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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Schinnerer, Johannes: Christoph Hulbe in Kiel
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Westheim, Paul: Ein Linoleum-Wettbewerb
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0201

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EIN LINOLEUM WETTBEWERB

körper, deren Form schon mit dem verschiedenen
Material wechselt. Auch die Tätigkeit des Gold-
schmieds ist Hulbe nicht fremd. In Gemeinschaft
mit seiner Frau hat er Broschen, Halsketten, silberne
Spangen und Löffel mit ornamentalen Motiven,
Blumen und dergleichen in getriebener Arbeit ge-
schmückt, die den Charakter der Technik ebenso
deutlich zur Schau tragen, als sie dem kostbaren
Material und dem vornehmen Zweck dieser Gegen-
stände entsprechen. Auch hierin beweist sich der
verständige Sinn und der gute Geschmack Hulbes,
der aus allen seinen Arbeiten spricht. Sie haben
nicht das Steifleinene, extrem Monumentale, das die

Werke mancher moderner Architekten charakterisiert
und sie lassen auch das phantastische barocke Element,
das seit neuestem wieder besonders in dem süd-
deutschem Kunstgewerbe Einlaß gefunden hat, glück-
licherweise vermissen. Hulbe ist weitherzig genug,
auch hier und da »altmodische« Züge hereinzubringen:
ein kleines Tischchen mit gedrehten Füßen, ein Lehn-
stuhl mit gemustertem Überzug nach Art der alten
Großvatersessel, das sind Dinge, die er bei Gelegen-
heit sehr wohl zu schätzen weiß. Daß er dabei ein
durchaus modern empfindender Künstler ist, dessen
Blick geradeaus und dessen Weg vorwärts gerichtet
ist, wird dadurch nur noch mehr bestätigt. □

EIN LINOLEUM-WETTBEWERB

DIE Linoleumfabrik Maximiliansau erließ im
vorigen Jahre unter den Schülern der Berliner
Kanstgewerbeschule einen Wettbewerb. Das
Preisgericht setzte sich zusammen aus den Herren:
Prof. Bruno Paul, Prof. Grenander, Prof. Orlik, Prof.
Doepler, E. R. Weiß, Fendler, Mebes und G. Schulz,
in der Hauptsache also aus den Lehrern der Anstalt.
Es bestand die Absicht, den neuen Strömungen der
Innenarchitektur folgend, einmal Linoleummuster zu
schaffen für große Räume, Muster, die geeignet wären
zum Belegen von Hallen, von ausgedehnten Hotel-
und Restaurationsräumen, größeren Bureaus, Speise-,
Frühstückszimmer usw. Für das Gebiet der Lino-
leumfabrikation also eine ungewöhnliche, eine neue
Aufgabe, da bis jetzt überall, wo überhaupt ein künst-
lerischer Gestalter herangezogen wurde, Rapporte von
geringem Ausmaß erstrebt waren. □
□ Das Ergebnis dieses Ausschreibens liegt nun in
einer Reihe von Mustern vor, die beweisen, daß die
Schüler des Berliner Museums die Aufgabe beim
rechten Ende anzupacken verstanden. Man hätte mehr,
hätte Interessanteres und Originelleres erwartet, aber
es ist nicht von der Hand zu weisen, daß in der
Formgebung wie im Kolorit Brauchbares zustande
gekommen ist. Die Gefahr lag nahe, daß die Neu-
tralität, die man für den Fußbodenbelag errungen
hatte, geopfert werden, daß eine noch unentwickelte
Ornamentik spielerische Kapriolen machen würde, die
dem Raum die selbstverständliche Ruhe nehmen könnte.
Diese Gefahr ist, wie die beiden preisgekrönten Ar-

beiten (zwei weitere Entwürfe konnten, da sie in der
farblosen Reproduktion wenig bieten, nicht abgebildet
werden) zeigen, vermieden worden. Anspruchslose
Formen wurden gefunden, die ihre Rhythmik in der
Wiederholung haben, die sich nicht allzu aufdringlich
einer vom Architekten angeschlagenen Stimmung ein-
passen. □
n Eine besonders durch die Farbgebung über-
raschende Leistung ist ein weiterer Entwurf, der
zwar nicht preisgekrönt, aber ob seiner Qualitäten
angekauft und ausgeführt wurde. Er ist strenger in
der Ornamentik, ist tektonischer, mehr aus dem Ge-
fühl für Färb- und Fleckverteilung heraus geformt
und läßt das Naturvorbild weiter zurück als die beiden
anderen Lösungen. Kein Zweifel, daß auch er der
Absicht, große Räume auszulegen, zu dienen vermag,
kein Zweifel auch, daß dieser Weg nicht verlassen
zu werden braucht. n
n Das würden auch die beiden Muster, die der
Münchener Math. Feiler für die Maximiliansauer
Kollektion entworfen hat, bekräftigen. In beiden
spürt man den tektonischen Geist, der eine Fläche
innerlich durch die Struktur lebendig machen möchte.
Besonders das Stück mit der Rosette verrät eine
glückliche und sichere Hand für diese Musterzeichner-
aufgaben, von denen man kein Aufhebens zu machen
braucht, solange sie gut gelöst sind, die sich aber,
von unfähigen Zeichnern unfähig zusammengemurkst,
höchst peinlich bemerkbar machen können. □
PAUL WESTHEIM.
 
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