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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0063

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NEUE BÜCHER
Ernst Sauermann, Handwerkliche Schnitzereien des 16.
und 17. Jahrhunderts aus Schleswig-Holstein. Frankfurt
a. M., Keller. 1910. 40 M. o
□ Auf 49 Tafeln hat der Herausgeber mehr als hundert
Abbildungen von schleswig-holsteinischen Holzschnitzereien
an Möbeln und Inneneinrichtungen vereinigt. Er verfolgt
dabei die Absicht, aus dem Oesamtbestande die Stücke
zusammenzustellen, denen einheimische Stilmotive zugrunde
liegen. Die Anordnung des Materials erfolgte im wesent-
lichen nach örtlichen Gesichtspunkten; es kommen somit
die drei führenden Schulen zu Worte; die nordwestschles-
wigsche, nordfriesische und die holländische oder unter
holländischem Einfluß arbeitende, deren technische und
stilistische Eigentümlichkeiten in der Einleitung auseinander-
gesetzt werden. °
□ Wenn das Werk zunächst von der Wissenschaft dank-
bar begrüßt wird, die ein großes unveröffentlichtes Material
zur Verfügung erhält, so darf doch andrerseits nicht der
Nutzen übersehen werden, den die Praxis des kunst-
gewerblichen Unterrichts, und nicht nur im Ursprungslande
selbst, daraus ziehen kann. Wie befruchtend das Studium
und die Anschauung heimatlichen ererbten Besitzes auf
die Gegenwart wirken kann, hat die letzte Ausstellung
von Arbeiten aus der Kunstgewerbeschule in Flensburg
gezeigt, die, ohne zu kopieren, Verständnis für den Geist
einer technisch und künstlerisch soliden Vergangenheit be-
wiesen. o
□ Die Lichtdrucke sind gut; ihre Montierung auf dunkel-
grauen Karton für Unterrichtszwecke praktisch, otto Pelka
Corrado Ricci, Barockzeit in Italien. Stuttgart, Julius
Hoffmann. □
o Als fünfter Band der Bauformen-Bibliothek, die sich
rasch überall eingebürgert hat, erscheint dieses Werk des
Generaldirektors der Altertümer und schönen Künste in
Rom: Ein treffliches Bilderbuch von 315 Abbildungen mit
einer ebenso trefflichen knappen Einleitung des bekannten
italienischen Kunstforschers, dessen plastische, ja mitunter
poetische Sprache Julius Baum geschickt verdeutscht hat.
Schon Cornelius Gurlitt, der uns vor Jahren an der Hand
flotter, aber für die wissenschaftliche Behandlung doch zu
magerer Skizzen zuerst mit der Barockzeit näher bekannt
gemacht, fing naturgemäß bei Italien an, dessen Seicento
für uns im ganzen siebzehnten und in einem Teil des acht-
zehnten Jahrhunderts das ausschließliche Evangelium ge-
wesen ist. Viel mannigfaltiger ist nun das, bisher noch
nie so bequem und billig gebotene Material, das selbst-
verständlich Rom in den Vordergrund rückt, aber auch das
ganze andere Italien von Venedig bis Palermo, von Genua
oder Turin bis Syrakus in wirklich sehr glücklich und mit
vollständiger Beherrschung des Stoffes getroffener Auswahl.
Die wesentlichsten Kirchenbauten mit den Kuppeln und
Fassaden, Innenräumen, Decken, Chorstühlen, Altären,
Kanzeln, Grabmälern werden da, gut geordnet, dargeboten,
dann die Paläste mit ihrer ganzen Außen- und Innen-
architektur, mit den Stiegenanlagen, Arkadenhöfen, Por-
talen, Fensterumrahmungen, Sälen, Galerien, Bibliotheken
und Theatern; aber auch die wesentlichsten Stadttore,
Landsitze mit ihren Gartenanlagen und Grotten, Kaskaden
und Fontänen fehlen nicht. Die dekorative Plastik kommt
hierbei reichlich zu Worte, auch in Einzelheiten, in den
von Allegorien oder Engeln getragenen Kartuschen und
Wappen; selbst dem Kunstgewerbe wird durch die Vor-
führung von Türen, Gittern, Schränken und Truhen Rech-
nung getragen. Daß der große Barockmeister Bernini die

