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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 5.1889

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Heft 7
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Aus der Ornamentstichsammlung des Leipziger Kunstgewerbemuseums, 2: Etienne de Laune
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https://doi.org/10.11588/diglit.3586#0120
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Aus der

Ornaineutstichsanuulung des §eipziger Kunstgewerbemuseuins.

2. Etiennc de Laune.

Hierzu eine Tafel.

Etieime de Laime ist eine der iiiteressante-
sten Kiinstlergestalten der sranzäsischen Renais-
sance des 16. Jahrhnnderts. Andere waren
größer, glanzender und vmn Glücke begiinstigter;
Delanne aber ist nicht allein ein unnbertresf-
licher Kupferstecher, ein genialer Zeichner und
Medailleur, er ist auch in seinem Vaterlande
der einzige selbständige Vertreter jener Klein-
nieister, dic vmi ca. 1520 — 1560 in Dcntsch-
land blühten; endlich ist cr ein Meister, dessen
Werke in Vcrbindung niit der Zeitgeschichte
die eigene künstlerische Entwicklnng, wie das
persönliche Schicksal, init überraschender Klarheit
widerspiegeln.

Es ist höchst anfsallend, daß die Franzosen,
sonst so fleißig und begcistert bei der Erfor-
schung ihrer nationalen Kunst, diesc interessante
nnd dankbare Gcstalt noch nicht naher behandelt
haben. Unseres Wissens giebt allein Robert-
Dumesnil einige nähere Daten, die er vorzugs-
weise aus den dkotizen früherer Saminler zu-
sammengetragen hat. Er stellt auch das Ge-
burtsjahr endgültig fest, das, trotz der auf
mehreren Blättern vorhandenen eigenen An-
gaben des Künstlers, bis dahin ganz verschieden
angegeben wurde. Über die Entwicklung giebt
er fast nichts, dafür aber nahezu vollständig
das Werk des Meisters, den Bericht Mariette's
über eine große Anzahl von Handzeichnungen
und Skizzen, die heute verloren zu sein scheinen,
sowie endlich das einzige gleichzeitige Dokument,
in dem Delaune genannt wird.

Dieses Dokument ist ein königliches Patent
vom Jahre 1553, betreffend die Anstellung
eines Münzmeisters Aubin Ollivicr, der sich
bei König Hcinrich II. mit einem neuen Münz-
verfahren eingeführt hatte. Als deu Gesell-
schafter Olliviers iiennt jenes Patent unsern
Delauue.

Dieser, damals 34 Jahre alt, hatte bisher

als Goldschmied gearbeitet, ohne daß srcilich bis
anf ein in England befindliches, ihm zuge-
schriebenes Stück irgend welche Proben seiner
Kunst erhaltcn wären. Erfolgreicher hat man
seine praktische Thätigkeit als Medaillenr in
einer kleineren Anzahl mit einem 8 bezeichneter
Stücke nachgewiesen. Wie lange dicse Thtttig-
keit währte, zeigt vielleicht sein Auftreten nuf
einem neuen Felde: im Jahre 1560 beginnt er
als Zeichner und Knpfcrstecher den wichtigstcn
Teil seiner Lanfbahn.

Mit sicherer Hand sticht er, bereits vierzig-
jährig, nach cigenen Entwürfen wie nach anderen
Meisteru neben den beliebten biblischen Dar-
stellungen eine Reihe von Porträts, Allegorien,
Jagden u. s. w., die nieist neben der Jahres-
zahl mit Ltopbanrw oder 8. gezeichnet sind.
Zunächst untcr dem Einflusse der Schule von
Fontainebleau stehend, macht er sich bald selb-
ständig. Seine Schäferspiele und Allcgorien
sind von unnachahmlicher Grazie und vor allem
in ihrer Heiterkeit ganz charakteristisch für jene
liebenswürdigsteSeite des französischenNational-
charakters, der unseren Nachbarn nicht verloren
gehen möge. Nicht minder originell sind eine
Reihe von Goldschmiedevorlagen fürHandspiegel,
Schalen, Vasenhenkcl w., die cr zu gleicher Zeit
herausgab.

Diese Periode seiner Produktion wird 1572
unterbrochen. Jm Jahre 1573 setzt er nicht
mehr zu Namen und Jahreszahl das wichtige
LUIN privilsZio roZis. Der Künstler arbeitet in
der Fremde, und vorsichtshalber muß er jetzt
seine Adresse hinzufügen: ^.rZontinu. Die
Bartholomäusnacht ist hereingebrochen, nnd
Delaune, glcich vielen anderen sranzösischen
Künstlern jener Zeit Calvinist, darin glücklicher
als Goujon, der erschlageu wird, ist die Flucht
gelungen.

Damit bcginnt eine neue Periode seines
 
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