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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Schramm, Julius: Kunstschmied und Architekt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0135

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Reg.-Bauineister Drescher, Türklopfer am Altstädter Rathaus in Brandenburg, ausgeführt von Julius Schramm

BERLINER SCHMIEDEARBEITEN

KUNSTSCHMIED UND ARCHITEKT
Von Julius Schramm

WIE allgemein bekannt, waren in den letzten Jahr-
zehnten auf allen Gebieten des Kunstgewerbes
reiche Formen beliebt. Freie Flächen wurden be-
deckt mit Ornamenten und Linien irgendeiner
Stilart; aber es blieben nur Linien und aneinandergereihte
Ornamente, es fehlte meist die Überlegung, aus der sie in
der klassischen Zeit hervorgegangen waren. Man überbot
sich, reiche Wirkungen zu erzielen und zugleich möglichst
wenig Geld dafür anzulegen. Um Aufträge zu erlangen,
bemühten sich Handwerker und Lieferanten, möglichst billige
Angebote zu machen. Sie waren bestrebt, die Wirkung
der ihnen vorgelegten Zeichnung auf billigere Weise zu
erreichen, um einen niedrigeren Preis zu erzielen. Das
Schmiedeeisen bildete in dieser Beziehung keine Ausnahme.
Dann kam die Erkenntnis, daß man bei der Benutzung
der alten Formen eben nur die Formen zur Anwendung
gebracht hatte, ohne Rücksicht auf ihren Grundgedanken,
und in dem Bestreben, das Kunstgewerbe zu reformieren,
ging man nach einigen Irrwegen dazu über, zunächst das
Material seiner Eigenart entsprechend zu behandeln, ihm
also nicht Formen aufzuzwingen, die seiner Technik nicht
entsprechen. □
□ Die führenden Architekten begannen damit, zunächst
einfache und den Zwecken entsprechende Formen zu ver-
wenden und sie durch Auswahl der Abmessung und even-
tuell durch einfache Verzierungen schön auszubilden, bezw.

zu bereichern. Dabei kam es darauf an, diese einfache
Arbeit gut und gediegen auszuführen. Hierbei ergab sich
eine Verschiedenartigkeit im Aussehen des Materials: an
den Stellen, an denen das Eisen als Stab in die Erscheinung
trat, behielt es die glatte Walzfläche, an den warm bear-
beiteten Stellen blieb die Wirkung des Flammers erkennbar.
Um der Arbeit ein einheitliches Aussehen zu verleihen,
wurden nun auch die glatten unbearbeiteten Stäbe und
Teile in warmem Zustand überschmiedet. Zugleich wurde
Wert darauf gelegt, keine Arbeit zu verschleiern, z. B. keine
Nietköpfe fortzufeilen, diese wurden im Gegenteil nach
Möglichkeit zu Verzierungen benutzt, entweder durch Unter-
legen von Rosetten, durch den Anstrich oder andere sich
von Fall zu Fall von selbst ergebende Möglichkeiten. Ferner
wurden Formen, die sich durch Schmieden mit dem Hammer
erreichen ließen, nicht mit der Feile bearbeitet, und schon
bei Anfertigung der Zeichnung wurde durch gemeinschaft-
liche Besprechungen zwischen Architekt und Kunsthand-
werker eine technisch gute Ausführbarkeit als Grundlage
betrachtet. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß gestanzte
und gewalzte Ornamente, welchen absichtlich das Aussehen
geschmiedeter Arbeit gegeben wurde, und welche gerade
zu dieser Zeit in den Handel kamen, nicht verwendet wer-
den durften, wie es auch ausgeschlossen war, anstatt des
Schmiedeeisens andere gießbare Metalle zu verwenden, denen
früher oft durch Behämmern bezw. durch Färben das Aus-
 
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