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ELEKTRISCHE BELEUCHTUNGSKÖRPER.
wagen und versucht es einmal mit diesem Genre,
welches den geschickten Treibarbeiter an die Stelle
des Bildhauers und Ciseleurs setzt. Ich bin weit
entfernt, diese Art, die man als ein Provisorium
bezeichnen könnte, zu bedauern: sie giebt der Er-
findung eine entschiedene Frische, leistet der Aus-
führung eines guten Einfalls weiten Vorschub und
hat wirklich reizvolle Lösungen geliefert, wie die
guirlandenartige Beleuchtung im Zuschauerraum des
Ausstellungstheaters (von der Wurzener Fabrik aus-
geführt) oder wie die Lichterkronen in der bayerischen
Bierhalle (Lussmann) die aus
kleinen hölzernen Biertonnen
bestehen, von getriebenen
Hopfenranken bekränzt. Ganz
besonders hübsch sind in
diesem Genre die kleinen
Ampeln der Wurzener Fabrik,
die von der Kunst des Glas-
bläsers (schlesischen und böh-
mischen Hütten) einen aus-
giebigen Gebrauch machen.
Leider geben die beigefügten
Abbildungen keine volle Vor-
stellung von dem Reiz, welchen
diese in Ei-Birnen und Eichel-
formen geblasenen zartgefärb-
ten Gläser mit ihrer Montirung
von naturalistischen Blätter-
ranken besitzen.
Einen ziemlich weiten
Raum beansprucht die Heran-
ziehung der menschlichen Fi-
gur zu Beleuchtungszwecken.
Mehrfach vertreten (bei Schäf-
fer & Walker, Würzen etc.)
sind Kinderfiguren, welche
einen leuchtenden Blütenzweig über den Kopf halten.
Leider sind meist die eingesetzten Glühlampen zu
groß und noch zu wenig den frei bewegten Formen
des Ganzen akkommodirt, um ganz befriedigende
Lösungen zu geben. Das Gleiche gilt von der
unbekleideten Tänzerin Professor Eberleins, welche
Schaff er & Walker mit einem solchen Blütenzweig
versehen haben. Bei ihrer ersten Ausstellung in
München wirkte diese reizende naturalistische Figur,
die eine ganz leichte Blumenranke wie ein Spring-
seil zu handhaben schien, weit graziöser. Gradezu
entsetzlich ist die von der gleichen Firma als
Kandelaber zurechtgemachte Gauklerin von Peter
Breuer, eine an sich verdienstvolle Plastik. Aber
Wandarmlenchter für Olüliliclit
Wurzener Bronzewarenfabrik.
der Gedanke, dass ein in der verzwicktesten Stellung
auf dem Rücken liegendes Mädchen auf den er-
hobenen Fußspitzen eine leuchtende Glaskugel balan-
cirt, ist selbst für den unbefangenen Sinn so unge-
heuerlich, dass man vor diesem Kunstwerk eine
Blumenlese abfälliger Urteile aufsammeln kann.
Waren die bisher genannten Werke der Plastik
mehr oder weniger zufällig zu ihren Glühlichtern
gekommen, so hat Riedinger mehrfach die Aufgabe,
die menschliche Figur als Leuchterträger zu be-
nutzen, mit Glück gelöst. Trefflich sind die Formen,
welche Kronen mit herabhän-
genden Kugeln tragen, eine
ausgezeichnete Leistung die
Figur von Bruska, vielleicht
mit einer Laterne in der Hand,
wie wir sie im Musterbuch
sehen, noch besser wirkend
als mit dem im Maßstab zu
kleinen Modelle eines hollän-
dischen Kronleuchters, welches
die bronzene Figur trägt.
Da wir uns auf der Suche
nach neuen Motiven für die
elektrische Beleuchtung befin-
den, so lohnt es sich, in dem
künstlerisch ausgestatteten Ka-
binett Riedingers noch etwas
Umschau zu halten; ist doch
dieses und dasjenige der Wur-
zener Firma das einzige, wo
wir auf Ausbeute rechnen
dürfen. Vor allem hat Riedinger
zwei Ampeln komponirt —
höchst einfach, eiförmiges,
englisches Opalglas mit einem
Beschlag, der an Zartheit der
Metallstärken fast die Grenze des Möglichen erreicht:
aber von jenem echten Hauch der Selbstverständlich-
keit, der uns den Erfinder ganz vergessen lasst. Durch
ein Geschlinge von Passementerie-Kordel mit eingesetz-
ten Glaskugeln zu einer Guirlande vereinigt, geben diese
gefälligen Kompositionen wirklich eine Idee, wie in
einem Salon der Zukunft die Beleuchtung sich neu und
selbständig gestalten lässt. Auch die beiden Lüster
mit herabhängenden Glocken, welche in Abbildungen
beigefügt sind, gehören zum Besten der Ausstellung;
besonders ist der in italienischer Spätrenaissance ge-
haltene vortrefflich in der Durchführung des Details.
