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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Vorwort
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Breuer, Robert: Die Berliner Möbelindustrie
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Hilig, Hugo: Der kunstgwerbliche Arbeiter, [8]: der Lithograph
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0016

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BERLINER ARCHITEKTUR UND MÖBELKUNST

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von 1850) in den Orkus sank, dann
ist die Bahn definitiv frei für das,
was von unten heraufdrängt, für das,
was vom tüchtigen Handwerk längst
geleistet sein möchte und von den
Künstlern der Zeit stets gewollt
wurde. □
□ In solchem Zusammenhänge
müssen die Versuche gelobt werden,
die Dittmar durch die Vorführung
guter bürgerlicher, aber gesunder und
von jeder Lüge befreiter Möbel für
die Mietsetage unternahm. □
□ □

□ Bleibt noch eine Frage zu tun:
wird Berlin auch für das Möbel seine
Künstler finden, wie es deren für
das Geschäftshaus, hier und da auch
bereits für das Mietshaus und für
den Fabrikbau gefunden hat? Wird
Berlin in der Geschichte seines
Möbels Persönlichkeiten von dem
Grade Alfred Messels oder Ludwig
Hoffmanns aufzuweisen haben? Auch
ohne Optimist zu sein, darf man
das erwarten; man denkt dabei an
Männer wie Behrens, Muthesius,
Grenander, Schneckenberg, Münch-
hausen, Henker, Geßner und noch
an manchen anderen? □
d Man hofft auf diese Männer und
darauf, daß alle Exekutionsorgane
klug genug sein werden, sich führen
zu lassen: um, sicher geleitet, die
hastende Energie in verstehenden
Gehorsam zu wandeln. □


Bruno Taut (als künstlerischer Mitarbeiter von H. Lassen, jetzt Taut & Hoffmann),
Wohnhaus in der Bismarckstraße

DER KUNSTGEWERBLICHE ARBEITER
Von Hugo Hillig

VIII. DER LITHOGRAPH
□ Die Lithographen stehen, genau genommen, in keinem
alten Gewerbe. Die Geschichte dieses Gewerbes zu schrei-
ben, wäre trotzdem eine sehr komplizierte Aufgabe, weil
die lithographische Kunst, als sie Gewerbe ward, sich zu
einem großen Teil aufpflanzte auf die älteren Flachdruck-
verfahren, den Kupferstich, die Radierung, die Schabkunst
usw. und auch die lithographische Technik selbst, nicht
nur ihre wirtschaftliche Verfassung, vermischte sich mit
diesen älteren Flachdruckverfahren und den Gewerben, die
sie ausübten. Und überwand sie schließlich und trat dann
auch gegen den Hochdruck, den Buchdruck als Konkurrent
auf, der namentlich bei gewissen prätensiösen Arbeiten in
Blattform den Trumpf in der Hand behielt. □
□ Zu jener Zeit waren die Lithographen nicht etwa Ar-
beiter, nicht auch Handwerker, sie standen hoch darüber,
bis sich schließlich doch ihr Beruf zu einem wenn auch
nicht großen, aber allgemeinen Gewerbe abflachte. Denn
mit der Konsumtion von Lithographien, die die Kupferstiche
Kunstgewerbeblatt. N. F. XXIII. H. 1

ablösten und oft genug auch die Gemälde, erweitere sich
auch ihr Arbeitsfeld; die Auflagen wurden größer, und das
lithographische Druckverfahren wurde langsam Industrie,
die billiger als der Kupferdruck arbeitete und auf Massen-
produktion eingearbeitet war. Die aber auch dem Litho-
graphen die geschäftliche Führung seines Berufes aus der
Hand nahm und sie dem kapitalkräftigen Unternehmer
übertrug. Als dann die Photographie sich ausgebildet
hatte und zu einem Gewerbe ward, da konnte dem Stein-
druckergewerbe das wirtschaftlich nicht viel schaden, aber
wie die Photographie mit den kleinen Porträtmalern auf-
räumte, so tat sie das noch mehr mit den Porträtlithogra-
phen: das künstlerische Element in der Lithographie wurde
zu anderen Arbeiten gezwungen, deren es ja in Hülle und
Fülle gab, die aber für künstlerischen Ehrgeiz wenig Spiel-
raum boten. Die Lithographie war zu dem vorherrschenden
Druckverfahren für alle Arbeiten geworden, für die der
Buchdruck technisch und auch ästhetisch noch nicht aus-
reichte. Die allgemeine industrielle Entwicklung verschob

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