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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Plehn, Anna L.: Die Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0215
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208

DIE AUSSTELLUNG DER KÜNSTLER-KOLONIE DARMSTADT

Augen das Ungewohnteste zu. Auch schwankt er
selbst noch hie und da, wie die Neuerer pflegen,
und hat noch nicht die präzise Note gefunden, bei
der er endgültig bleiben wird. Mit Offenheit spricht
er selbst es aus, dass ihn noch nicht alles an seinem
Hause voll befriedigt. Aber es ist hier einmal ein
allerpersönlichstes Beispiel aufgestellt. Besonders
sind es die glühenden Farben, welche diese freuden-
durstige Seele anzogen. Die Pracht, welche die
tiefstehende Sonne in Wald und Blumengarten hervor-
zaubert. Jene Purpurtöne, das Glutrot und Gold-
funkeln, wie sie Herbstlaub, Kiefernstämme und
Rosenblüten unter dem Kusse des Abendstrahls ent-
falten. Dazu als milderndes Element kühlere Nuancen,
welche zur gleichen Stunde als helles Smaragdgrün
im Schatten auf dem Rasen liegen oder auf allen
hellen Flächen die der Sonne entgegenstehenden
Körper als sattes Blau in treuer Silhouette nach-
zeichnen. Das alles lebt in dieser Dekoration auf.
Es feiert ein üppiges und vornehm harmonisches
Fest in den grossen Verglasungen, welche den
Saal des Restaurationsgebäudes schmücken. Sie sind
nach Professor Christiansen's Entwurf von der Kunst-
glaserei Friedrich Endner in Darmstadt ausgeführt
und wurden aus dem Besitz der Firma Henckell in
Mainz für die Dauer der Ausstellung hergeliehen.
Hier ist inniges Ineinanderschmiegen der vielfachen
Nuancen von Glut und Glanz eine stimmung-
beschwörende Kraft der Farbe, die alle Formen des
bacchantischen Bildmotivs als unwesentlich zurück-
drängt, wie es die alten Glasfenster in gotischen
Kirchen thun, nur dass unsere Zeit mit allen
Zaubern ihrer herrlichen Opaleszentgläser den

Künstlerabsichten noch unvergleichlich besser ent-
gegenkommt.

In ähnliche Farben kleidete Christiansen auch die
»Villa in Rosen«, die sich von allen Bauten der
Mathildenhöhe am lebhaftesten als Problem vor die
Beschauer stellt. Der leuchtende Purpur der Päonie
und helles Smaragd singen hier die höchsten Töne.
Dazwischen schlingen sich stillere Nuancen als be-
gleitende Accorde: Blau, Grau, trübes Gelb. Das
Holzwerk aussen am Hause: die Treppe und alles
Gebälk sind purpurn gestrichen, das Dach grün mit
blauen Musterungen, welche die kühne Gegenüber-
stellung des Rot und Grün mildern. Das grünliche
Weiss des Wandverputzes wird von Mosaikverkleidung
und Malerei unterbrochen und das ganze Haus aussen
und innen von Rosenornamenten umschlungen. Da
sind rote Rosen, grüne Rosen, gelbe Rosen, je nach-
dem welche Farbe gerade an dem bestimmten Fleck
erwünscht war. Das alles mit einander wirkt laut
und voll, vielleicht ein wenig zu kühn für unsere
deutschen Sonnenlichtverhältnisse, aber besonders an
den Aussenwänden wird die Witterung vermutlich
bald mildernd eingreifen. Nach der Üppigkeit der
Aussenansicht empfängt in der Eintrittshalle der
Ernst des graugebeizten Eichengetäfels, wenn auch
durch leuchtend farbige Verglasungen gemildert,
überraschend, fast erkältend, um dann abermals
im Wohnzimmer in eine kecke Stimmung über-
zugehen, wo von neuem Grün und Purpur diesmal
im Glanz von Seidenstoffen und Holzpolitur wieder-
holt werden und wo die Rosen sich aus Glasfluss
und Kalkfarbe in das Fadenmaterial der Nadelarbeit
übersetzen.

ENTWURF

ZU EINEM

TEPPICH

VON

ARCHITEKT

ALBIN

MÜLLER

MAGDEBURG
 
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