erste Violine spielt, ist selbstverständlich; aber auch Borro-
mini, Longhena, Maderna und all die vielen andern, die
dem heutigen Italien an den meisten Orten erst das Ge-
präge gaben, kommen nicht zu kurz. Allen Bildern sind
die Künstlernamen, wo dies nur irgend tunlich war, bei-
gegeben, desgleichen die Jahreszahlen der Entstehung, und
ausführliche Orts- und Namensverzeichnisse sorgen am
Schlüsse für die leichte Benützbarkeit des Buches, das
wohl noch mehr als seine Vorgänger dazu beitragen wird,
die Bauformen-Bibliothek in immer weiteren Kreisen populär
zu machen. p.
Ernst Lemberger, Meisterminiaturen aus fünf Jahrhun-
derten. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt. M. 30.—. □
□ Eines der billigsten Bücher, das auf dem Kunstmarkt
bisher überhaupt erschienen ist! Man bedenke: ein ganzes
Künstlerlexikon mit mehr als 6000 Namen nebst kurzen
biographischen Daten, eine im allgemeinen gut orientierende
Einleitung über die ganze Entwickelung der Kleinbildnis-
malerei seit der Renaissance und außerdem 75 Tafeln mit
geradezu herrlichen farbigen Reproduktionen wichtiger,
charakteristischer Porträtminiaturen, das Beste, was in
diesem Genre im Mehrfarben-Buchdruck überhaupt geboten
worden ist. Kein Wunder, daß die nur kleine Auflage
des stattlichen und dabei doch gut handlichen Bandes fast
schon ganz vergriffen ist. — Seit der ersten Miniatur-
porträt-Ausstellung, die im Frühjahr 1903 im Nordböhmi-
schen Gewerbemuseum in Reichenberg veranstaltet worden
ist und viele Nachfolger in immer mehr erweiterter Form
gefunden hat — z. B. Breslau, Herbst 1903, Troppau 1905,
Wien 1905, Berlin 1906 usw. — hat das Interesse für diese
liebenswürdigen, zum Teile wirklich durchaus künstlerischen
Leistungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
ganz bedeutend zugenommen; geradezu schwindelerregende
Preise werden heutzutage für einen Fuger oder Daffinger
auf dem Kunstmarkte nicht nur verlangt, sondern auch
ohne Überlegung gerne gezahlt. Aber nur der öster-
reichische Teil erfuhr bisher — durch E. Leisching — eine
würdige Behandlung, während man sich bezüglich der
anderen Gruppen bei uns zum Unterschiede von England,
das mit einer vornehmen, zusammenfassenden Publikation
vorangegangen war, nur mit den Ausstellungskatalogen be-
helfen mußte. Da hat nun Ernst Lemberger, dem das
Bedürfnis der Museums- und Sammlerkreise in dieser Hin-
sicht nicht unbekannt war, schon 1907 mit einem kleinen
Handbuch »Beiträge zur Geschichte der Miniaturmalerei«
(Berlin) einzugreifen versucht; aber er selbst hat wohl
noch deutlicher als die andern spüren mögen, welche
Lücken und Fehler dieser erste, auf den Markt geworfene
Versuch hat. Deshalb entschloß er sich, dasselbe Gebiet
in sorgfältigerer Weise zu behandeln, zumal noch viel, aus
den bisherigen Ausstellungen noch nicht bekanntes Material
herangezogen werden konnte, in erster Reihe die schöne
Miniaturensammlung des Königs von Württemberg, sowie
den Besitz anderer deutscher Fürstenhöfe und neuer Sammler.
Auch das neue Werk hat seine Achillesversen: die Wahl
der Bilder ist nicht gleichmäßig, da neben wahren Pracht-
stücken auch ganz unbedeutende Bildchen, mehr als dies
nötig gewesen wäre, Vorkommen; Literaturbelege und
Quellenangaben sollten ebenfalls nicht fehlen, schon um
einzelne problematische Bestimmungen nachprüfen zu
können. Dennoch soll festgestellt werden, daß wir auch
hier wieder viel Neues erfahren, und daß die Benützbarkeit
dem praktischen Bedarf in jeder Beziehung Rechnung trägt.
Das Schwergewicht liegt aber ohne Zweifel auf den groß-
artig gelungenen Bildertafeln, die zu dem Besten zählen,
was die Deutsche Verlagsanstalt bisher aufzuweisen hat.
 
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