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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0067

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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Kunstgewerbes und Handwerks.« — Die Resolution fand
einstimmige Annahme. — Es ist gegen Punkt 1 prinzipiell
nichts einzuwenden, vorausgesetzt, daß man für jedes
Handwerk einen Vertreter fände, der den nötigen Horizont
besäße, die in Punkt 2 genannten Funktionen auszuführen.
Was bei den Fortbildungsschulen möglich war und in
Berlin bereits eingeführt ist, wäre bei den Kunstgewerbe-
schulen weitaus gefährlicher, wenn man Handwerker in
deren Kuratorien delegierte, die in einem unheilbaren
Gegensatz zur Kunst stehen, das heißt, sie als etwas Er-
lernbares ansehen in der Art, wie man in früheren Jahren
sich auf den Kunstgewerbeschulen ein totes Wissen alter
Formen und Ornamente aneignete. Unsere Handwerker,
von denen ja in diesem Falle nur die älteren »Semester«
in Frage kommen würden, haben viel zu sehr den ehe-
maligen Kunst- und Stil-Drill in den Knochen, als daß sie
sich so ohne weiteres mit dem Gedanken vertraut machen
könnten (und wollten!), daß die Kunstgewerbeschulen
dafür da sein müssen, den Schülern eine möglichst ge-
diegene Allgemeinbildung auf künstlerischem und ge-
schmacklichem Gebiete zu geben, sie geistig frei zu machen,
statt sie zu dressieren. Die Punkte 3 und 4 werden im
großen und ganzen schon erfüllt, so daß sich ein der-
artiger Antrag wohl erübrigt. Punkt 5 ist durch eine sehr
vernünftige Antwort des preußischen Kultusministers, dem
bekanntlich die in dieser Hinsicht am meisten befehdeten
Kunstgewerbeschulen in Berlin und Breslau unterstehen,
sehr treffend widerlegt worden. Der Minister führte aus:
»Die praktische Betätigung der Leiter und Lehrer an kunst-
gewerblichen Lehranstalten kann im Interesse eines frucht-
bringenden Unterrichts nicht entbehrt werden, und es er-
scheint kaum angängig, hierbei nur die Ausführung von
Aufträgen für Kunstgewerbetreibende zuzulassen, eine
solche für Private aber zu untersagen. Auch die Beteiligung
von Schülern an derartigen Aufträgen, wobei die orts-
üblichen Löhne zugrunde zu legen sind, kann nicht um-
gangen werden, da sie für die praktische Ausbildung der
Schüler von besonderem Werte sein kann. Einem Teil der
Schüler wird es auch nur auf diese Weise ermöglicht, die
Mittel für ihre schulgemäße Fortbildung zu erlangen, wie
andererseits durch eine solche Betätigung das Verantwort-
lichkeitsgefühl der Schüler zum Nutzen für ihre spätere
Selbständigkeit gesteigert und die, auch vom Fachverband
gewünschte Ausbildung von praktisch brauchbaren Kräften
gefördert wird. Darauf, daß eine, die selbständigen Ge-
werbetreibenden in unzulässiger Weise schädigende Kon-
kurrenz in den, seinem Geschäftsbereich unterstellten An-
stalten vermieden wird (d. h. in Berlin und Breslau — alle
übrigen Anstalten unterstehen dem preußischen Handels-
minister) ist mit Entschiedenheit Bedacht genommen. Gez.
von Trott zu Solz.« Es ist also nicht recht einzusehen,
weshalb hier noch vom Fachverbande munter weiter pro-
testiert wird. Übrigens hat sich die Meinung mancher
Herren, die noch im September in Dresden dem vor-
erwähnten Protest eine einstimmige Annahme verschafften,
seither erheblich geändert. Während es dort noch Herrn
Wilhelm Kimbel-Berlin gelang, sich mit neun anderen
Herren in eine Kommission delegieren zu lassen, die »dem
Unwesen der sogenannten Raum-Innen-usw.-Künstler, die
mit ihrer Lungengewandtheit unerfahrene Frauen betören«,
ein Ende machen soll, — während dieses finstere Vehm-
gericht in Dresden eingesetzt wurde, ist bald darauf Herr
Obermeister Rahardt mit der ganzen Berliner Tischler-
innung zu den »Geschmacksräten« abgeschwenkt, indem er
sie bat, künftig die Produktion der Berliner Tischler, die
sich von der wirtschaftlichen Abhängigkeit der großen

