STRASSBURGER%AYENCE UND PORZELLAN.
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wir aus den Straßburger Akten nicht kennen lernen,
erschienen zu hoch, und um ihn als Konkurrenten
fernerhin nicht fürchten zu müssen, beauftragte man
in den ersten Monaten von 1754 den Intendanten
des Elsass, dem Paul Anton Hannong unter Hin-
weis auf die Privilegien von Vincennes zu eröffnen,
dass er binnen drei Wochen die Porzellanfabrikation
einzustellen habe. Es war ein Gewaltakt der
schlimmsten Art. Um dies ganz zu begreifen, müssen
wir uns die damalige politische Lage des Elsass ver-
gegenwärtigen. Elsass bildete nicht, wie nach der
sei (simplement reputee etrangere sans l'etre effective-
ment). Wir müssen diese Entscheidung des Staats-
rates im Auge behalten, da wir auf dieselbe bald
wieder zurückzukommen haben. — Für Hannon«-
war dieselbe ein furchtbarer Schlag. Er konnte ja
allerdings die i^«/e»ce-Fabrikation weitertreiben, wenn
auch diese nur unter den Schranken, welche das
Privileg von Vincennes-Sevres zog, nach welchem
allen anderen verboten war: die Vergoldung, skulp-
tirte Verzierung oder Herstellung von Figuren und
Bemalung, außer in Blau, „facon de la Chine".
Fayeneesclmssel, hez. PH. 32 cm x 43 cm.
Annexion von Lothringen durch Frankreich und
nach der Revolution von 1789, ein zusammenhängen-
des Gebiet mit Frankreich, sondern es war von
Frankreich durch das dazwischenliegende Lothringen
getrennt, und nur durch eine Militärstraße verbunden.
In Handels- und Steuersachen ffalt Elsass als that-
sächlich fremdes Land „etranger effectif". Das war
noch nie bestritten worden. Das Privileg von Vin-
cennes hatte hier also keine gesetzliche Geltung, ab-
gesehen davon, dass die Art des Porzellans von
Straßburg eine ganz andere war als die von Vin-
cennes-Sevres. Doch der Staatsrat entschied, dass
das Elsass einfach eine Provinz sei, die als eine
fremde angesehen werde, ohne dass sie es wirklich
Kunstgowerboblatt. N. F. II.
Aber wenn er auch unter solchen Umständen weiter
arbeiten wollte, es hätte ihm nicht viel geholfen,
denn unterdessen war in dem Geschmack des vor-
nehmen und kaufkräftigsten Publikums eine tief-
greifende Veränderung vorgegangen. Man hatte sich
von der Fayence ab-, und dem Porzellan zugewandt,
das durch Leichtigkeit, Eleganz, Feinheit der Glasur
und Härte den schwerfälligeren Rivalen leicht über-
wand.
So fand es denn Paul Anton Hannong für o-e-
raten auszuwandern. Er ging nach Frankenthal,
wo ihm Kurfürst Karl Theodor gegen Miete ein
geräumiges Lokal zur Anlage einer Fabrik zur
Verfügung stellte. Die erste Geschichte von
IG
jB\
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wir aus den Straßburger Akten nicht kennen lernen,
erschienen zu hoch, und um ihn als Konkurrenten
fernerhin nicht fürchten zu müssen, beauftragte man
in den ersten Monaten von 1754 den Intendanten
des Elsass, dem Paul Anton Hannong unter Hin-
weis auf die Privilegien von Vincennes zu eröffnen,
dass er binnen drei Wochen die Porzellanfabrikation
einzustellen habe. Es war ein Gewaltakt der
schlimmsten Art. Um dies ganz zu begreifen, müssen
wir uns die damalige politische Lage des Elsass ver-
gegenwärtigen. Elsass bildete nicht, wie nach der
sei (simplement reputee etrangere sans l'etre effective-
ment). Wir müssen diese Entscheidung des Staats-
rates im Auge behalten, da wir auf dieselbe bald
wieder zurückzukommen haben. — Für Hannon«-
war dieselbe ein furchtbarer Schlag. Er konnte ja
allerdings die i^«/e»ce-Fabrikation weitertreiben, wenn
auch diese nur unter den Schranken, welche das
Privileg von Vincennes-Sevres zog, nach welchem
allen anderen verboten war: die Vergoldung, skulp-
tirte Verzierung oder Herstellung von Figuren und
Bemalung, außer in Blau, „facon de la Chine".
Fayeneesclmssel, hez. PH. 32 cm x 43 cm.
Annexion von Lothringen durch Frankreich und
nach der Revolution von 1789, ein zusammenhängen-
des Gebiet mit Frankreich, sondern es war von
Frankreich durch das dazwischenliegende Lothringen
getrennt, und nur durch eine Militärstraße verbunden.
In Handels- und Steuersachen ffalt Elsass als that-
sächlich fremdes Land „etranger effectif". Das war
noch nie bestritten worden. Das Privileg von Vin-
cennes hatte hier also keine gesetzliche Geltung, ab-
gesehen davon, dass die Art des Porzellans von
Straßburg eine ganz andere war als die von Vin-
cennes-Sevres. Doch der Staatsrat entschied, dass
das Elsass einfach eine Provinz sei, die als eine
fremde angesehen werde, ohne dass sie es wirklich
Kunstgowerboblatt. N. F. II.
Aber wenn er auch unter solchen Umständen weiter
arbeiten wollte, es hätte ihm nicht viel geholfen,
denn unterdessen war in dem Geschmack des vor-
nehmen und kaufkräftigsten Publikums eine tief-
greifende Veränderung vorgegangen. Man hatte sich
von der Fayence ab-, und dem Porzellan zugewandt,
das durch Leichtigkeit, Eleganz, Feinheit der Glasur
und Härte den schwerfälligeren Rivalen leicht über-
wand.
So fand es denn Paul Anton Hannong für o-e-
raten auszuwandern. Er ging nach Frankenthal,
wo ihm Kurfürst Karl Theodor gegen Miete ein
geräumiges Lokal zur Anlage einer Fabrik zur
Verfügung stellte. Die erste Geschichte von
IG
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