DIE »ARTS AND CRAFTS EXHIBITION SOCIETY« IN LONDON
UND IHRE TENDENZEN
Von Dr. Bruno Rauecker
DIE neue kunstgewerbliche Renaissance in England
verdankt ihren dynamischen Auftrieb in erster
Linie derSchule derPräraffaehten, RuskinsSchriften,
und nicht zum mindesten den Anregungen, die
eine vergangene kunstgewerbliche Blüte, säuberlich zu-
sammengetragen im britischen und South-Kensington-
Museum aufgab. □
□ Aber wie alles jahrelange Theoretisieren, alle dogma-
tischen Hinweise und Predigten in England nicht mehr
Wirkung ausüben als das Aufeinanderplatzen der Gegen-
sätze in praxi, an einem Tage —, so waren auch im Kunst-
gewerbe die letzten Stoßkräfte, die zu seiner endgültigen
Wiederbelebung führten, elektrische Funkenreihen, die aus
einem Gegensätze der sogen, »hohen« wie der »ange-
wandten« Künste entsprangen. n
□ Die »hohen« Künste, Malerei und Bildhauerei, waren
in der Royal Academy vereinigt, die ein englischer Schrift-
steller die Trade Union of painters, die Künstler-, besser
Malergewerkschaft nennt. Die »angewandten« Künste
hatten vor 1888 in der von Mr. Lewis F. Day gegründeten,
streng geschlossenen Gesellschaft The Fifteen (Die Fünf-
zehn), der Art Workers Guild (Kunstarbeiter-Gilde), der
Junior Art Workers Guild und in der Home Arts and
Industrie Association, die kunstgewerbliche Wanderklassen
abhielt und etwa die Funktion unserer Heimstätten-
bewegung versah — Zuflucht gefunden. Aber an all diesen
Bestrebungen der angewandten Kunst, sich Recht und
Ansehen der hohen Künste zu verschaffen, nahm das eng-
lische kunstverständige Publikum keinen Anteil. Es hatte
mit dem Stempel seiner Approbation als offizielle Träger
der Kunst die Royal Academy bedacht. Wer daneben
draußen stand, der mochte eben dort unbeachtet stehen
bleiben. Diese Haltung des englischen Kunstgönners nun
zwang die Künstler, die dem Gewerbe oblagen, sich mit