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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Schulze, Otto: Das Museo Artistico Industriale zu Rom, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0114

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DAS MUSEO ARTISTICO INDUSTRIALE ZU ROM.

101

Dieses Herumziehen verlangte vom Möbel andere
Form und Konstruktion und nahm auch als Haus-
möbel, was eigentlich keines war. So finden sich
die zur Verwahrung des Hausrates dienenden Kasten,
Laden oder Truhen (cassa) auf den langen Reisen
an Stelle der Sitze, auch in den Gemächern der
Großen, und dem Gebrauch, in ihnen das Behältnis
all' der kostbaren Familienhabe zu sehen, ist es zu-
zuschreiben, dass z. B. die „finanza" des Königs und
des Staates in Frankreich den Namen „coffret" führte,
in Italien „cassa" genannt wurde.

Eine andere Folge dieses unsteten Lebens war
die in der ersten Zeit überwiegende Einfachheit und
Plumpheit der Möbel, die nur im Bedürfnisfalle be-
quemer hergerichtet wurden durch aufgelegte Kissen,

so allgemein, dass tüchtige Künstler es nicht unter
ihrer Würde erachteten, derlei Arbeit zu übernehmen.
Und andernteils wurden sie, wie schon zur antiken
Zeit, mit Eisen am ganzen Äußern beschlagen.')
Den reichsten Schmuck erhielten dann wohl die als
Geschenk den Brautleuten mitgegebenen wohl- und
vollgefüllten Hochzeitstruhen, glänzend durch Male-
reien oder Schnitzereien, durch in Holz, in aufge-
legtem Stuck oder Gips, in Eisen, Leder oder anderem
eingepresste oder eingeschlagene Zeichnungen u.s.w.
Über den Gebrauch und die Künstler der Dekoration
in pastiglia oder pasta, einer Masse von Stuck, Gips,
Leim u. a. m. giebt derselbe Vasari Nachrichten.

Das Museum besitzt zunächst aus der gotischen
Zeit einen mit reichem Beschlagwerk und Henkeln

2^

Bügel aus vergoldetem .Metall

im Museo artistico industriale zu Rom.

Schmiedeeiserner Tliürklopf'er

Polster und dergleichen, welche gleich den Wand-
teppichen und Bettbehängen etc. als leicht transpor-
tables und ständiges Reisegepäck mitgingen. Und
so entsprach dem auch die Form der Klapptische
Kreuzbeintische u. s. w. und, einmal vorhanden, er-
hielt sie sich noch lange, nachdem die Bedingungen
dafür längst geschwunden und die ersten primitiven
Gebräuche sich geändert hatten, nur der Schmuck
des Möbels wird mit dem festeren Wohnsitz des
15. Jahrhunderts ein reicherer und mit dem größeren
Einfluss der Frau gelangt in das ganze Hauswesen
und die Ausstattung die behaglichere Wohnlichkeit
und Veredelung. Die Kasten und Truhen, wie uns
Vasari erzählt, wurden auch bald bemalt mit den
Hauswappen, mit Fabeln und Darstellungen aus der
Geschichte, mit Jagdstücken, Turnierscenen, Liebes-
scenen und anderem mehr, und der Gebrauch war

mit Blattrosetten versehenen Kasten. Ein anderes
Exemplar mit rundem Deckel ist mit Leder über-
zogen und mit diagonal sich kreuzenden, eng anein-
ander gelegten freien Striemen von Bandeisen und
Friesen ringsum mit aufgeschlagenem Torusmuster
und ein drittes, gleichfalls rundgedeckeltes, mit
grünem Samtüberzug versehenes Stück des 15. Jahr-
herts, derben, in einfache Muster gelegte Streifen
von Eisenblech, auf die Rankenzüge und Delphine
aufgeschlagen sind. Eine cassa des 16. Jahrhunderts
zeigt in einfachster Bildung die bekannte Truhen-
oder Sarkophagform, auf Klauenfüsse gestellt; die
Flächen sind über dem Lederüberzug vollständig mit
Ornamentschmuck aus aufgebuckeltem und aufre-

1885

1) R. Erculei, intaglio e tarsia in legno, esposizione de]
 
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