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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Der fünfte Delegiertentag der deutschen Kunstgewerbevereine in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0031

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DELEGIRTENTAG.

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steller womöglich im ersten Drittel der Ausstellungszeit,
jedenfalls aber vor Ablauf der ersten Hälfte derselben vor-
zunehmen und das Resultat derselben zu veröffentlichen
sei". Ausser der Annahme dieses Antrags erfolgte der
Beschluss, die Frage der Prämiirung bei Ausstellungen als
Verbandsangelegenheit anzusehen.

Zu dem Antrage Nr. 7 c des Deutschen Graveurvereins
zu Berlin: „Es sei dahin zu wirken, dass bei Ausstellungen
den Ausstellern erlaubt werde, die Preisrichter selbst zu
wählen", wurden verschiedene von einander abweichende
Ansichten laut, die zu keinem bestimmten Ergebnis führten.
Auch bei dem Antrage 7 d betr. die Zulassung kunst-
gewerblicher Erzeugnisse zu den Kunstausstellungen, der
von dem nämlichen Verein gestellt worden war, wurde
eine längere Debatte laut, die durch den Vertreter des
Graveurvereins Otto eröffnet wurde. Hofrat Graff wünschte,
dass das bessere Kunstgewerbe nicht von der Kunst ge-
trennt werde, wie dies überall, mit Ausnahme von München,
geschehen sei. Dem gegenüber äussert Direktor von Lange,
dass das Kunstgewerbe selbständige Stellung erhalten
müsse, und bei Kunstausstellungen nicht als Nebensache
behandelt werden dürfe. Beide Ansichten vereinigt die an-
genommene Form des Antrags: „Es sei anzustreben, dass
toi den alljährlichen Kunstausstellungen auch hervor-
ragenden Erzeugnissen des Kunstgewerbes ein entsprechender
Platz zur Verfügung gestellt werde."

Am zweiten Sitzungstage, dem 29. Sept., legte die tags
zuvor gewählte Subkommission die Ergebnisse ihrer Ver-
handlungen vor, die einstimmig angenommen wurden. Der
Wortlaut der Resolution ist folgender:

„Der Delegirtentag des Verbandes deutscher Kunstge-
werbevereine ist der Ansicht:

1. „Dass eine Änderung der Grundlagen des Muster-
schutzgesetzes, insbesondere seiner Bestimmungen über die
Frage, welche Muster schutzberechtigt sein sollen, und des
dem Gesetze zu Grunde liegenden sog. Anmeldeprinzips nicht
wünschenswert sei."

2. „Dass es wünschenswert sei, die Begriffe „neu" und
„eigentümlich", wenn thunlich, näher zu präzisiren und durch
das Gesetz auszusprechen, dass jedes Muster bis zum Nach-
weise des Gegenteils als neu und eigentümlich anzusehen ist."

3. „Dass es nicht thunlich sei, die Gerichte zu ver-
pflichten, bei ihren Entscheidungen die Ansicht des von ihnen
eingezogenen Gutachtens eines Sachverständigenvereins zu
befolgen, dass es sich jedoch empfehle, die Frage näher zu
prüfen, ob es nicht möglich sein werde, in jedem Muster-
schutzprozesse die Thatfrage durch einen Sachverständigen-
verein endgültig entscheiden zu lassen. Dabei würde zu er-
wägen sein, ob der betreffende Sachverständigenverein dann
nicht zu verpflichten sein werde, bei Verhandlung der Sache
auf Antrag einer Partei Sachverständige gutachtlich zu
hören."

4. „Dass es sich empfehle, die wichtigeren Gutachten der
Sachverständigenvereine zu veröffentlichen und dadurch den
übrjgen Vereinen, den Gerichten und den interessirten Krei-
sen zugänglich zu machen, ausserdem aber eine Verständigung
der Sachverständigenvereine über gleichmässige Anwendung
der Bestimmungen des Musterschutzgesetzes insbesondere

durch Veranstaltungen regelmässiger Zusammenkünfte anzu-
bahnen."

