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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Kunstgwerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0024

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ARBEITEN VON OTTO STICHLING f, BERLIN

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diesmal, wenn auch nicht in dem Umfang
und in der Qualität wie auf den vorhergehen-
den Badener Ausstellungen, durch R. Mayer
und besonders H. Ehehalt würdig vertreten.
Auf die Vertreter des Kunstgewerbes inner-
halb der einzelnen Ausstellungen hinzuweisen,
halte ich bei den Aufgaben unserer Zeit für
sehr wichtig; man ist in vielen Kreisen nur
allzuleicht geneigt, die meist in bescheidener
Anzahl und Aufmachung ausgestellten Ar-
beiten dieser Gattung beim Anblick der Ma-
lereien entweder ganz zu übersehen oder sie
als dienende Schmuckstücke und Ausstaffie-
rungen der Säle erst in zweiter Linie zu be-
trachten. Und doch sind sie Kulturfaktoren!
Oscar Geling.
a Berlin. Eine Ausstellung für Holzbildkunst
wird im kommenden Frühjahr in Berlin er-
öffnet werden. Zweck der Ausstellung ist,
die lang vernachlässigte Holzbildhauerei zu
fördern. Ein paar Künstler und Kunstfreunde
haben sich zu diesem Zwecke zusammen-
gefunden. Der ausführende Bildhauer soll zu
einem Kunstmaterial zurückgeführt werden,
das frühere Geschlechter mit Recht deswegen
zu schätzen wußten, weil es noch mehr Mög-
lichkeiten in sich trägt als der Marmor. —
Die Veranstaltung liegt in den Händen eines
Komitees zur Förderung der Holzbildkunst, dem


bis jetzt die Herren Graf Eberhard Moltke, Prof. Gerhard
Janensch, Prof. Walter Schott, Karl Jerman, Gotthard Sonnen-
feld und Adolf Westphal angehören. □
□ Dresden. Die Abteilung fiir monumental-dekorative
Malerei, die der Großen Kunstausstellung im Städtischen
Ausstellungspalast angegliedert ist, beruht wie alle Ge-
mäldeausstellungen überhaupt und auch wieder im Be-
sondern auf einem Kompromiß mit der unerwünschten
Notwendigkeit, Fülle zu zeigen, wo eigentlich die Spär-
lichkeit geboten wäre. Wie die Tafelmalerei eine seitliche
Entwicklungslinie der ursprünglich immer monumental-
dekorativen Malerei darstellt, so prägt sich das auch in
Gemäldeausstellungen und Gemäldegalerien aus: die Tafel-
malerei wurde zu einer Interieurkunst, die aber eben auf
das Interieur wartet und bis dahin am unerfüllten Zweck
leidet; sie wartete aber schon längst nicht mehr auf den
monumentalen Raum, den sie im Ausdruck steigern sollte.
Tafelmalerei und Raum waren in ein entferntes Ver-
wandtschaftsverhältnis gekommen, bei dem es nicht zu
verwundern ist, daß beide fremd aneinander vorübergehn
und voneinander nichts wissen mögen. n
a Eine Ausstellung monumental-dekorativer Malerei löst
diese Erinnerung aus und läßt uns daran denken, wie
Überproduktion in der Kunst und die Stempelung des
Kunstwerks zur Ware Verhältnisse schaffen konnte, die wir
heute als selbstverständlich hinnehmen. Sie läßt uns aber
auch empfinden, wie gerade ausstellungstechnisch es schwer
ist, vielleicht sogar unmöglich, monumentale Malereien als
Ausstellungsstücke zu zeigen. Im Original oder in der
Originaltreuen Skizze müssen sie immer fragmentarisch
wirken, denn es fehlt ihnen eben das, was für ihre Wirkung
von außen her vorgesehen war, der architektonische Rahmen,
der sich nicht durch das Improvisorium der Ausstellungs-
architektur in allen Fällen ersetzen läßt, es fehlt die ganz
bestimmte Stimmung des Lichtes, die Suggestion des be-
stimmten Raumzweckes überhaupt und es ist dem vagen
Lichtdämmer der Ausstellungssäle gar nicht möglich, über
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das Fehlende hinwegzutäuschen. Monumentale dekorative
Malereien wirken deshalb ganz besonders als aus ihrem ur-
sächlichen Zusammenhang gerissen und als zur Schau ge-
stellt. Auch wenn sich farbig eins in das andere gibt,
wenn Bilder ungleichen Ursprungs nur unter vorsichtiger
Abwägung ihres gegenseitigen Verhaltens in einen Raum
gebracht werden, so wird doch immer noch nicht das er-
reicht, was an einem Monumentalwerk sonst wie aus einem
Guß erscheinen soll. Daß auch maltechnisch sich die
ausstellungsmäßigeVorführung von monumentalen Malereien
nicht erreichen läßt, ist im Hinblick auf die ungefügen
Maltechniken der Monumentalmalerei leicht zu verstehen
und so sind denn sehr viele der Bilder nur Skizzen, von
Ausstellung zu Ausstellung gewanderte Entwürfe, die für
die Wirklichkeit vollkommen neu geschaffen werden müßten,
n Zwei Namen beherrschen unzweifelhaft die Stunde:
Hodler und Egger-Lienz. Hodler, jenseits des sanften
Stromes der lieblichen Auffassungen, aber doch nicht ver-
trieben in die Klippen der Futuristen und ähnliche Isten
und Egger-Lienz mit seinen mehr dekorativen Qualitäten
der eindringlich rotbraunen Farben, in denen er fast
manieristisch sich durchzusetzen versucht. Hodlers große
Alpenbilder, der Aufstieg und der Absturz, sind groß ge-
sehene Apotheosen menschlichen Schicksals von heute,
der Absturz durch kaltstaubige Schneewirbel in ungewisse
Tiefen hinab steht in einem interessanten Gegensatz etwa
zu Rubens’ Sturz der Verdammten: hier ein wallendes,
strudelndes Chaos einander niederreißender, durcheinander
schlagender Menschenleiber, bei Hodler die Katastrophe
des verhallenden Angstschreis, des rasenden Falles und
des dumpfen Aufschlagens in der Einsamkeit der Berg-
majestäten. Diese beiden Wandbilder sind schon im Vor-
wurf nicht anders als monumental aufzufassen; ihre Farben
sind in Wirklichkeit nicht anders als im kalten, kreidigen
Fresko zu erreichen, ihr Ausmaß verlangt hohe, hehre,
ernstgestimmte Räume. Im übrigen umfassen Hodlers
Werke, die hier ausgestellt sind, eine weite Entwicklungs-
reihe: von dem feinen Dialogue intime bis zu dem rusti-

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