Auf einem eigentümlichen Wege begegnen wir
Riedinger bei einer sechsarmigen Krone, von deren
ELEKTRISCHE BELEUCHTUNGSKÖRPER.
wagen und versucht es einmal mit diesem Genre,
welches den geschickten Treibarbeiter an die Stelle
des Bildhauers und Ciseleurs setzt. Ich bin weit
entfernt, diese Art, die man als ein Provisorium
bezeichnen könnte, zu bedauern: sie giebt der Er-
findung eine entschiedene Frische, leistet der Aus-
führung eines guten Einfalls weiten Vorschub und
hat wirklich reizvolle Lösungen geliefert, wie die
guirlandenartige Beleuchtung im Zuschauerraum des
Ausstellungstheaters (von der Wurzener Fabrik aus-
geführt) oder wie die Lichterkronen in der bayerischen
Bierhalle (Lussmann) die aus
kleinen hölzernen Biertonnen
bestehen, von getriebenen
Hopfenranken bekränzt. Ganz
besonders hübsch sind in
diesem Genre die kleinen
Ampeln der Wurzener Fabrik,
die von der Kunst des Glas-
bläsers (schlesischen und böh-
mischen Hütten) einen aus-
giebigen Gebrauch machen.
Leider geben die beigefügten
Abbildungen keine volle Vor-
stellung von dem Reiz, welchen
diese in Ei-Birnen und Eichel-
formen geblasenen zartgefärb-
ten Gläser mit ihrer Montirung
von naturalistischen Blätter-
ranken besitzen.
Einen ziemlich weiten
Raum beansprucht die Heran-
ziehung der menschlichen Fi-
gur zu Beleuchtungszwecken.
Mehrfach vertreten (bei Schäf-
fer & Walker, Würzen etc.)
sind Kinderfiguren, welche
einen leuchtenden Blütenzweig über den Kopf halten.
Leider sind meist die eingesetzten Glühlampen zu
groß und noch zu wenig den frei bewegten Formen
des Ganzen akkommodirt, um ganz befriedigende
Lösungen zu geben. Das Gleiche gilt von der
unbekleideten Tänzerin Professor Eberleins, welche
Schaff er & Walker mit einem solchen Blütenzweig
versehen haben. Bei ihrer ersten Ausstellung in
München wirkte diese reizende naturalistische Figur,
die eine ganz leichte Blumenranke wie ein Spring-
seil zu handhaben schien, weit graziöser. Gradezu
entsetzlich ist die von der gleichen Firma als
Kandelaber zurechtgemachte Gauklerin von Peter
Breuer, eine an sich verdienstvolle Plastik. Aber
Wandarmlenchter für Olüliliclit
Wurzener Bronzewarenfabrik.
der Gedanke, dass ein in der verzwicktesten Stellung
auf dem Rücken liegendes Mädchen auf den er-
hobenen Fußspitzen eine leuchtende Glaskugel balan-
cirt, ist selbst für den unbefangenen Sinn so unge-
heuerlich, dass man vor diesem Kunstwerk eine
Blumenlese abfälliger Urteile aufsammeln kann.
Waren die bisher genannten Werke der Plastik
mehr oder weniger zufällig zu ihren Glühlichtern
gekommen, so hat Riedinger mehrfach die Aufgabe,
die menschliche Figur als Leuchterträger zu be-
nutzen, mit Glück gelöst. Trefflich sind die Formen,
welche Kronen mit herabhän-
genden Kugeln tragen, eine
ausgezeichnete Leistung die
Figur von Bruska, vielleicht
mit einer Laterne in der Hand,
wie wir sie im Musterbuch
sehen, noch besser wirkend
als mit dem im Maßstab zu
kleinen Modelle eines hollän-
dischen Kronleuchters, welches
die bronzene Figur trägt.
Da wir uns auf der Suche
nach neuen Motiven für die
elektrische Beleuchtung befin-
den, so lohnt es sich, in dem
künstlerisch ausgestatteten Ka-
binett Riedingers noch etwas
Umschau zu halten; ist doch
dieses und dasjenige der Wur-
zener Firma das einzige, wo
wir auf Ausbeute rechnen
dürfen. Vor allem hat Riedinger
zwei Ampeln komponirt —
höchst einfach, eiförmiges,
englisches Opalglas mit einem
Beschlag, der an Zartheit der
Metallstärken fast die Grenze des Möglichen erreicht:
aber von jenem echten Hauch der Selbstverständlich-
keit, der uns den Erfinder ganz vergessen lasst. Durch
ein Geschlinge von Passementerie-Kordel mit eingesetz-
ten Glaskugeln zu einer Guirlande vereinigt, geben diese
gefälligen Kompositionen wirklich eine Idee, wie in
einem Salon der Zukunft die Beleuchtung sich neu und
selbständig gestalten lässt. Auch die beiden Lüster
mit herabhängenden Glocken, welche in Abbildungen
beigefügt sind, gehören zum Besten der Ausstellung;
besonders ist der in italienischer Spätrenaissance ge-
haltene vortrefflich in der Durchführung des Details.
Auf einem eigentümlichen Wege begegnen wir
Riedinger bei einer sechsarmigen Krone, von deren