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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Bücherschau / Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0168

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146

BÜCHERSCFIAU.

und Faust genügen zur Führung des Rosses.
Mit dem Sattel, den die nordeuropäischen Völker
wahrscheinlich aus ihrer asiatischen Heimat mit-
bringen, wird der Sporn ein Bedürfnis, der schwere
Sattel des römischen Reiters, der auf einer fast bis
unter den Bauch des Pferdes herabhängenden Decke
liegt, fordert gebieterisch den Antrieb durch den
Sporn, weil Sattel und Decke die Wirkung des
Schenkels brechen. Je dicker die Sattelkissen
werden, um so mehr wird der Gaul der Schenkel-
wirkung entzogen, um so notwendiger wird der
Sporn, aber auch um so größer die Bewegung des
Schenkels, um ihn zur Wirkung zu bringen, was,
worauf übrigens hingewiesen ist, auf die Form und
Rüstung des Stachels und auf die Stelle seiner Be-
festigung am Fuße einwirkt. Ebensolchen, die Form
des Sporns treffenden Einfluss hat die Bewaffnung
des Reiters zu Trutz und Schutz. Als in den Kreuz-
zügen die Lanze durch ihr immer bedeutender wer-
dendes Gewicht, ihre größere Dimension eine ganz
andere Führung der Waffe bedingt, fordert diese
auch eine andere Auslage des Reiters zum „Guneiz"
im Turniere wie im Kampfe. Die Beine stellen sich
anders aber nicht senkrecht, sondern weit nach vorn
und dieser Stellung gemäß ändert sich der Sattel,
der nun das ganz gerüstete, daher unbewegliche
Bein außer jede Berührung mit dem Gaule selbst
setzt. Von Schenkelführung ist keine Rede mehr.
Der Spornhals muss daher enorme Dimensionen an-

nehmen, wenn er auf das Pferd einwirken soll. Die
Bewegung des ungelenken, eiseugepanzerten Beines
sind aber unwillkürlich roh, der leicht verwundende
Stachel wird daher durch das dem Gaule weniger
gefährliche Rad ersetzt. Der Orient aber behält
bei der hohen Lage der Steigbügel den Stachel,
der in diesem Falle nicht besonders hart treffen
kann, bis jetzt, wo das Abendland durch den leich-
teren Sattel dem Schenkel seine alte Bedeutung
wiedergiebt und den Wert des Sporns herabdrückt.
Die nach dieser Richtung gegebenen Andeutungen
würden mehr in den Vordergrund gerückt und aus-
geführt, die ganze Abhandlung auf breitere Grund-
lage stellen, vielleicht auch die Einteilung und Zeit-
bestimmung selbst beeinflussen.

Einen Irrtum möchten wir berichtigen. Die
Bezeichnung von Sporn und Lanze als taktische
Einheit im Mittelalter ist nicht gleich bedeutend.
Die Angabe der Zahlen der Lanzen als die der Reiter
eines Kriegshaufens entspricht der dreifachen Anzahl
der Sporen, wobei jede Sporenzahl für einen Reiter
gilt, denn die taktische Einheitlanze besteht nicht aus
einem, sondern aus drei Reitern mit zwei auch drei
Fußknechten, so dass also z. B. 10 Lanzen 30 Reiter
oder Sporen und 60 bis 90 Fußknechte bedeuten.

Die Ausstattung des Werkes ist vortrefflich, wie
uns die Verlagshandlung, der wir schon so vieles
Ausgezeichnete verdanken, erwarten ließ.

A. von REYDEN.



Fröhrömischer Sporn. 2.—l. Jahrhundert v. Chr.

(Aus: ZscMlle und Porrer, Der Sporn.)


 
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