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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Schmidt, Paul Ferdinand: Haus zum Wolf in Hopfengarten, erbaut von Tessenow
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Picard, Jacob: Hermann Seidler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0103

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HAUS ZUM WOLF VON TLSSENOW


wofern die Sachen nur gut sind. Hier zeigt es sich, daß
Stücke des 18., 19. und 20 Jahrhunderts, modernste Bilder
und alte Stiche eine Harmonie bilden und daß die buntesten
Stoffe nicht unruhig wirken. □
□ Vom unteren Flur aus führt die Treppe mit einer Wen-
dung an der Innenwand gerade hinauf, um erst oben den
größeren Vorplatz überschauen zu lassen. In ihn öffnen
sich alle Türen, er ist noch augenfälliger als der Eingangs-
flur Mittelpunkt des Hauses. □
□ Oben befindet sich außer den Schlafzimmern und der
geräumigen Mädchenkammer noch das Arbeitszimmer des
Hausherrn. Die Büchergestelle sind in die Breitwand ein-
gebaut und durch schwarze Glastüren abgeschlossen, die
vom Boden bis zur Decke reichen. □
□ Den Eindruck der Schlafzimmer bestimmt starkblauer,
gelber, oder roter Wandton und die beferen Farben der be-
druckten Leinenvorhänge. Die Größe der Fenster ist un-
gefähr die gleiche wie im Erdgeschoß, aber sie sind hier
breit gelegt, darum dreiteilig und höher sitzend, was für
den Lichteinfall die günstigsten Bedingungen schafft. Die
Differenzierung der Wohn- und Schlafräume, die namentlich
in Mietshäusern meist so stark vernachlässigt wird, zeigt
sich in dieser Beschränkung der Zahl, aber intersiveren Aus-
nützung der Lichtquellen, wie Schlafstuben sie brauchen. □
n Es bleibt noch hinzuzufügen, daß das Badezimmer un-
mittelbar von zwei Schlafräumen aus zugänglich ist, daß
über der Veranda sich ein gitterumschlossener Balkon
erhebt, und daß das Haus mit der hygienischesten aller
Zentralheizungen, der modernen Form der Luftheizung,
versehen ist, die keinen Platz fortnimmt und im Sommer
der Ventilationskühlung dient. □
P. F. Schmidt.

HERMANN SEIDLER
Von Jakob Picard

EIN Keramiker. Allein keiner von der Art, wie sie
jetzt zu Dutzenden, männlich und weiblich, auf den
Kunstgewerbeateliers künstlich gezüchtet wird, auch
gehört er nicht zu den ihr Gewerbe fabrikmäßig
betreibenden Fachgenossen. Und er ist nicht sehr bekannt,
obwohl schon seit Jahren in guten Zeitschriften dann und
wann verständig über ihn und seine Kunst geschrieben
wurde, trotzdem überall, wo er auf Ausstellungen erschienen
war, erste Auszeichnungen seinem Schaffen Ermutigung
gaben. Die Art seiner Vasen und Fliesen drängt sich, wie
alles Vornehme, nicht auf in ihrer feinen Zurückhaltung
und Ehrlichkeit; sie kommt zu wenig durch blinkende, un-
sachliche Mätzchen dem selbstgefälligen Ungeschmack der
Menge entgegen, als daß sie je einmal modisch werden
könnte. Doch sagen sich Kenner und wahrhaft Schönheits-
gierige verständnisvoll seinen Namen. Und auch die guten
Bürger seiner Heimatstadt suchen, da sie ihn persönlich
kennen, in grotesker Verständnislosigkeit zuweilen ein Stück
billig von ihm zu erhandeln, um sich an Weihnachten, zu
Geburtstagen und anderen Festen damit zu beschenken —
wenn ihnen nichts Besseres eben einfällt, versteht sich... In
Konstanz ist es, wo er wohnt. — Daß Seidler, von Haus
aus Maler, das Wesen keramischer Erzeugnisse erfühlend
und davon konsequent ausgehend, seine dort erlernten
technischen Fertigkeiten hier nur insoweit verwertet, als
sie sich erstrecken auf die Kenntnis von der Mischung der
Farben und ihrer Wirkung auf der Fläche, und daß er seine
zeichnerische Schulung, wenigstens soweit er sie auf Vasen
anzuwenden hätte, ganz vergessen zu haben oder vielmehr

nur bei der Außengestaltung, der Formung zu nutzen
scheint — eine Tatsache übrigens, die dem Vorherrschen
rein dekorativer Koloristik in der heutigen Malerei ent-
spricht — unterscheidet ihn insbesondere von anderen
seines Faches, die gleichfalls der Malerei oder der Plastik
ihre künstlerische Grunderziehung danken: von den zarten,
manchmal mit allzu naturalistischem Bildschmuck arbeiten-
den Kopenhagenern oder den Schöpfern deutscher Relief-
keramik bis zu den Erzeugern der sogenannten Schwarzwald-
töpfereien mit diesen langweiligen, ewig sich wiederholenden
Rundornamenten. Seidler ist gewissermaßen ihnen gegen-
über der absolute Keramiker, wenn man — zugegeben,
vielleicht etwas willkürlich und eng — den so nennt, der
— dem Worte nach — nur Töpfe anfertigt: Nichts soll
außer der unbedingten kubischen Form die dekorative
Wirkung hervorbringen, als der für die Struktur und die
Zweckbestimmung der Vasen nötige, durch das Feuer
angeschmolzene Glasfluß; dieser aber soll von raffiniertester
Mischung der Farbwerte sein. Und wenn es natürlich ist,
daß infolge der währenden, ihn ganz erfüllenden Hingabe an
das Arbeiten mit Farbe eine außerordentliche Reizbarkeit
und Verfeinerung des Sinnes entstand, so ist es erstaun-
lich, bis zu welcher Sicherheit in der Vorausbestimmung
der aus hemmungslos wütender Feuerhitze entstehenden
Farben das Wissen dieses Künstlers durch langjährig zäh
beobachtete Versuche gelangte. □
n Ganz handwerklich klein und eben deswegen künst-
lerisch im guten Sinne, läuft der Betrieb seiner Werkstatt.
Es wird bei ihm nicht regelmäßig gebrannt. Ja, er hat,
 
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