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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Falke, Otto von: Die Ausstellung orientalischer Teppiche in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0010
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Entwurf zu einem ßahmen in Ebenholz mit Metalldekorationen. Von Direktor H, Götz in Karlsruhe.

Die Leitung des Osterreichischen Handels-
museums hatte mit der Veranstaltung dieser Aus-
stellung einen sehr glücklichen Griff gethan.
Sie war unter den kunstgewerblichen Spezial-
ausstellungen dieses Jahres nicht nur die bedeu-
tendste , sondern für alle Fachkreise sicherlich
die erwünschteste. Denn in je weitere Kreise
während der letzten Jahrzehnte das Bedürfnis nach
einer farbenfrohen und künstlerischen Wohnungs-
ausstattung gedrungen ist, um so zahlreichere
Freunde und Verehrer hat sich auch der orienta-
lische Teppich erworben. Aber mit der steigenden
Liebhaberei für dieses prächtigste Erzeugnis des
muhamedanischen Kunsthandwerks hat das Ver-
ständnis dafür und die Erkenntnis seiner Herkunft
und Geschichte keineswegs Schritt zu halten ver-
mocht. Während die älteren Exemplare zumeist
Persien als dem von alters her berühmtesten Hei-
matlande der Teppichknüpferei ziemlich unterschieds-
los zugewiesen werden, musste man sich auch für
die Produkte der Gegenwart mit einer Anzahl von
Benennungen begnügen, die einerseits für die unend-
liche Vielgestaltigkeit der orientalischen Teppiche
nicht ausreichten, andererseits zum Teil bloße Han-
delsnamen sind, welche häufig genug mit der wirk-
lichen Heimat eines Stückes nichts zu thun haben.
Hier einigermaßen Klarheit zu schaffen, war nur
möglich durch die Zusammenstellung von typischen
Exemplaren aller oder doch der für den Welthandel
wichtigeren Sorten persischer, centralasiatischer, kau-

kasischer und kleinasiatischer Teppiche. Erst wenn
man diese kennen gelernt hatte, wenn man sie nach
Material, Musterung und Technik unterscheiden konnte,
durfte man hoffen, von dieser Grundlage ausgehend
auch hinter die Geheimnisse der alten Teppiche zu
kommen.

In letzterer Hinsicht sind die Erwartungen aller-
dings nicht ganz erfüllt worden. Denn der bekannte,
freilich vielfach sehr überschätzte Konservativismus
der orientalischen Kunst in Sachen des Ornamentes
und der Technik hat hier wie auf anderen Gebieten
den starken Einwirkungen des Verfalles und der
Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse des abendländi-
schen Marktes nicht überall stand gehalten. Immer-
hin ist das, was schon die Berücksichtigung des
Levantehandels vom Mittelalter bis zum 17. Jahr-
hundert wahrscheinlich machte, vollauf bestätigt wor-
den. Dass die Teppiche mit vorwiegend geometri-
schen Mustern oder gradlinig stilisirtem vegetabilen
Ornament, wie sie Julius Lessing nach Gemälden
der Renaissance veröffentlicht hat, dass diese damals
fast allein in Europa vertretene Art nicht persischen
Ursprungs ist, sondern den türkischen Produktions-
stätten am Kaukasus und in Kleinasien entstammt.

Feste Anhaltspunkte für die Zeitbestimmung hat
die Ausstellung nicht geben können. Sie hat uns
vielmehr eine Stütze hinfällig gemacht, die man bis-
her dankbar annahm, weil es die einzige war, die
auf genauer Kenntnis der altorientalischen Littera-
tur beruhte, das Werk „über die persische Nadel-
 
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