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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0165

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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Ausgeführte Gartenarchitekturen aus den Werkstätten von
Jakob Ochs-Hamburg (künstlerische Leitung: Leberecht Migge)

KUNSTGEWERBLICHE
RUNDSCHAU
□ Zu dem Thema Baugewerkschulcn schreibt uns der
Direktor der Königl. Baugewerkschule in Dt.-Krone, Herr
Prof. Peters: n
□ Auf der vierten Jahresversammlung des »Deutschen
Werkbundes« in Dresden sind in der Diskussion auch die
Baugewerkschulen erwähnt und zwar in einer recht nieder-
drückendenWeise. Es heißt dort in dem Bericht in der krassen
Weise: »Die Baugewerkschulen liefern eigentlich nur Archi-
tektur-Verderber.« Eine derartige Äußerung ist hart und
lieblos und zeugt nur davon, daß der betreffende Autor
dieser Worte die fortschrittlichen Baugewerkschulen nicht
kennt. Auch die Technischen Hochschulen sind bemängelt,
weil sie nicht die gewünschten Künstler heranzubilden
verstehen. Bei diesen höheren Schulen sind aber wenigstens
die Mängel in gewisser Beziehung erklärt, »weil in dem
Lehrgang von den Studierenden zuviel und zu vielerlei
gefordert wird, anstatt die Denkweise und Auffassung des
Lernenden zu fördern.« □
n Wenn der Sprecher des harten Urteils über die Bau-
gewerkschulen genaue Kenntnisse von diesen Schulen ge-
habt haben würde, hätte er nicht so hart gesprochen, oder
er hätte wenigstens dabei erklären müssen, weshalb das
von ihm erwünschte (aber unerreichbare) Ziel an den Bau-
gewerkschulen nicht erreicht werden kann. □
□ Zur Aufklärung und zur Verteidigung der Kgl. Preuß.
Baugewerkschulen sei mir gestattet, in kurzen Worten das
zu skizzieren, was von den Schülern dieser Anstalt gefordert
wird. □
n In der Hauptsache werden alle vorkommenden Kon-
struktionen aus den verschiedenen Handwerken entwickelt
und gründlich durch Vortrag und Übung gelehrt; außerdem
muß auch der Schüler die für baupolizeiliche Gesuche er-
forderlichen theoretischen Berechnungen hierfür selbständig
ausarbeiten können. Nach Erledigung der Schule beherrschte
der Baugewerkschüler diese unendliche Menge Konstruk-
tionen in durchweg staunenswerter Weise; ich kann nach
meinen Erfahrungen sagen, daß die Konstruktionen ihm
weit mehr geläufig sind, als den Absolventen der Hoch-
schulen. □
□ Neben diesem großen Wissen an Konstruktionen wird
der Baugewerkschüler jetzt auch soweit herangezogen, daß
er durchweg selbständig kleine ländliche und städtische
Gebäude entwerfen kann, die als gute Qualitätsbauten
überall bestehen können. Unter Qualitätsbauten sind solche
zu verstehen, die ihrer Zweckbestimmung und der Material-
behandlung gerecht geworden sind. Gewiß muß hier zu-
gegeben werden, daß eine noch größere Sicherheit und
bestimmtere Gewandtheit im Entwerfen erreicht werden
könnte, wenn mehr Zeit hierfür vorhanden wäre; vielleicht
könnte dies durch Aufbau einer höheren Architekturklasse
erreicht werden. n
a Wenn man bedenkt, daß die Baugewerkschüler sich
dieses für die Praxis nötige umfangreiche Wissen in so
kurzer Zeit und bei oft so geringer Vorbildung aneignen,
dann muß jeder Fachmann staunen und mit Hochachtung
aufblicken zu den Anstalten, die dies erreichen. □
□ Daß nun auch noch nach einer fünfsemestrigen Schul-
ausbildung zu diesem umfangreichen Stoff die Erziehung
zur Kunst hinzukommen soll, die Erziehung zum Künstler
erreicht werden soll, ist ja ausgeschlossen und unmöglich!
Um so mehr muß der Kenner der deutschen Baugewerk-
schulen sich immer wieder wundern, wie in unsern guten
und besten Fachzeitschriften so scharf und ohne jede
Kenntnis der Verhältnisse geurteilt wird. □
 
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