiplikation
eignen, an cin nnd derselben lvand dcm Auge bietcn? Also,
das eigentliche Tapeten-Grnament ist Lrane nur ausnahms-
weise geglückt, z. B. wo er nach guten Vorbildern des
Gricntes und des lNittelalters nur Iagdmotive bringt. Durch
hohc jdrägung und vcrgoldung sind dicse Akuster ccht wirksam.
Line lehrreiche 2lrt, Fignrcn stach zu bchandeln, so daß sic
stcts an Tapctcn erinnern, wollcn wir bci Lrane lobend her-
vorheben. Lr vermeidet die xlastische Schattirung und bolebt
den lhintcrgrund durch jdunkte uud Striche, so daß Allcs be-
deckt nnd cntnatnralisirt ist. Perspektivische lvirkuiigcii wcrdcn
vcrmicden, denn es soll mehr ein nnr angedeutetes, gcwissen
Gcsehen sich untcrordncndes Tranmbild als aufdringlichc
lvirklichkeit geboten werden. Diese Art der Behandlung vcr-
söhnt cinigermaßen mit seltsamen lNotiven. Sehcn wir z. B.
daß ein Aranz durch kopfüber hcrabschwebcnde Lngel
(auf einer lvandtapete!) gebildet wird, so schütteln wir den
llopf übcr das kuriose llkotiv, lassen aber Lranes Zeichcntalent
gern gelten. Die ausgestellten Illustrationsprobcii (Büchcr,
liandzeichnungeii und Gemälde) lasscn crkennen, daß Lrane
eine unscrem lN. Schwind schr verwandte Natur ist, wenii er
anch diesen großen lNeister bei wcitem nicht erreicht.
lvir habcn wicdcr einnial den Bewcis, wie sehr wir allcs
Fremde studiren wollcn, um ein Ideal zu finden, das wir
möglichst verkehern, salls es im Inlande sich entwickclt. Iede
vornchme Tapetcnhandlnng niuß jetzt solche englischc lNuster
führcn, die kcin deutschcr Fabrikant druckcn würdc, wcnn sie
auch noch viel besser von deutschen Zeichnern ihm „goschenkt"
würdcn. Und dabci schinachten unsere Fabrikanten nach sen-
satioiicllen Nenheiten! Nachdem wir uoch xariserischer gc-
worden sind, als die jdariser, ist es wohl endlich an der Zeit,
daß wir wieder deutsch komponiren und die speziellen Ligcn-
arten den lliisländern lassen und nnr das wirklich Schöne als
vorbild in dcr Natur wie in den llkuseen respektiren und
der Technik und dem Zweck dcs lliateriales anxasscn.
lviesbaden, im August jsgz. ^sricdr. Fischbach.
* Orelse von Antlqnitriten, aus dem Auiist-Auktions-
hauses von Rudolph Lepke in Berlin. Llsenbein-lNrniatüre,
oval, Blldnis einer jungen Fran im Aostüm der Aaiserzeit,
in weißem, ausgeschnittenen Aleide, Spitzenhalstuch und rotem
lNantel. lhöhe 7,5 cm. Breitc 6 cm. In schwarzem vier-
eckigen Rahmen mit schmalem, vergoldetem, ovalem Bronze-
rähmchen. Sehr schön gemalte lNiniatüre. j25 lNk. Zwei
Bouleschränke von Polysanderholz, eiiithürig, init großem
Sxiegel, reichster Bronze- und Boule-Linlage, sranzösische
Arbeit. Die vorderkanten durch Bronzc-Puttenkaryatiden ge-
brochen. An der Stirnseite oben und iinten lNaskarons in
Bronze. Der aus vier Füßen ruhende wohlproportionirte
Schrank vou vornehmster lvirkung ist innen mit lNahagoni-
holz ausgestattet und in fünf Fächern abgeteilt; die Stirn-
kanten der Bretter mit Schlangenholzauflage. Aus dem Be-
sihe der Uünigin Narie Antoinette aus den Tuilerien her-
stammend, nach der ersten Revolution in jdaris von dem
Großherzoglich-Mecklenburgischen lNinisterresidenteii zu j)aris,
dcin Geheimen Legationsrat vr. S. ls. v. G. gekauft, von
dessen Nachkommen die Schränke jeht zur Auktion gestellt
worden sind. ksöhe 225 cm. Tiefe-x8 u.-x? cm, Breite no
cm. Sehr schöne kostbare Stücke. Iedes soo Nk. Silberner
Bechcrxokal mit Deckel, auf drer Füßen, vergoldet, getriebene,
gegossene und ziselirte Arbeit gotisch. Becher und Deckel
aus kugeligon Buckeln gebildet, mit gotischen Laubkränzcn.
Der Deckel läuft in eine sechseckige Spitze aus, auf welcher
aus einer von gotischem Laubwerke gebildeten Llume wachsend
eine sogenannte Totentanzstgur steht. Dieselbe stellt einen
jungen Nönch dar, welcher von hinten von einom scheußlichen
Gerippe gepackt wird. Der konisch geforinte Becherkelch ruht
auf drei auf rautenförmigen j)ostamentcii stehenden, gewapp-
neten Ueulenschlägerfigürchen. Am Fuß die Goldschmiedemarke
der Stadt Regensburg. Becher und Deckel in der vauptsachc
alt und echt, die sxätcre Montage auf Bestimmung des Uönigs
Ludwig II. von Bayern. ^öhe mit Deckel2A cm. Durch-
messer am Lecherrande jj cm. Gewicht -WI g. Schönes,
seltenes Stück. Mk. 650. Silberner Becherpokal mit Deckel,
auf drei Füßen, vergoldet, getriebene, gegossene und ziselirte
Arbeit, gotisch. Der Becher und Deckel ans Buckeln und
scharfen Falren gebildet, mit gotischen Laubkränzen am Fuß
nnd Dcckel. Lehterer in eine hohe Spitze anslaufend, auf
wclcher eine kugeligc, durchbrochene, aus gotischcm Laubwerk
gebildete Blume als Bekrönung abschließt. Der konische Becher
ruht mit seinein nicdrigen Fnß auf drei auf cinein vicreckigcn
Postamente sihenden, Schild haltenden, Bairischcn Löwen.
Bechcr und Deckcl 'in der lsanptsache alt und ccht, mit Gold-
schmiedmarke am ,suß. Dic sxätere Nontagc auf Bcstimmnng
des Uönigs Lndwig II. von Baycrn. lhöhe mit Deckel 29 cm.
Durchmesscr am Bechcrandc 8 cm. Gewicht -zgs g. Sehr
schönes Stück. Nk. 560.
» lAeiseandenken. I>n Anschluß an den Aufsatz über
Reiseandenken im vorigen lsefte schreiben uns S. Garten 6c
Lomp. (Atelier sür kunstgewerbliche Arbeiten in Gold, Silber,
Llsenbein usw. in Neugruna-Blasewitz bei Dresden): „lvas
iii dem dankenswerten Aussatze angeregt ist, wird von den
dentschcn Goldschmieden bereits seit Iahren geübt. llnter
dem Namen Fancy-Spoons finden durchreisende Amerikaner in
allen feineren Goldschmiedsläden eine große Auswahl zierlichcr
Löffelchen, die je nach dem Lande oder der Stadt des verkaufs
die entsprechenden Abzeichen tragen. In vielen Tausenden
werden sie von den Fremden gekauft, aber das deutsche
publikum kennt sie nicht. lväre es nicht recht erfreulich für
den deutschen Uunsthandwerker und lsändler, wcnn auch das
deutsche kanfkräftige Publiknm, statt geprcßte Marktware zu
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