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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Otto, Karl Heinrich: Die königliche keramische Fachschule zu Höhr
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Der Deutsche Werkbund und die Echtfärberei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0179

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DEUTSCHER WERKBUND UND ECHTFÄRBEREI

1 70
1 /Z

Die Schulen zeigen in dieser Richtung bekanntlich
nur wirklich einwandfreie Stücke, oft Unika, die bei
Wiederholungen zum zweitenmal selten wieder genau
so, und noch seltener ebenso schön ausfallen. Da-
durch wird Mißtrauen gesät. Eine Industrie, deren
ganzer Betrieb, deren ganze Existenz nur auf einem
Vielfachen eines einzelnen Stückes möglich und lebens-
fähig ist, kann durch ein selbst wohlgelungenes, vor-
bildliches Einzelprodukt einer Fachschule nicht ver-
leitet werden, es fabrikationsmäßig herzustellen. Und
das gilt für alle von einer Fachschule geleistete Arbeit,
sei sie rein technischer oder künstlerischer Natur. So
würde z. B. für die Westerwälder Steinzeugindustrie
ernsthaft zu erwägen sein, ob sie nicht in Rücksicht
auf die große Überproduktion in Gefäß- und Luxus-
keramik zum Teil wenigstens zur Pflege der Bau-
keramik übergehen würde, der gewiß eine glänzende
Zukunft geweissagt werden könnte. Aber auch dafür
müßte die Königliche keramische Fachschule zu Höhr
mit greifbaren Vorarbeiten voraufgehen können. Nicht
in einem Brande, sondern in mindestens einem Dutzend
Bränden müßte sie nachzuweisen vermögen, daß
Architekturteile aller Art, auch größerer Abmessung,
auf diese oder jene Weise gemacht werden können,
und daß dabei nachweisbar bei rationeller Fabrikation
nur ein verhältnismäßig geringer Ausfall pro Brand
sich ergeben wird. Für solche und andere Experi-
mente bedarf aber eine Fachschule von einiger Be-
deutung größerer Mittel und größerer Bewegungs-
freiheit. Auch Versuche mit Neukonstruktionen der
mangelhaften Abbrandöfen, Prüfung von Tonen,

DER DEUTSCHE WERKBUND
DIE überaus schlechten Erfahrungen, die wir mit der
Lichtunechtheit der Tapeten in den letzten Jahr-
zehnten gemacht haben, gewöhnten uns daran, die
Auswahl beim Kauf lediglich nach dem Geschmack
des Augenblicks und nach der Billigkeit zu treffen. Wenn
dann nach kurzer Zeit aus einer grünen Stube eine grau-
braune, aus einer hellblauen eine gelbliche wurde, so hat
man sich eben mit der Unmöglichkeit, auf einer so ver-
schossenen Tapete ein Bild umzuhängen oder ein Möbel
umzustellen, abgefunden. Ja man hat in vielen Fällen den
gedeckten Ton der verschossenen Tapete behaglicher emp-
funden, nachdem die grellen Farben und Muster zurück-
getreten waren. Wenn es gar nicht mehr ging, hat man
eben frisch tapeziert, und dann wiederholte sich der Vorgang,
n Unsre moderne Innenkunst stellt aber an die Raumaus-
stattung höhere Ansprüche; der Architekt, der heute die
Häuser nicht nur baut, sondern auch einrichtet, muß in
der Lage sein, auch die Tapete, die Wandbekleidung zu
wählen. Wenn nun aber eine solche Tapete nach dem
ersten Jahr zerstört ist, und der Hausbesitzer oder Be-
wohner irgend einen billigen Ersatz wählt, so entstehen
Verhältnisse, die zur Folge haben, daß viele der Bemalung
der Wände den Vorzug geben, oder daß man die ver-
schossenen Tapeten mit einer Leimfarbe überstreicht. Man
wird aber zugeben müssen, daß eine gestrichene Wand

□ *) Flugschrift II, herausgegeben von der Geschäftsstelle
des DWB Hellerau, im März 1912. — Man vergl. auf
S. 159 der vorigen Nummer den Artikel »LichtechteTapeten«.

