DalbmonItlicke Ilvnndscliau.
Illntcr MlNvirkung des AZcgri'inders Ferdinand Nvcnnrius bernusgcgeben von
paul Lckumunn.
2. SepteMber-Dett I8S3.
Dritter 3al)rgang.
Lrscheint Anfang und
Mitte jeden Monats.
Westellgeld: 1 M. 6S pt. vierteljüdrl.
Anzeigen:
qo Pf. f. d. q gesp. Petitzeile.
Nundsckau.
» Dotrnt des Dnnstgetverbes! Lcbnlung
und Diedergnng desselben in Dreussen! von
Martin Rimbel, besxrochen von Or. A. L. II-
Der zweite Teil des Buches enthält andere Nlagen
über die Lage des Uunstgewerbes. R. ist sehr gütig,
daß er wenigstens zugiebt, daß „den Schulunterricht
nicht alles verschulden trifft". Als weitere Gründe
für das Zurückgehen des ^andwerkes führt er an die
Zunahme der Großindustrie, die Sxekulationsbauten
(sehr richtig! leider nebensächlich behandelt), den
„Ulilitarismus" mit seinem einsährig-freiwilligen Dienst,
dis vereiusideale (gemeint ist wohl die sog. vereins-
meierei), den Mangel an Ehrgeiz bei den Lehrlingen
und Gesellen und hauxtsächlich den „Dilettantismus
in der verbesserung der Gewerbe durch die wider-
sxrechendsten Gesetze" (also durch den Staat.) Danu
folgt ein historischer Bückblick auf die Lntwickelung
des Runstgewerbes in diesem Zahrhundert, der iin
Allgemeinen gelten kann, wenn auch manches einseitig
aufgebauscht ist, z. B. daß in den vierziger Zahren
die Auswanderung nach Amerika Deutschland die
besten Aräfte wegnahm. wir gönnen es kserrn R.
übrigens, sich selbst damit indirekt zu schmeicheln.
weiterhin tadelt R. nicht mit Unrecht die siarke ver-
mehrung der höheren Schulen in der Gründerzeit,
wirft aber hierbei die Gewerbeschulen, Landwirtschafts-
schulen und Gberrealschulen zusammen mit den Gym-
nasien und versetzt dem kundigen Leser geradezu einen
Genickstoß, wenn er schreibt: „die Nesultale der Schulen
blieben aus (er denkt z. B. an die eingegangene Ge-
werbeschule in Brieg, die er darauf anführt), denn —
die Lehrkräfte waren sehr ungenügend." Natürlich! die
Schulmeister waren wieder Schuld. wer lacht da nicht?
Nachdem R. auf diesem bvege wieder beim Schul-
wesen angelangt ist und auch die heutigen Gewerbe-
schulen als nutzlos bezeichnet hat, kommt er endlich
dazu nebenbei einige vorschläge zur hsebung des
Runstgewerbes anzudeuten. Diese betreffen zusrst die
Attiseen. R. ist nicht historisch veranlagt; die Alter-
tümer haben daher für ihn keine Znteresse, er tadelt
das Zuviel in diesem Zweige. Lsier fließt wieder
einmal etwas Richtiges unter, wenn es auch nicht
ohne Übertreibung gesagt werden kann: „der Staat
hat hundertfach mehr das kvissenschaftliche, als das
Runstgewsrbliche gefördert". Das ist leider eine all-
gemeine und berechtigte Rlage. Der verein deutscher
Gewerbeschulmänner hat derselben auf seiner dies-
jährigen versammlung auch Ausdruck gegeben. Der
Ltat sür das gewerbliche Lchulwesen ist im letzten
Zahre zurückgeschraubt, statt erhöht worden. Die be-
sonderen Zustäude in Breslau zeigen das allgemeine
Bild. ksier sind in den letzten Zahren die medizinischen
Üniversitätskliniken neu erbaut worden, welche mehrere
Millionen kosten. Für eine einzige, auch nur kleine
Runstgewerbeschule bleibt nichts übrig. Ls ist sehr
schön, wenn der Ltaat für die Gesundheit der Menschen
so fördernd wirkt, denn darin besteht der Lndzweck
der Rliniken; was nützt es aber, wenn die Gewerbe-
treibenden am Hungertuche nagen, wie es oft genug
leider der Fall ist.
Lin weiterer (nicht neuer!) vorschlag Rs. geht
dahin, die Attiseen des Sonntags vormittags und an
lvochentagen Abends zu öffnen, womit wir, wenn es
sich bei elektrischer Beleuchtung durchführen läßt, wohl
einverstanden sein können. Auch für den Sonntag-
Vormittag-Unterricht legt er eine Lanze ein und be-
findet sich auch hierin in Übereinstimmung mit den
von Dr. Glinzer-Hsamburg verfochteuen Ansichten der
Gewerbeschulmänner.
Dann kommt eine Rlage über das verhältnis vom
Nkeister zu Gesellen und Lehrlingen, über das Familien-
leben, (in ziemlich stark aufgetragenen Farben) über
den militärischen Drill, über Lehrlingsunwesen, über
Unkenntnis von der Lage des Lsandwerks in großen
Rreisen des volkes, über Lindringen amerikanischer
Zndustriewaren usw., alles Dinge, die ziemlich bekannt
und vielfach in Fachschriften erörtert worden sind.
N)ir vermissen eine eingehendere Lrörterung dieser
Fragen. Ligene Vorschläge finden wir nur wenige
und dazu verfehlte.
