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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Ehmcke, Fritz H.: Zum Streit um die Fraktur
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Hellwag, Fritz: Elektrische Beleuchtung als Innenkunst: eine technische Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0143

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BERLINER SCHMIEDEARBEITEN

1 QA
1 jU

gleich, ob Latein oder Deutsch, einer modernen, charakter-
vollen Handschrift Platz gemacht haben wird, wenn sich
unsere führenden Zeitungen dazu entschließen, sich ihren
Lesern in einer wertvollen Type darzubieten — auch wenn
diese weder Antiqua noch Fraktur, sondern eine noch zu
erfindende, der schnellen Berichterstattung dienende Kurz-
schrift sein sollte —, wenn unsere Schul- und Kinderbücher,
die gesamte schöne Literatur und die behördlichen Erlasse
in einer würdigen Schrift erscheinen, dann wollen wir der
Kommission des Reichstags dankbar sein, daß sie durch
ihren eigentümlichen Beschluß die Frage unserer Schrift-
reform ins Rollen brachte und damit den Sauerteig hergab
für das Werden einer neuen besseren nationalen Schrift.
□ Wir wollen uns aber klar darüber sein, daß es für eine
Schrift nicht genügt, und daß sie schon deshalb gut sei,
weil sie bloß deutsch ist. Wenn wir weiter nichts mehr
hätten als die landläufige Zeitungsschrift, die Millionen im
Ausland lebender Deutschen in sentimentale Erinnerung
an die Heimat versetzt, dann sollten wir sie ruhig ihrem
Schicksal überlassen, wie so manchen Plunder einer ab-
gewirtschafteten kunstlosen Epoche und brauchten ihre
Sache nicht zum Gegenstand patriotischer Begeisterung
zu machen. o
□ Es ist auch durchaus nicht nötig, ins aschgraue Ger-
manentum zu Bärenfell und Methorn hinabzusteigen, um
die Bekräftigung für deutsches Wesen zu suchen. Dies ist
heute ebenso vorhanden wie in allen Jahrhunderten vorher
und zeigt sich mehr im Kern wie an der Schale. □

□ Deutschtum ist, und darin liegt seine Größe, etwas ewig
Werdendes, sich Wandelndes und Verjüngendes und nicht
eine fossile Überlieferung. Eine falsch patriotische Auf-
fassung kann der Sache der Fraktur nur schaden und ihr
das Mißtrauen der eigentlich kulturfördernden Kreise ein-
tragen. Nicht werdandibündlerisch darf der Protest der
Künstler sich gestalten, sondern er muß sich auf die Dinge
beziehen, die es tatsächlich künstlerisch zu verlieren gibt:
n Die Formen der deutschen Schrift, die aus der Ver-
gangenheit zu uns herüber leuchten und deren Verständnis
als Maßstab für neues Schaffen uns und unseren Nach-
kommen gewahrt bleiben muß — und die Möglichkeiten,
die darin für eine Weiterentwicklung unserer Schrift ent-
halten sind und sich schon in einigen wenigen Beispielen
zu deutlichen Begriffen verwirklicht haben. Nicht durch
einen amtlichen Federzug kann das Erlöschen der deutschen
Schrift dekretiert werden, sie stirbt erst, wenn in unserm
Volk zu ihrem Dienst keine schöpferischen Kräfte mehr
vorhanden sind. n
□ ln diesem Sinne kann der Protest der Künstler nicht
scharf genug sein und muß einen gesetzlichen Beschluß,
der die Abschaffung der deutschen Schrift verfügt, kenn-
zeichnen als eine Vergeudung vorhandener nationaler Form-
schätze und eine Verschüttung der natürlichen Quellen, aus
denen uns eine Verjüngung unserer ureigensten Schrift
kommen kann, dieses feinsten und geistigsten Kulturspiegels
eines großen Volksstammes. □
□ Pfingsten 1910. h. ehmcke.

ELEKTRISCHE BELEUCHTUNG ALS INNENKUNST
EINE TECHNISCHE STUDIE
Von Fritz Hellwag
DIE Technik kann heutzutage alles! Dieses Paradoxon
will ich meiner Betrachtung über elektrische Innen-
beleuchtung voransetzen. Es vermittelt dem Leser
die behagliche Beruhigung, daß seine Wünsche
in jeder Hinsicht erfüllt werden können, und zugleich
mahnt es ihn, sich der modernsten Technik, eben der elek-
trischen so zu bedienen, ihr nur solche künstlerische Auf-
gaben zu stellen, daß sie den Geist ihres epochemachenden
Fortschrittes sprechen lassen kann. □
□ In der Elektrizität ist uns, besonders seit der Erfindung
der Metallfadenbeleuchtung, eine Lichtquelle gegeben, die
in ihrer Stärke, Färbung und hygienischer Beschaffenheit
dem Tageslicht nicht mehr viel nachsteht und deshalb in
den Innenräumen ähnlich, wie jenes verwendet werden
kann. Architektur und Kunstgewerbe haben dieses schöne,
künstlerische Hilfsmittel dankbar aufgegriffen und machen
von ihm in ausgedehntester Weise Gebrauch, der in fol-
gendem näher geschildert werden soll. □
□ Uber die technischen Eigenschaften der Metallfaden-
lampen sei mit kurzen Worten gesagt, daß für sie dieselben
Birnen und Kugeln oder andere Glashüllen, wie für die
bisher üblichen Kohlenfadenlampen, doch in etwas größe-
rer Form, angewendet werden. Sie haben im Vergleich
zu jenen Kohlenfadenlampen folgende Vorzüge: sie sind
in bedeutend erhöhter Lichtstärke (von 16 — 1000 Kerzen)
lieferbar, verbrauchen 65—70°/0 weniger Strom, kosten
also statt 3—3,5 Pfg. nur 1—11/4 Pfg. stündlich; sie nutzen
sich nur sehr langsam ab und haben eine durchschnittliche
Lebensdauer von 1000 Stunden (gegen 500—800 Stunden
der Kohlenfadenlampen.) Ihr Licht ist nicht mehr rötlich,
sondern infolge seiner größeren Stärke weißer, dem Tages-
licht ähnlicher gefärbt. Allerdings ist der Anschaffungs-
 
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