Massen und Glasuren zählen zu den Aufgaben einer
solchen Schule, die nach allen ihren bisherigen Lei-
stungen dazu da ist, etwas mehr zu sein, als eine
bessere Fortbildungsschule. □
□ Seien wir doch ganz ehrlich; was hier als muster-
gültige Schularbeit geboten wird, ist eben im besten
Sinne Schularbeit, es ist das Ergebnis des einmütigen
Zusammenwirkens aller Kräfte der Höhrer Fachschule,
einschließlich Form- und Brennmeister, dem unser
höchstes Lob gebührt, Anerkennung in reichstem
Maße. Es ist kein Vergleich möglich gegenüber den
Erzeugnissen anderer Fachschulen, die etwa Buch-
einbände oder Metallgeräte in Handarbeit umfassen.
Der keramische Betrieb beruht auf komplizierter
Arbeitsteilung, auf Glück und Zufall. Die beiden
letzten Faktoren nach Möglichkeit auszuschalten, das
muß auch Aufgabe einer Schule sein. Die Leckerbissen
solcher Schularbeit müssen zur Tageskost der zuge-
hörigen Industrie werden. Und die Schule selbst
muß zu einer Instanz, zu einer mustergültigen Be-
triebseinrichtung, zu einer Formenaussaat und Rezept-
abgabe für ganze Provinzen werden. Wenn in an-
deren Fällen Schule und Werkstatt zu einer Einheit
werden sollen, dann muß für keramische Fachschulen
das auch auf Schule und Fabrikation Anwendung
finden. Für Höhr würde ein hier in Würdigung
seiner vorzüglichen Fachschule zu bewirkender Aus-
bau dieser ein neuer Aufstieg der edlen Steinzeug-
industrie bedeuten. Künstlerentwürfe allein tun’s heute
nicht mehr. KARL HEINRICH OTTO.

UND DIE ECHTFÄRBEREU)
in Räumen, die nicht reich mit Möbeln und Bildern aus-
gestattet sind, kahl wirkt; andrerseits ist eine künstlerische
Ausmalung der Wände sehr viel teurer, als das Tapezieren.
□ Diese Flugschrift soll einen mit viel zielbewußter Arbeit
von der deutschen Farbenfabrikation und Tapetenindustrie
erreichten Fortschritt zu allgemeiner Kenntnis bringen:
Es gibt lichtechte Tapeten! Wir versenden hiermit eine
kleine Mustersammlung, deren Material wir den Firmen
Papier- und Tapetenfabrik Bammental A. G. in Bammental,
Erismann & Co. in Breisach, August Schütz in Wurzen,
Salubra A. G. in Grenzach verdanken. Es gibt außer den
genannten Firmen noch mehrere, die Ebenbürtiges leisten.
Unsre Mustersammlung beweist, daß lichtechte Tapeten in
jeder guten Geschmacksrichtung heute zu normalen Preisen,
etwa M. 1.50 die Rolle, zu haben sind. Natürlich sind
die Tekko- und Salubratapeten teurer, weil sie aus kost-
spieligerem Material hergestellt werden. Dafür sind sie
aber auch abwaschbar und auf die Dauer desinfizierbar.
Unser Fachvertrauensmann, Dr. P. Krais in Tübingen, hat
die Tapeten dieser Sammlung, sowie große Sortimente, die
ihm von den genannten Firmen zugingen, scharf auf ihre
Lichtechtheit geprüft. Er stellt ihnen das Zeugnis aus, daß
die Garantien über ihre Echtheit, wie sie die Firmen leisten,
berechtigt sind. □
o Der Deutsche Werkbund empfiehlt diese Erzeugnisse
ihrer ausgezeichneten Echtheit wegen. (Die Auswahl hätte
in künstlerischer Hinsicht geschickter sein können! Red.)
Man frage also bei den Händlern immer wieder in erster
Linie nach den lichtechten Sortimenten. »
 
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