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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Luthmer, Ferdinand: Hinterglasmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0029
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20

HINTERGLASMALEREI.

Aus: Hammel : Ornamental« Motive.
Leipzig, Verlag von E. A. Seemann, 181)3.

schriebenen Prozeduren bildete. Jeden-
falls entspricht nach Molinier die Beschrei-
bung den meisten unter den 38 Stücken
der Spitzersammlung; eine Ausnahme
machen einige Werke deutscher Herkunft,
bei welchen das Gold eine weniger be-
deutende Rolle spielt. Dagegen sind die
Italiener dem beschriebenen Verfahren
offenbar stets treu geblieben. Eine Aus-
nahme macht eine wahrscheinlich vene-
zianische Tafel, die Muttergottes mit dem Kinde und mehrere
Heilige darstellend, bei welcher zuerst starke schwarze
Konturen aufgezeichnet sind, doch scheint dieses Stück, schon
wegen der Verwendung des auch im Mittelalter meist vor-
kommenden blasigen Glases, geringwertiger zu sein, als die meist
auf Bergkrystall gemalten Arbeiten des 15. und 10. Jahrhunderts.
Überhaupt dürften die Venezianer, als die Spezialisten in der Glasbe-
arbeitung, am ersten der Hinterglasmalerei eine Verallgemeinerung
verschafft haben, indem sie dieselben nicht nur auf kleinen Flach-
bildchen, die zu Schmuckstücken oder Kusstafeln (paces) bestimmt
waren, verwendeten, sondern auch bei Gefäßen aus Glas, besonders
Frucht- und Konfektschalen zur Anwendung brachten. Die Samm-
lung Spitzer besitzt eine solche Schale, deren Rand mit Knollen
(godrons) verziert ist und welche auf dem Boden eine Kopie des
„Parnass" von Raffael enthält. Auf die beiden Schalen in den ver-
einigten königl. Sammlungen in Stuttgart, sowie auf die auf silber-
vergoldetem Fuß montirte Schale mit Venus und Amor im Museum
zu Gotha habe ich in dem oben angeführten Aufsatz aufmerksam
gemacht.

Auf die Frage, in welchem Teil von Italien man den Ursprung
dieser Miniaturmalereien hinter Glas zu suchen habe, ist die Ant-
wort nicht ganz leicht. Wie oben bemerkt, wird man geneigt sein,
bei allen die Glastechnik berührenden Fragen zuerst auf Venedig
zu verfallen; doch spricht der Stil einiger der frühesten und unbedingt
schönsten dieser Arbeiten in der Spitzersammlung eher gegen als
für diese Annahme. Die Architekturen (gewundene Säulen mit Spitz-
giebeln, gelegentliche Anwendung farbiger Steine) wurden im Mittel-
alter ziemlich in ganz Italien angewendet, und die sitzende Mutter-
gottes auf einer der Tafeln entspricht nicht dem Typus, den in
Venedig namentlich die Maler zweiten Ranges nach byzantinischen
Traditionen festzuhalten pflegten. Jedenfalls war im 14. Jahrhundert
die Unterglasmalerei in Italien noch nicht so allgemein verbreitet,
dass man nicht, um dies in Geheimnis verhüllte Verfahren nachzu-
ahmen, gelegentlich ein Kunststück angewendet hätte: Miniaturen
hinter Glasplättchen geklebt, konnten allenfalls einen wenig geübten
Sammler täuschen; eine derartige Ornamentation findet man auf
einem Reliquiar zu Charroux bei Poitiers.

Auf einzelne Stücke der Sammlung, welche einen besonderen
Kunstwert darstellen, eingehend, macht Molinier auf einen Hieronymus
aufmerksam, dem im Mittelgrund eine heil. Magdalena in der Grotte
beigegeben ist —• ein Stück von köstlicher Zeichnung, dessen mit
 
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