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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 3.1892

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Rosenberg, Marc: Rauchfässer in Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.4888#0022
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fy; -Vö/
Feuerbocl; aus Bronze. Aufgenommen unä gezeichnet von C. Sutter.

RAUCHFÄSSER IN BADEN.

VON MARC ROSENBERG.
MIT ABBILDUNGEN.

ENN Baden auch nicht so
glücklich ist, ein Gesetz zu
haben, welches den Verkauf
von Kunstwerken verbietet,
so besitzt es doch in seinem
Konservator, Geh. Hofrat
Dr. Wagner einen Mann, der
wachsamen Auges die Denk-
mäler des Landes schützt, und wo eine Alienirung droht
mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen ein-
springt. Ihm verdankt die Großherzogliche Altertums-
sammlung den Besitz eines romanischen Rauchfasses,
welches die Kirche zu Immenstaad am Bodensee zu
veräußern im Begriffe stand. Es ist eines jener Stücke
wie sie im Mittelalter mehrfach vorkommen, das
aber durch.eine Untersuchung, welche mit aütiser
Genehmigung des Herrn Konservators an demselben
vorgenommen ist, unserem Interesse näher gerückt ist.
Als romanische Arbeit steht es in der Mitte zwischen
zwei anderen Rauchfässern, einem altchristlichen und
einem der Renaissanceperiode, welche wir kurz hier mit
hereinziehen, weil es uns bemerkenswert erscheint,
dass das kleine badische Land für die Hauptpunkte
m der Entwicklung dieses Gerätes so merkwürdige
und in ihrer Art einzig dastehende Beispiele besitzt.

Kunstgewerbeblatt. N. F. III.

Die Sitte des Räucherns bei gewissen heiligen
Handlungen hat die christliche Kirche aus der Sy-
nagoge übernommen; denn wenn sich auch schon das
heidnische Altertum des Räucherwerks zu Kultus-
zwecken bediente, so scheint das Christentum einen
so ausgedehnten Gebrauch von demselben zu machen,
dass wir eben an einen anderen Zusammenhang,
einen orientalisch-jüdischen denken müssen. Einer
der griechischen Kirchenväter spricht einmal zu den
Heiden, „wir brauchen mehr Weihrauch, um einen
Toten zu begraben, als ihr um eure Götter zu ehren."
Für den Tempel zu Jerusalem dagegen ließ schon
Salornon 10000 goldene Rauchfässer machen! Ptole-
mäus Philadelphus lässt bei einem Feste 300 Rauch-
fässerschwingen, und auf einem byzantinischen Elfen-
beinrelief, jetzt im Museum zu Trier, finden wir bei
der feierlichen Einbringung von Reliquien eine ganze
Schar Rauchfässer schwingender Personen an den
Fenstern des Palastes. In späterer christlicher Zeit
macht man bekanntlich keinen so ausgiebigen Ge-
brauch vom Rauchfasse mehr und die ursprüngliche
Sitte gerät so sehr in Vergessenheit, dass man bei
Wiederaufnahme der Forschungen über die Ge-
schichte der Liturgie im vorigen Jahrhundert an-
nehmen konnte, die Kirche räuchere, um die

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