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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

DOI Artikel:
Geller, Johannes: Rudolf Bosselt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0068

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KUNSTGEWERBEBLATT
NEU E FOLGE (5? -1911 /12 TS 23 JAHRGANG

ncA L^TI^ANT. fritz hellwag in
KcUAKl lUlN. berlin-zehlendorf-
WANNSEEBAHN • TELEPHON: ZEHLENDORF 1053

VERLAG

E. A. SEEMANN IN LEIPZIG,
QUERSTR. 13 • TELEPHON 244

HEFT 4
JANUAR

VEREINSORGAN
BERLIN, DRESDEN, DÜSSELDORF, FRANKFURT A.
MAIN, HAMBURG, HANNOVER, KARLSRUHE I. B.,
KÖNIGSBERG I. PREUSSEN, LEIPZIG, MAGDEBURG,
PFORZHEIM UND STUTTGART £


RUDOLF BOSSELT

UNSER modernes Kunstgewerbe hat einen Weg
zu ganz anderen Zielen eingeschlagen, als bei
seinem Entstehen angenommen und voraus-
gesehen werden konnte. Nicht die Erneuerung des
wirtschaftlich bedrängten Handwerks ist sein Sinn und
Kern, nicht die Veredelung der industriellen Arbeit
seine wurzelbildende Kraft, nicht die Bildung und
Verfeinerung des guten Geschmacks Ziel und Ende
der Arbeit; sondern der Drang zur künstlerischen
Gestaltung unserer Gesamtlebenshaltung. n
□ Es braucht nicht weiter ausgeführt zu werden,
daß zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte irgend
eine Geistesrichtung, ein Gestaltungswille bestimmend
vor allen anderen hervorgetreten ist; hier intellektuelle
Begabung, Meditieren, Forschen, Spekulieren; dort
wirtschaftliche Betätigungslust, Gründen, Kolonisieren,
Handeltreiben; auf anderer Stufe überwiegt politischer
Kunstgewerbeblatt. N. F. XXIII. H. 4

Sinn und Veranlagung; auf einer weiteren religöse
Vorstellungskraft. In unserer Zeit ist das Interesse
für die technische Fortbildung übermächtig allgemein
geworden, und damit korrespondierend in merkwür-
diger Perversion das Interesse an der Kunst. Es
scheint, als ob Empirie und Spekulation auf strenger
wissenschaftlicher Grundlage die Phantasie aufgewühlt
und fortgerissen hat, und da wir nicht in einer schwäch-
lich absterbenden Zeit leben, in der diese Phantasie-
tätigkeit zu mystischer Schwärmerei führen müßte,
sondern stark nach aufwärts streben, vom Wettbewerb
auf allen Seiten bedrängt und vorgetrieben, so muß
das zur künstlerischen Gestaltung der Lebensformen
führen. Hätten wir es nur mit einer lediglich in der
bildenden Kunst verlaufenden Weiterbildung internen
Charakters zu tun; aber die Bewegung greift weit
über auf ferner liegende Gebiete; wir sehen, wie sich

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