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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Diner, Joseph: Ungarische Fayencen und Töpferwaren, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0036

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UNGARISCHE FAYENCEN UND TOPFERWAREN.

Erbländern nicht geduldet wurden allmählich nach
Ungarn. Die ersten Nachrichten, die wir von diesen
neuen Ansiedlern haben, stammt aus dem Jahre 1547.
Damals siedelten dieselben sich zuerst in der Gegend
von Hollitscli an, und trotz vielfacher Verfolgungen
blieben sie ihrem neuen Vaterlande treu und in den
genannten Komitaten sitzen. In Siebenbürgen grün-
deten sie im Anfange des 17. Jahrhunderts eine
Tochterkolonie in Aloincz. Diese eingewanderten
Anabaptisten sind nun jene eingewanderten „Habaner".
Über die Abstammung dieses Wortes wurde viel-
lach gestritten. Meiner Ansicht nacb ist das, Wort
„Habaner" bloss eine slawische volkstümliche Ver-
ballhornung des Wortes „Anabaptisten". Slowakisch
heissen dieselben nämlich „habanstoi".

berichten, sandten und empfingen sie alljährlich an
und von den ausländischen Schwestergemeinden Ab-
geordnete. Erst unter Maria Theresia in der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts bekehrten sie sich
insgesamt zum katholischen Glauben.

Dieses vorauszuschicken hielt icb deshalb für
nöthig, weil der Einfluss der Habaner auf die ge-
samte Fayenceindustrie Ungarns — sowohl bei Bau-
ernware als Kunstfayence — bis tief in das 19. Jahr-
hundert hinein massgebend ist, und uns nur diese



Fig. 5. Habaner Majolika-Krug. Ende 17. Jährt.

Fig. 6, Habaner Majolika-Krug. 18. Jahrh.

Nach ibren Chroniken zu urteilen, waren der
Hauptkern der nach Ungarn eingewanderten Ana-
baptisten die aus Deutschland, speziell aus Nieder-
deutschland vertriebenen Anabaptisten. Von dort
her brachten sie den Gewerbefleiss mit. Wir finden
unter ihnen nebst einer Reihe von Kaufleuten, Ärzten
und Apothekern noch Buchbinder, Tischler, Messer-
schmiede und in ganz besonderer Anzahl Hafner,
Weissgeschirrbrenner und Krügler.

Ihr Hauptsitz in Oberungarn war die Gemeinde
Sabotitsch im Neutraer Komitate. Doch blieben sie
im regsten Verkehre sowohl mit der siebenbür-
gischen Kolonie, als auch mit ihren Glaubensgenossen
in Österreich und der Schweiz. Wie ihre Chroniken

Verhältnisse, dieser fortwährend aufrechterhaltene
Verkehr mit dem Auslande es uns begreiflich machen,
dass wir bei den ungarischen Bauernfayencen eine
ganze Reihe hochentwickelter Techniken finden.
/. Nordungarische Bauernfayencen.
a.) Eigentliche „Habanermajoliken."
Dieselben zeigen durchgehends das Dekor nur
in vier Farben gemalt: Gelb, Blau, Grün und Violett.
Wir können zwei verschiedene Arten unterscheiden.
Bei der einen Art ist vorherrschend die gelbe Farbe,
sehr dick aufgetragen, so dass das Dekor fast relief-
förmig erscheint. Bei der zweiten Art sind die Farben
dünn aufgetragen und das Violett so vorherrschend,
dass die anderen Farben beinahe verschwinden.
 
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