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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Hellwag, Fritz: Silhouetten-Ausstellung bei Friedmann & Weber in Berlin
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Klopfer, Paul: Baugewerkschule und Heimatschutz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0183

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SILHOUETTEN-AUSSTELLUNG BEI FRIEDMANN & WEBER, BERLIN

1 7^
I/O


BAUGEWERKSCHULE
UND HEIMATSCHUTZ
Aus einem Vortrage
von Dr. Ing. P. KLOPFER,
Direktor der Oroßherzogl. Baugewerkschule in Weimar.
WIE vermag die Schule im Schüler das Gefühl für
die Heimat so zu heben, daß bleibender, positiver
Nutzen daraus entsteht? □
o Zunächst wohl, indem sie ihn mit den noch
vorhandenen guten Bauten in der Heimat bekannt und ver-
traut macht, vielleicht mit besonderem Nutzen dann, wenn
es ihr gelingt, im Sinne Schultze-Naumburgs auch gleich
die entsprechenden Gegenbeispiele dazu zu bieten. □
□ Hier mag nun eine Zwischenerwägung einsetzen — die
nämlich, daß es nötig erscheint, daß jede Baugewerkschule
gerade nur die Formen lehrt, die als »bodenständig« gelten.
Anders kann ich mir aber auch gar nicht die Wieder-
erweckung des Heimatsinnes denken. So wird eine Schule
im Hannoverschen den Backsteinrohbau und den Fachwerk-
bau, eine Schule in Süddeutschland mehr den Putzbau
abhandeln müssen, und zwar sollten die Beispiele, bei
Erfüllung moderner Sonderforderungen, der jeweilig besten,
d. h. bestverstehenden Bauzeit entnommen werden, d. i.
in bezug auf den Wohnungsbau jene Zeit um 1800, die
sich der Pflege des Wohnhausbaues unter Beobachtung
französischer und englischer Vorbilder ganz besonders
liebevoll angenommen hat, sowohl was Grundriß — wie
vor allem was Fassadendurchbildung betrifft. a
□ Die Für- und Gegenbeispiele wären nicht mechanisch
aufzumessen, und nachzuzeichnen, — dazu wird es an Zeit
fehlen — sondern sie wären am besten durch Lichtbilder
mit eingehenden Erklärungen den Schülern bekannt zu
geben. Das Fach, das sich solchergestalt mit der Ge-
schmacksbildung der Schüler abzugeben hätte, ist die
Gestaltungslehre. □
□ Wir sehen: Zunächst ist der Boden zu bereiten, damit
mit Erfolg darauf gesäet werden kann. □
o Es sind aber nicht nur Wohnhäuser, städtische wie
ländliche, zu zeigen, sondern auch Gehöfte, ja, ganze Dorf-
anlagen, Städtebilder — vielleicht kann auch im Sommer
das Freihandzeichnen unterstützend in diesen Teil der
Gestaltungslehre mit eingreifen. □
n So wird der Schüler wieder und immer wieder auf die
Heimat, in der er künftig schaffen soll, hingewiesen. □
□ Nun mag hier vielleicht eingewandt werden, daß mancher
Schüler viel weiter hinaus über die Heimatgrenze gerufen
werden kann und nun mit seiner »Heimatbildung« dasitzen
wird — das ist richtig — aber ist es denn möglich, in
fünf Semestern den Schülern alle die vielen Charakteristika
der gesamten deutschen Heimat mit Erfolg beizubringen?
a Ohne Erfolg ist’s ja geschehen — oder besser mit stark
negativem Erfolg — mit ähnlichem, wie ihn früher die
»Formenlehre« zeitigte, als sie romanische, gotische,
griechische Teilformen (nämlich nie das Ganze, sondern
nur Profile, Gesimse, Fenster, Säulen und ähnliches) den
Schülern einpaukte. — □
□ Nein, in solch extensiver Weise darf und kann die Bau-
gewerkschule von heute nicht mehr arbeiten. Unsere
Schüler sind fast alle Thüringer, und sollen es auch bleiben.
Wenigstens kann die Baugewerkschule auf Sonderwünsche
keine Rücksicht nehmen. Die Pflege der Heimat, so daß
wieder positive Erfolge zu verzeichnen sind, nimmt die
wenigen Stunden, die dem Freihandzeichnen, der Gestal-
tungslehre und dem Entwerfen zugemessen sind, vollauf
in Anspruch. o
 
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