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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Schlie, Friedrich: Aus der kunstgewerblichen Abteilung des grossherzoglichen Museums zu Schwerin, [4]: Alte mecklenburgische Fayencen aus der Zeit der Arcanisten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0098
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90

AUS DEM GROSSHERZOGLICHEN MUSEUM ZU SCHWERIN.

selbst mit einem Christoph Ludwig Chelii ab, welcher
sich verbindlich machte, derselben zehn Jahre vor-
zustehen und so, dass von Bülow und seine Frau
mit ihm zufrieden wären. Die erforderlichen Ar-
beiter wurden verschrieben, das Unternehmen wurde
begonnen. Aber bald kam es zu Differenzen, so
dass Chelij im Frühling 1754 das Weite suchte und
sich nach Wismar begab, wo er jedoch, ohne Zweifel
auf Bülow's Antrag, arretirt wurde. Am 13. Mai
des Jahres kam die Sache vor dem Bürgermeister
zur Verhandlung, doch konnte Chelij dieselbe nicht
zur Schlichtung mittelst Prozesses bringen, da er
keine Bürgen stellen konnte, und wurde deswegen
wieder auf die Hauptwache gebracht. Wie diese
Angelegenheit dann schließlich ein Ende gefunden
hat, darüber liegt nichts vor, doch scheint es mög-
lich, dass beide Parteien am Ende mit dem Auf-
hören jener Fabrik zu-
frieden gewesen sind
und Chelij in Wismar
thätig geworden ist.
Hier erhielten nämlich
unter dem 12. Septem-
ber 1754 der Ratsapo-
theker Franz Kindt, der
Schiffsbaumeister Nils
Ahsberg und deren Ge-
nossen vom Rate ein
Privilegium auf eine Fabrik von Porzellan und Fein-
steinzeug, welches nicht geringer sein sollte als
Delfter Ware, jedoch nur auf den Fall, dass die
Fabrik binnen Jahresfrist in Betrieb gesetzt sein
würde. Diese Bedingung ist, wie es scheint, erfüllt
worden, da die Bauleute am 13. Juni 1757 sich be-
schwerten, dass die Porzellanfabrik auf ihrer Weide
vor dem Lübischen Thor tiefe Löcher habe graben
lassen, aber lange hat diese Fabrik jedenfalls nicht
bestanden, da der Wismarsche Rat 17G8 berichtete,

es sei die Fayencefabrik nicht zur Vollendung ge-
kommen, sondern es sei damit bei einem bloßen
Versuch verblieben. Ein Fabrikat des Wismarschen
Unternehmens ist bisher nicht bekannt geworden."
Von der Stieten'schen Fabrik gab es bis vor
Kurzem nur den versinterten Tassensatz und die
Ente. Das Museum in Schwerin ist jetzt in den
Besitz einer musizirenden Kindergruppe von Groß-
Stieten gelangt, welche ganz genau dieselbe Be-
zeichnung wie die Ente trägt. Letztere befand
sich bis zum Jahre 1866 im Besitz einer Frau
von Holstein geb. von Palthen. Aus ihrem Nach-
Iass erwarb sie der Kaufmann David Thormann,
mit dessen Kunstsammlungen sie jetzt ins Groß-
herzogliche Museum gelangt ist. Die beiden Buch-
staben V und H aber beziehen sich auf den unga-
rischen Oberstlieutenant Otto von Hagen, welcher

von 1743 bis 1759 Be-



V:JL:

XVI

1

Monogramme der Ente von Groß-Stieten.

sitzer des Gutes Groß-
Stieten war (vgl. Jahrb.
d. V. f. m. Gesch. u.
Altert. XXXII, S. 156).
„Es ist aber auffallend",
schreibt Dr. Crull, „dass
in dem Zerwürfnis mit
Chelij der Kammerherr
von Bülow als kläge-

rischer Kontrahent er-
scheint. Ob hier im Wismarschen Konsulatsproto-
koll ein Irrtum obwaltet, oder ob Bülow als Bevoll-
mächtigter oder in sonst welcher Eigenschaft auftrat,
muss dahingestellt bleiben."

Letzteres ist wahrscheinlicher als ersteres. Wenn
etwa von Hagen seinen militärischen Diensten noch
oblag, so muss er einen Administrator gehabt haben.
Als solcher kann von Bülow thätig gewesen sein.
Bei seinem Tode hinterließ von Hagen das Gut seinen
Kindern, später kam es in von Bülow'sche Hände.

Silberne Schnalle von N". TbÜbhbb in Heidelberg.
 
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