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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

DOI Artikel:
Hellwag, Fritz: Josef Wilm D. J. in Berlin
DOI Artikel:
Hellwag, Fritz: Etwas vom Bronzeguss
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0195

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GOLDSCHMIEDEARBEITEN VON JOSEF WILM, BERLIN



Josef Wilm d.J., Silbernes Ziergefäß (aufgezogen u. montiert)

Josef Wilm d. J.: Weinkanne, nach Trümmerresten zeichnerisch
vervollständigt und danach in Silber aus einem Stück aufgezogen
und ziseliert für das Ägyptische Museum in Berlin

Es ist nicht anzunehmen, daß Wilm besonders bewußt
die Gedanken, die man gemeinhin als werkbündlerische
zu bezeichnen pflegt, auszuführen sucht, sondern sie
wachsen aus ihm, dem gesunden Kinde seiner Zeit,
ganz natürlich heraus. °
o Eine strenge Einfachheit in der Zeichnung voraus-
gesetzt, quillt ihm die körperliche Frische und Lebendig-
keit des Gegenstandes aus seiner Hände Arbeit, die,
so kunstvoll sie oft sein mag, nie den Reiz natür-
licher Ursprünglichkeit verliert. Eine besondere Vor-
liebe für schönes und leuchtendes Gestein ist Wilm
eigen, und auch das ist in unserer nüchternen Zeit
ein Vorzug. Die liebenswerten Frauen, die seine
Schmuckstücke tragen, werden ihm dafür Dank wissen.

ETWAS VOM BRONZEGUSS
Von Fritz Hellwag
SEITDEM gewisse Bronzegüsse zum Handelsartikel
geworden sind, hat sich allgemein die Vorstellung ge-
bildet, daß man die Reproduktion nach den einmal
fertig gestellten Formen beliebig oft wiederholen
könne, und daß damit die Einzelkosten sich je nach der
Zahl der Wiederholungen erheblich verringern müßten.
Aus diesem Glauben entwickelte sich eine Minderschätzung
des Bronzegusses überhaupt, den man man in der ästhetischen
Bewertung nicht mehr als Einzelkunstwerk gelten lassen
wollte, sondern den fabrikmäßig hergestellten Reproduk-
tionen zurechnete. n
n Alle diese Vorstellungen ruhen aber auf falscher Basis,
denn die Bronzegußtechnik steht, wie früher, einer kunst-
gewerblichen Tätigkeit insofern sehr nahe, als für jeden
Guß alle Vorbereitungen und Formen immer wieder ganz
von neuem geschaffen werden müssen, wobei man sich,
wohlzubemerken, keinerlei maschineller Hilfsmittel bedienen
kann, sondern auf verständnisvollste Handarbeit angewiesen
ist. Wenn trotz dieser ganz individuellen Arbeitsweise
die Betriebsform in den Bronzegießereien einen fabrik-
mäßigen Charakter angenommen hat, so liegt der Grund
vor allem in der ganz veränderten wirtschaftlichen Lage.
Es wird nämlich für Bronzegüsse kaum mehr die Hälfte
dessen bezahlt, was man früher für sie aufwendete, so daß
man längst nicht mehr, wie in früheren Jahrhunderten für
jeden größeren Denkmalguß eine besondere Anlage schaffen
kann, sondern bei rationellster kaufmännischer Berechnung
den größeren Betrieb so einrichten muß, daß er den An-
forderungen der Besteller in mehrfacher Form genügen
und sich durch zahlreiche, gleichzeitige Aufträge rentieren
kann. □
n Zu alten Zeiten, in Frankreich z. B. bis in die Mitte
des achtzehnten Jahrhunderts, war der Guß eines Denkmals
die persönlichste Sorge eines Künstlers und seines Auf-
traggebers. Sie beriefen, zuweilen sogar aus fremden
Ländern, als Hilfskräfte die allerbesten Kunstgießer und
Ziseleure. Man baute Gießhäuser für den einzelnen Fall
und verwendete jahrelange Sorgfalt und Mühe auf die
vielseitigen Vorbereitungen. Zwei große, mit vielen Kupfer-
stichen geschmückte Prachtwerke von Boffrand (1743) und
Mariette (1768) berichten uns beispielsweise, als welche
große Unternehmungen die in ihrer höchsten Blüte stehenden
Pariser Gießkünstler den Bronzeguß der Reiterdenkmäler
der Könige Louis XIV. und XV. betrachteten und, infolge
der ihnen zuteil werdenden reichen moralischen und peku-
niären Unterstützung, auch betrachten durften. Der Bronze-
 
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