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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Czihak, Eugen von: Die schlesische Glasindustrie früherer Zeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0076

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DIE SCHLESISCHE GLASINDUSTRIE FRÜHERER ZEITEN.

zuweisen. Die Venetianer sollen die Technik von
den Deutschen übernommen und ausgebildet haben.

Nähere Nachrichten über diese Glasart habe
ich bei einheimischen Schriftstellern nicht auffinden
können. Dies ist jedoch bei der Spärlichkeit, mit
welcher derartige auf die Technik bezügliche An-
gaben vorzukommen pflegen, nicht zu verwundern.
Dagegen habe ich mit Genugthuung eine Anzahl
von solchen Gefäßen in Schlesien nachweisen können,
bei welchen sowohl die weniger zierliche Form, wie
auch der geringere Grad von Geschicklichkeit in der
Glasarbeit, sowie die Schwere der Gegenstände vene-
tianischen Ursprung ausschließen und die Mit-
teilungen des Joachimsthaler Predigers zu bestätigen
scheinen. Das Museum schlesischer Altertümer besitzt
zwei dieser Gefäße. Das eine, Katal. No. 507-84
ist ein etwas gedrungener Deckelpokal, bei welchem
die Übergänge vom Fuß zu dem leicht eingezogenen,
nahezu cylindrischen und ganz aus hellem Glase ge-
fertigten Kelche durch abgesetzte, ziemlich gleich-
wertige, wellenartige Profilglieder gebildet sind. Auf
ähnliche Weise ist der Deckel geformt, der in einen
Knopf endigt. Während die Schnürelung an dem
ganzen Gefäße einen senkrechten Verlauf zeigt und
im Fuße dichter und feiner angeordnet ist, trägt der
eigentliche Gefäßbauch ein wagerechtes, umlaufendes
Filigranband. (Fig. 6.) Dasselbe Gefäß findet sich
noch in schlesischen Privatsammlungen, z. B. der des
Herrn von Falkenhausen und, wenn ich nicht irre,
in der kunstgewerblichen Sammlung des Rudolfinums
zu Prag.

Interessanter noch ist das zweite, im Breslauer
Museum befindliche Gefäß. Kat. No. 647. Dieses
hat die Form eines fußlosen, konischen, oben er-
weiterten Bechers aus hellem Glase, welcher durch
schmale Streifen milchweißen Fadenglases senkrecht
geteilt erscheint. Es ist, wie das von Friedrich be-

schriebene und abgebildete Hof kellereiglas ') aus der
Mustersammlung des bayerischen Gewerbemuseums
zu Nürnberg mit Emailfarben bemalt. Die Vorder-
seite (Fig. 7) zeigt ein Wappen: im geteilten Schilde
oben einen wachsenden geharnischten Mann (Engel)
mit Krone und Schild; die untere Hälfte ist fünf-
mal schräg rechts geteilt von Rot und Gold. Über
dem Schilde Helm mit Helmdecke; als Helmzier
die geflügelte, wachsende Figur des Wappens.
Aufschrift: Hanns Engelhartt der iunger2); unten die
Jahreszahl 1594. Die Rückseite (Fig. 8) zeigt stili-
sirtes Blumen- und Rankenwerk.

Die Jahreszahl 1594 würde die Annahme be-
stätigen, dass solche Fadengläser im 16. Jahrhundert
in Schlesien gefertigt wurden. Sie ist allerdings
nicht maßgebend für die Zeit der Anfertigung des
Glases, sondern nur für dessen Bemalung. Auch
das von Friedrich beschriebene Glas von 1676 kann
seine Bemalung nachträglich erhalten haben, und
es ist wohl möglich, dass die Glasmacherarbeit viel
älter ist.

Bei beiden Gläsern besteht das eigentliche Faden-
glas zum Teil aus senkrechten, parallelen, zum Teil
aus gekreuzten milchweißen Fäden.

Einzelne eingesprengte farbige Fäden finden sich
häufig in den Füßen und Deckelknöpfen geschliffener
Pokale des 18. Jahrhunderts. Diese sind meist
spiralig gewunden und durchkreuzen sich zuweilen;
die am häufigsten vorkommenden Farben sind Rot,
Weiß, Gelb und Blau. Auch in nicht geschliffenen
Balusterfüßen von Deckelgläsern, sowie bei einem
Glasleuchter (Kat. No. 5619) findet sich diese Ver-
zierungsart (weiße Fäden).

1) a. a. 0. S. 246.

2) Die Familie Engelhartt sass von 1455 bis 1623 im
Breslauer Rat und hat 1558, 1573 u. 1579 Wappen- und
Adelshriefe erhalten.
 
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