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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Plehn, Anna L.: Die Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0213
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206

DIE AUSSTELLUNG DER KÜNSTLER-KOLONIE DARMSTADT

ERNST RIEGEL
MÜNCHEN

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Höhe aufrichtete. Unter Zuhilfenahme der schlichten
Feierlichkeit der breiten Treppenterrasse ist hier dem
Kultus der Kunst ein Pathos gewidmet, ergreifend
in seiner Einfachheit und lebhaft ins Licht gestellt
durch die daneben sich ausbreitende Beweglichkeit
der dem heiteren Leben gewidmeten Bauten.

Und nun wendet sich der Blick hinüber nach der
absteigenden Fläche und wird abermals zwischen den
vier zunächst sich anschliessenden Villen vorbei-
schweifend aufgefangen von der breiten, in eine flache
Spitze zusammenlaufenden Bogenfassade des »Hauses
für Flächenkunst«, einem nur für die Dauer der Aus-
stellung zur Aufnahme einer Gemäldesammlung er-
richteten Holzbau, der alle Keckheit einer Gelegen-
heitsarchitektur mit dekorativem Schwung zu vereinen
weiss. Ein prächtiges Bild, das noch vervollständigt
wird durch die Fernsicht in eine weite Ebene mit
abschliessendem Wald und blauer Hügelkette.

Neben dem genannten Holzbau sind noch das
Haus für die »Darmstädter Spiele« — Olbrich nennt
es das lebensgrosse Modell eines Theaters —, die
Blumenhalle und das Eingangsthor für vorüber-
gehenden Gebrauch und Untergang nach Schluss der
Ausstellung bestimmt. Naturgemäss sind grade diese
Improvisationen unter dem Gesichtspunkt geplant,
durch schlichten Linienfluss zu wirken und nicht
durch ein Detail, das bei mangelnden Mitteln und
mangelnder Zeit nur dürftig hätte ausfallen können.
Ihre Erscheinung ist also zum Teil aus den Verhält-
nissen heraus zu erklären, und doch werden ihre

sowie bogenförmig gegiebelten Dächern haben in-
dividuelle Unterschiede genug gebracht. Nun sollte
das die Anlage beherrschende Gebäude seiner Be-
stimmung gemäss Ernst und Ruhe ausdrücken, in
das heitere Spiel der Linien Feierlichkeit hineintragen
und durch die klare Gleichmässigkeit seiner Anord-
nung die übereinstimmenden Masse der Innenräume
anzeigen, welche alle dieselbe Bestimmung tragen.
Darum feiert die Breitenrichtung ihren Triumph auf
dem Hauptplatze des Villenterrains wo sich das »Ernst-
Ludwig-Haus« auf seiner Terrassenhöhe über alle
Wohnhäuser erhebt. Die gleichgrossen Arbeitsräume
der Künstler liegen hier nebeneinander. Sie setzen
sich zusammen aus je einem grösseren, vorderen
Atelier, das zugleich für die Thätigkeit von Hilfs-
kräften und Schülern dienen kann, und dem
Privatarbeitsraum des Atelierinhabers. Nebeneinander
gelegt, gliedern sie das Gebäude in zwei gleiche
Flügel, die sich zu den Seiten des rundbogigen Mittel-
portals ausdehnen. In der breiten Masse dieses Baues
bilden die vorspringende vordere Kante des flachen Dachs
sowie die unteren Begrenzungen des Hauptstocks und
der darunter sich trotzig ausbreitenden, mit schräger
Profillinie ansteigenden Basis die lebhaft betonten
Horizontalen. Diese Tendenz wird unterbrochen und
zugleich bemerkbarer gemacht durch die streng senk-
rechten, nirgends überschnittenen Eckbegrenzungen
der Hausmauern und durch das Aufragen der beiden
mächtigen Figuren, die Habich aus Tuffstein meisselte
und zu beiden Seiten des Portals zu dessen voller

ERNST RIEGEL
MÜNCHEN
 
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