Ä--
— 208
Illntcr MlNvirkung des AZcgri'inders Ferdinand Nvcnnrius bernusgcgeben von
paul Lckumunn.
2. SepteMber-Dett I8S3.
Dritter 3al)rgang.
Lrscheint Anfang und
Mitte jeden Monats.
Westellgeld: 1 M. 6S pt. vierteljüdrl.
Anzeigen:
qo Pf. f. d. q gesp. Petitzeile.
Nundsckau.
» Dotrnt des Dnnstgetverbes! Lcbnlung
und Diedergnng desselben in Dreussen! von
Martin Rimbel, besxrochen von Or. A. L. II-
Der zweite Teil des Buches enthält andere Nlagen
über die Lage des Uunstgewerbes. R. ist sehr gütig,
daß er wenigstens zugiebt, daß „den Schulunterricht
nicht alles verschulden trifft". Als weitere Gründe
für das Zurückgehen des ^andwerkes führt er an die
Zunahme der Großindustrie, die Sxekulationsbauten
(sehr richtig! leider nebensächlich behandelt), den
„Ulilitarismus" mit seinem einsährig-freiwilligen Dienst,
dis vereiusideale (gemeint ist wohl die sog. vereins-
meierei), den Mangel an Ehrgeiz bei den Lehrlingen
und Gesellen und hauxtsächlich den „Dilettantismus
in der verbesserung der Gewerbe durch die wider-
sxrechendsten Gesetze" (also durch den Staat.) Danu
folgt ein historischer Bückblick auf die Lntwickelung
des Runstgewerbes in diesem Zahrhundert, der iin
Allgemeinen gelten kann, wenn auch manches einseitig
aufgebauscht ist, z. B. daß in den vierziger Zahren
die Auswanderung nach Amerika Deutschland die
besten Aräfte wegnahm. wir gönnen es kserrn R.
übrigens, sich selbst damit indirekt zu schmeicheln.
weiterhin tadelt R. nicht mit Unrecht die siarke ver-
mehrung der höheren Schulen in der Gründerzeit,
wirft aber hierbei die Gewerbeschulen, Landwirtschafts-
schulen und Gberrealschulen zusammen mit den Gym-
nasien und versetzt dem kundigen Leser geradezu einen
Genickstoß, wenn er schreibt: „die Nesultale der Schulen
blieben aus (er denkt z. B. an die eingegangene Ge-
werbeschule in Brieg, die er darauf anführt), denn —
die Lehrkräfte waren sehr ungenügend." Natürlich! die
Schulmeister waren wieder Schuld. wer lacht da nicht?
Nachdem R. auf diesem bvege wieder beim Schul-
wesen angelangt ist und auch die heutigen Gewerbe-
schulen als nutzlos bezeichnet hat, kommt er endlich
dazu nebenbei einige vorschläge zur hsebung des
Runstgewerbes anzudeuten. Diese betreffen zusrst die
Attiseen. R. ist nicht historisch veranlagt; die Alter-
tümer haben daher für ihn keine Znteresse, er tadelt
das Zuviel in diesem Zweige. Lsier fließt wieder
einmal etwas Richtiges unter, wenn es auch nicht
ohne Übertreibung gesagt werden kann: „der Staat
hat hundertfach mehr das kvissenschaftliche, als das
Runstgewsrbliche gefördert". Das ist leider eine all-
gemeine und berechtigte Rlage. Der verein deutscher
Gewerbeschulmänner hat derselben auf seiner dies-
jährigen versammlung auch Ausdruck gegeben. Der
Ltat sür das gewerbliche Lchulwesen ist im letzten
Zahre zurückgeschraubt, statt erhöht worden. Die be-
sonderen Zustäude in Breslau zeigen das allgemeine
Bild. ksier sind in den letzten Zahren die medizinischen
Üniversitätskliniken neu erbaut worden, welche mehrere
Millionen kosten. Für eine einzige, auch nur kleine
Runstgewerbeschule bleibt nichts übrig. Ls ist sehr
schön, wenn der Ltaat für die Gesundheit der Menschen
so fördernd wirkt, denn darin besteht der Lndzweck
der Rliniken; was nützt es aber, wenn die Gewerbe-
treibenden am Hungertuche nagen, wie es oft genug
leider der Fall ist.
Lin weiterer (nicht neuer!) vorschlag Rs. geht
dahin, die Attiseen des Sonntags vormittags und an
lvochentagen Abends zu öffnen, womit wir, wenn es
sich bei elektrischer Beleuchtung durchführen läßt, wohl
einverstanden sein können. Auch für den Sonntag-
Vormittag-Unterricht legt er eine Lanze ein und be-
findet sich auch hierin in Übereinstimmung mit den
von Dr. Glinzer-Hsamburg verfochteuen Ansichten der
Gewerbeschulmänner.
Dann kommt eine Rlage über das verhältnis vom
Nkeister zu Gesellen und Lehrlingen, über das Familien-
leben, (in ziemlich stark aufgetragenen Farben) über
den militärischen Drill, über Lehrlingsunwesen, über
Unkenntnis von der Lage des Lsandwerks in großen
Rreisen des volkes, über Lindringen amerikanischer
Zndustriewaren usw., alles Dinge, die ziemlich bekannt
und vielfach in Fachschriften erörtert worden sind.
N)ir vermissen eine eingehendere Lrörterung dieser
Fragen. Ligene Vorschläge finden wir nur wenige
und dazu verfehlte.
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