Möbelhändler emanzipieren wollen, künstlerisch zu beein-
flussen. Ob man dieses »Geheimabkommen« streng ahnden,
oder ob Kimbel sich in die »splendid isolation« zurück-
ziehen wird, darüber soll uns der sechste Kongreß deut-
scher Kunstgewerbetreibenden und Handwerker, der im
nächsten Jahre in Stuttgart stattfinden wird, volle Klarheit
bringen. Heüwag.
□ Dresden. Der 4. internationale Kongreß für Kunst-
unterricht, Zeichnen und angewandte Kunst wird vom 12. bis
18. August 1912 in Dresden tagen und mit einer großen
Zeichen- und Lehrmittelausstellung, wie sie in gleichem
Umfange noch nie veranstaltet worden ist, verbunden sein.
Gleichzeitig findet in demselben Ausstellungskomplex eine
große Kunstausstellung statt, so daß man die Entwicklung
der Kunst von ihren bescheidenen frühesten Äußerungen
aus Kindeshand bis zu den höchsten Leistungen des Künst-
lers vergleichen und beobachten kann. Anfragen beant-
wortet Herr Karl Elßner, Dresden 27.
□ Düsseldorf. Schulvorträge über Biirgerkunde. Einen
Versuch auf dem Gebiete der staatsbürgerlichen Erziehung
macht die Stadt Düsseldorf in diesem Winter. Als Ergän-
zung des Schulunterrichts und Förderung der bürgerkund-
lichen Belehrung und staatsbürgerlichen Erziehung werden
biirgerkundliche Vorträge für die Schüler der oberen Klas-
sen der höheren Knabenschulen gehalten. Zu den Vor-
trägen werden auch die Eltern der Knaben eingeladen.
Die Vorträge sind auf eine frühe Abendstunde im Ritter-
saal der städtischen Tonhalle festgesetzt. Es werden im
ganzen vier Vorträge gehalten. Die Vorträge behandeln
die Stadtverwaltung, die staatliche Verwaltung und Selbst-
verwaltung, die Verfassung Preußens und des Deutschen
Reiches und »Unser Recht und unsere Gerichtshöfe«. □
□ Hannover. Der Ausschuß des Deutschen Handwerks-
und Gewerbekammertages trat im November in Hannover
unter dem Vorsitz des Herrenhausmitglieds Obermeister
Plate zu Beratungen über wichtige gewerbliche Fragen zu-
sammen. Zwecks Besserung des privaten Submissions-
wesens wurde die Einsetzung einer fünfgliedrigen Kom-
mission beschlossen. Den Fortbildungsschulbesuch der
Handwerkerlehrlinge betreffend hält der Ausschuß an dem
Grundsatz fest, daß dieser Besuch während der ganzen
Dauer der Lehrzeit auch über das 18. Lebensjahr hinaus
zu erfolgen habe. Es wurde empfohlen, die Angelegenheit
dahin zu verfolgen, daß die Buchdruckereien möglichst als
Handwerksbetriebe erklärt werden. Weiter wurde mitge-
teilt, daß in Kürze eine Konferenz im Reichsamt des In-
nern über die Regulierung des Verhältnisses zwischen Fabrik
und Handwerk zu erwarten sei, die die Frage endgültig
entscheidet. □
AUSSTELLUNGEN
□ Berlin. Die Tischlerinnung zu Berlin hat in Ge-
meinschaft mit der »Deutschen Messegesellschaft Berlin«
beschlossen, in den Ausstellungshallen am Zoo vom
18. bis 28. Januar 1912 eine Frühjahrs- Möbelmesse und
vom 17. August bis 1. September 1912 eine Herbst-Möbel-
messe zu veranstalten. a
Leipzig. Für die Internationale Ausstellung für Buch-
gewerbe und Graphik Leipzig 1914. Rat und Stadtverordnete
der Stadt Leipzig haben ein 400000 qm großes Gelände
unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Garantiefonds
beträgt augenblicklich 550000 Mk. Dem Bauausschuß ge-
hören an Baurat Franz Theodor Franke, Stadtbaurat Fritz
Peters, Architekt Hermann Schmidt, Prof. Max Seliger,
Stadtbauinspektor Hans Strobel, Dr. L. Volkmann.

Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h. in Leipzig
 
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