„Der Verband beschliesst, dass diese Resolution des
Delegirtentages zur Kenntnis des Reichsamtes des Innern zu
bringen sei."

Nunmehr folgte der Antrag 7e des Berliner Vereins betr.
das Verhalten des deutschen Kunstgewerbes einer 1892 ge-
planten Weltausstellung gegenüber; der Referent 0. Schul-,
beantragte hierzu selbst Übergang znr Tagesordnung, da in
Deutschland sich bisher keine Neigung zur Beteiligung an
jener Ausstellung gezeigt habe.

Zu längern Erörterungen gab der Antrag 7f des
Deutschen Graveurvereins in Berlin Veranlassung, der
sich gegen gewisse Auswüchse in Lcliriverlcstütten wendet.
Referent Otto begründete den Antrag aufs eingehendste,
indem er die Nachteile darlegte, welche dem reellen Kunst-
handwerker dadurch zugefügt werden, dass in einer solchen
Fachklasse eine grössere Anzahl von Lehrlingen und Gehilfen
fast unentgeltlich für den Lehrer arbeiten, welcher durch die
ihm zustehenden Vorteile — freie Werkstatt, Beheizung, Be-
leuchtung etc. — Arbeiten billiger liefern könne als andre
Meister; dadurch würden diese gezwungen, möglichst viele
Lehrlinge einzustellen, wodurch einerseits schlechtere Arbeit
erzielt und andrerseits ein kunstgewerbliches Proletariat
grossgezogen, unter allen Umständen also das Kunstgewerbe
geschädigt werde. Geheimrath Lüders nahm die betreffende
Fachklasse bedingungsweise in Schutz, indem er aussprach,
dass es nach seiner Ansicht nur Mangel an finanzieller Be-
herrschung der Sache sei, wenn jener Fachlehrer die Arbeiten
billiger liefere. Übrigens billigte er vollkommen die Ansich-
ten des Antragstellers und betonte, dass es sehr wichtig sei,
wenn in Zukunft die Preise für solche in Fachklassen ge-
fertigten Arbeiten richtig bemessen würden, weil hierdurch
allein das Publikum allmählich zur rechten Beurteilung der
Preise erzogen werden könne. Schliesslich wurde der An-
trag in der ursprünglichen Form angenommen: „Der Ver-
band erklärt sich dagegen, dass technische Fachklassen den
Charakter der Schule aufgeben und zu Konkurrenzwerk-
stätten mit fabrikartigem Betriebe werden."

Der Münchener Antrag (7 h) betreffend einen Ver-
bandzuschuss für das Scmpcrdenkmal in Dresden wurde
dahin erledigt, dass 200 Mark sogleich zugeschossen wurden
und dem Verbände die Befugnis erteilt wurde, im Notfalle
noch weitere 300 Mark beizusteuern.

Bei der Budgetaufstellung für die Jahre 1890 bis 1892
wurde beschlossen die Einziehung der Beiträge für 1889
wegfallen zu lassen, sodass nur die für 1890 und 1891 zu
erheben wären. Der Abschluss ergiebt einen Überschuss
von 1810 Mark 10 Pf.

Zum Vorort für die nächsten zwei Jahre wurde
Hannover ausersehen. Damit waren die Aufgaben des
Delegirtentags erledigt, den Herr Direktor v. Lange nach
einigen Dankesworten an die Teilnehmer für geschlossen
erklärte. Unter lebhafter Zustimmung drückte hierauf noch
Herr Geheimrat Lüders dem bayrischen Kunstgewerbeverein
und dem Vorsitzenden Direktor v. Lange Dank und Aner-
kennung für die treffliche Geschäftsleitung während der
letzten zwei Jahre als auch während des Delegirtentags
selbst aus.
 
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