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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Luthmer, Ferdinand: Möbel und Zimmereinrichtungen auf der Pariser Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0161
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MÖBEL UND ZIMMEREINRICHTUNGEN AUF DER PARISER AUSSTELLUNG

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In innerm Zusammenhang mit diesen hellen Stim-
mungen steht die den verschiedenen Nationen ge-
meinsame Bevorzugung gewisser Hölzer, des hellen
und grauen Ahorns, des Satinholzes, des Birnbaumes,
der Rüster u. a.

Am entschiedensten von allen war Wien in die
neue Richtung eingetreten, wie ja auch die Aus-
stellung der Schule des österreichischen Museums den
Einfluss des thätigsten Vorkämpfers dieser Richtung,
des Herrn von Scala, unverkennbar aufwies. Ausser
den beiden genannten Räumen war Niedermoser mit
einem auch farbig gut wirkenden Zimmer vertreten;
während Ungethüm in seinen etwas englisch beein-
flussten Einzelmöbeln glücklicher war als in dem von
Massstabfehlern nicht freien, hartfarbigen Ahorn-
zimmer. Sehr modern kam Pospischil sowie die
Budapester Firmen Banyani, Kantor und Gelb & Sohn.
Zwischen dem mancherlei Gesuchten dieser Interieurs
wirkte wohlthuend das in Eichenholz einfach und
verständig aufgebaute Speisezimmer von Henrik Kramer.
Auch das im Holz gebogene Möbel bei Thonet und
bei Kohn in Wien hatte versucht, die Vorteile aus
dem neuen Stil zu ziehen, die ihm besonders nahe
liegen. Der vorgeschrittenste und, wie es scheint,
beliebteste unter den Wiener Modernen, Olbrich,
hatte ein »Wiener Interieur« ausgestellt, dem die
»Kajüte einer Lustjacht« angefügt war; ausserdem war
er durch das, von der Künstlerkolonie seines neuen
Wirkungskreises Darmstadt ausgestellte Zimmer ver-
treten. »Poet und Praktiker«, wie ihn Hevesi in

einem Olbrichs »Ideen« vorgedruckten Dithyrambus
nennt, hat sich der Künstler hier vorwiegend als
ersterer gezeigt. Die praktischen Gedanken seiner
Möbel und seiner Dekorationsweise werden durch
tausend geistreiche, oft auch nur verblüffende Einfälle
überwuchert. Zu dem einstimmenden Behagen,
welches ein ernst und schlicht seine Überzeugung
aus dem Innersten aussprechender Künstler erregt,
kommt man Olbrich gegenüber selten.

In Deutschland sind die Keime des modernen
Stils weithin verstreut und an vielen Stellen auf-
gegangen. Darmstadt wurde bereits berührt: Der
Gesamteindruck des Raumes, der viele hübsche Einzel-
heiten, als beste die Glasfenster nach Christiansen
enthielt, war freundlich und anheimelnd. München
trat mit Entschiedenheit für den modernen Stil ein;
die »vereinigten Werkstätten« hatten nach den Entwürfen
von Malern drei Räume ausgestattet, von welchen
wir dem Jagdzimmer von Bruno Paul unbedingt den
Vorzug geben. Hier war der schlichte, selbstver-
ständliche Ausdruck eines klaren Gedankens, den
wir so oft bei den Modernen vermissen. In Pankok's
Erkerzimmer wurde ein allzu ausgiebiger Gebrauch
von den durch Van de Velde eingeführten ge-
schweiften Konturen der Architektur gemacht. Ob
man berechtigt ist, den architektonisch klar und mass-
voll durchgebildeten Raum von Paul Pfann (Aus-
führung W. Till und E. Pfeifer) unter die modernen
zu rechnen, steht dahin. Sein unleugbar künstlerisches
Gepräge wurde durch die Wandbilder von Walther



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ENTWURF ZU EINEM TEPPICH VON ED. SIEDLE,
AUSGEFÜHRT VON HOFFBAUER & CO., BERLIN

Kunstgewerbeblatt. N. F. XII. H.

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